Kommentar von Bernhard Weber,
Chefredakteur.
Nach jahrelangen Verhandlungen wurde für den Freihandel der EU mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay eine Einigung erzielt. Bei Europas Landwirten löst diese nahezu geschlossen harsche Kritik aus. Egal ob in Frankreich, Deutschland, Österreich oder Finnland, überall sind sich Bauernvertreter einig: Das Abkommen ist wegen ungleicher Standards bei Klimaschutz, Einsatz von Agrochemie oder Antibiotika und ohne besserer Absicherung ihrer Märkte für Rindfleisch, Geflügel und Zucker völlig unausgewogen, daher inakzeptabel und abzulehnen. Ein Abschluss gefährde zehntausende bäuerliche Betriebe, die anders als in Südamerika unter weit höheren Qualitätsauflagen produzieren.
EU-Agrarkommissar Hogan hat zwar zum Ausgleich allfälliger Wettbewerbsverzerrungen bis zu einer Milliarde Euro in Aussicht gestellt. Längst sind solche Subventionen aber für viele EU-Bauern kein Anreiz mehr. Selbst die Bosse der Agrana sehen das EU-Mercosur-Abkommen kritisch. Euphorisch gefeiert wird der Abbau von Zöllen und Handelsbarrieren nur von internationalen Industriemultis, Autokonzernen sowie Großgrundbesitzern und Viehbaronen in Südamerika. Auch Sebastian Kurz schloss sich dieser Tage der Kritik der Bauernvertreter an. Der ÖVP-Chef forderte „Nachbesserungen am Verhandlungstext“ betreffend Umwelt- oder Tierschutz und Lebensmittelqualität. Seine klare Ansage: Ohne finanzielle Absicherung der Bauern kein Abschluss. Vermutlich mit ein Grund: Ihre innenpolitische Bedeutung haben Österreichs Bauern nicht zuletzt bei den EU-Wahlen im Mai eindrucksvoll aufgezeigt.