Am Montag vergangener Woche stimmte Umweltministerin Leonore Gewessler im EU-Ministerrat der EU-Renaturierungsverordnung zu – entgegen der Zustimmung von sieben österreichischen Bundesländern, darunter auch Tirol. LH Anton Mattle meinte damals: „Tirol ist bereits Vorreiter beim Bodensparen und braucht kein Bürokratiemonster aus Brüssel, das unsere Lebensmittelversorgung, leistbaren Wohnraum oder den Schutz vor Naturkatastrophen gefährdet.“
Abstimmung dem Wahlkampf geschuldet
Agrarreferent LH-Stv. Josef Geisler zeigt sich verärgert: „Ministerin Gewessler hat gegen den ausdrücklichen Willen der Länder und gegen jeglichen Sachverstand ein auch rechtlich höchst bedenkliches Stimmverhalten an den Tag gelegt.“ Geisler sieht im „Ja“ der Grünen-Politikerin einen verfrühten Start in den Nationalrats-Wahlkampf: „Der Natur ist weder mit dieser Verordnung noch mit dem Abstimmungsverhalten der grünen Ministerin geholfen. Es ist auch nicht ihrem Gewissen, sondern einzig und allein dem Wahlkampf geschuldet. Denn unser Land und das Klima profitieren von dieser Verordnung nicht.“
Anstatt ganze Landstriche wieder in Sumpf zu verwandeln, müssten die regionale Lebensmittelproduktion und Versorgung abgesichert werden, meint Josef Geisler: „Denn Wiesen und Weiden sind gemeinsam mit dem Wald der beste CO2-Speicher. Gemeinsam mit den anderen Bundesländern, Bundeskanzler Nehammer und Bundesminister Totschnig werden wir alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um diesen Anschlag auf unsere Bäuerinnen und Bauern und auf den Wirtschaftsstandort Tirol abzuwehren.“
Ideologie statt Pragmatik
Als Reaktion folgte der Österreichische Bauernbund Bundeskanzler Nehammers Beispiel und zeigte Umweltministerin Gewessler wegen Amtsmissbrauchs an. Tirols Bauernbunddirektor Peter Raggl unterstützt das Vorhaben, Gewessler zur Verantwortung zu ziehen: „Es kann nicht sein, dass solche wichtigen Entscheidungen aus ideologischen Ansichten anstatt von pragmatischen Gesichtspunkten getroffen werden. Die Bäuerinnen und Bauern tragen die Last des Renaturierungsgesetzes und sind in der Praxis hauptverantwortlich für die Umsetzung von Umweltmaßnahmen – mit ihrem ‚Ja‘ zur Renaturierung zeigt die Umweltministerin ihre Geringschätzung gegenüber der bisher geleisteten Arbeit der Landwirtschaft. Auch Bundesminister Norbert Totschnig warnte vor den unverhältnismäßigen negativen Auswirkungen für die Landwirtschaft. Ein solch uneinsichtiges Handeln muss Konsequenzen nach sich ziehen.“
20 Prozent der Flächen müssten laut dem Gesetz allein bis 2030 wiederhergestellt werden, so Raggl: „Die Einschnitte in die praktizierende Landwirtschaft werden neben den Bäuerinnen und Bauern auch die Konsumenten durch Preissteigerungen heimischer Lebensmittel zu spüren bekommen. Gerade in den aktuell schwierigen Zeiten ist das ein Schlag ins Gesicht der Österreicherinnen und Österreicher. In Tirol wurden in der Vergangenheit 2.000 Moore entwässert, um 2.600 Hektar landwirtschaftliche Fläche zu schaffen und damit eine zeitgemäße landwirtschaftliche Nutzung sicherzustellen.“
Für Umweltschutz, gegen Bürokratie
Für LK-Präsident NR Josef Hechenberger ist klar, dass Nachhaltigkeit gelebter Alltag auf den Höfen der Bauernfamilien ist: „Unsere Bauernfamilien haben höchstes Interesse daran, ihre Betriebe so zu führen, dass auch die nächsten Generationen noch gut wirtschaften können. Die Akzeptanz für weitere Maßnahmen oder gar Einschränkungen kann aber nicht über die gesetzliche Brechstange erzielt werden – vor allem, wenn diese Auflagen für Importe weiterhin keine Bedeutung haben!“
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