Ende des Sommers 2016 berichteten wir an dieser Stelle über Silvia Krieglsteiner, die gemeinsam mit ihrem Mann Josef eine neue Herausforderung für die Pensionsjahre suchte und damals den ersten Sommer als Hüttenwirtin und Almpächterin auf der Nassereither Alm (Muthenau Alm) verbrachte. Bis dahin hatte Silvia als Busfahrerin gearbeitet und nun lenkte sie gemeinsam mit Josef, einem Bauernsohn aus dem Sellraintal, auf der Alm alles vorbildlich in die richtigen Bahnen: 130 Stück Galtvieh von 22 Bauern hüten, täglich ein paar Milchkühe melken, Butter und Graukäse erzeugen, das Almgasthaus hübsch gestalten und für die Almgäste kochen.
Der Almausschuss – die Alm gehört der Gemeinde Nassereith – war froh, so tüchtige Pächter gefunden zu haben. Doch dann warf das Leben Silvia fast aus der Bahn: Vor drei Jahren erlitt die 1961 geborene Hattingerin zwei Monate vor der Almsaison einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall. Sie war rechtsseitig gelähmt. Die Ärzte teilten ihr mit, der Almsommer müsse für sie ausfallen und vermutlich werde sie überhaupt nicht mehr auf der Alm arbeiten können, weil die Lähmung wohl nie mehr ganz zurückgehen werde.
Die Gäste halfen mit
Für Silvia war das ein brutaler Tiefschlag. Josef und sie hatten auf der Alm ihr Paradies gefunden, sie mochten die Alm-arbeit, hatten sich gut organisiert und viel dazugelernt und jetzt sollte nach so kurzer Zeit alles wieder vorbei sein? Silvia blieb zuversichtlich und die Diagnose appellierte an ihr Kämpferherz: „Da können die Ärzte reden, was sie wollen, die Alm will ich mir nicht nehmen lassen!“, sagte sie zu ihrem Mann und bereitete – noch immer schwer gehandicapt – alles für die neue Almsaison vor. „Ich wusste, dass die Alm mir guttut. Ich konnte einigermaßen gut gehen, das war die wichtigste Voraussetzung. Zudem hatte ich mir vorgenommen, kein Selbstmitleid aufkommen zu lassen und die Arbeit zu erledigen, soweit es eben möglich war.“
Es ging dann besser als gedacht. Natürlich fiel ihr öfters etwas zu Boden und verschiedene Tätigkeiten gingen ihr auch nicht mehr so flott von der Hand, aber davon ließ sie sich nicht beirren. Wenn viel zu tun war, halfen manchmal die Gäste mit, zum Beispiel beim Service. „Das war ein schönes Gefühl der Solidarität und hat mich noch weiter bestärkt, nicht aufzugeben. Rückblickend kann ich sagen, dass die Arbeit auf der Alm meine beste Physiotherapie war und auch mein Krafttraining für die Seele, weil ich gar nicht viel Zeit hatte, über meine Beeinträchtigungen nachzudenken und ins Grübeln zu verfallen.“
Die Alm war die beste Therapie
Diese Entschlossenheit und Zuversicht wirkte auf den Körper zurück. Aber es war es vor allem die Alm selbst, die den Heilungsprozess vorantrieb, ist Silvia überzeugt. In der Natur und bei den Tieren konnte sie gut regenerieren und immer wieder neuen Mut schöpfen. Und so schritt die Genesung weiter voran und auch mit den alltäglichen Verrichtungen ging es von Tag zu Tag besser. Mittlerweile spürt Silvia überhaupt keine Behinderung mehr. „Ich bin sicher, dass die Alm mich geheilt hat!“, sagt sie.
Der Almausschuss ist froh, dass Silvia nicht aufgegeben hat, und freut sich darüber, dass sie weiterhin alles in Schuss hält. Die Tiere haben auf der Alm für Silvia immer Vorrang, aber auch die Gäste werden ausgezeichnet versorgt. Das Rezept für ihren flaumigen Kaiserschmarrn hat sie sogar schon in der ORF-Sendung „Guten Morgen Österreich“ preisgegeben.
Dieser Sommer war für sie ein ganz besonderer Sommer, denn ihren 60. Geburtstag am 23. Mai konnte Silvia auf der Alm feiern. Für sie gab es kein schöneres Geschenk, als auch diese Almsaison in ihrer geliebten Umgebung mit ihrem Mann Josef und ihrem Hund Akanni verbringen zu dürfen. Und das noch dazu wieder völlig gesund. „Dafür bin ich von Herzen dankbar!“, sagt Silvia. Nur Akanni hat vor kurzem einen Tierarzt gebraucht, aber auch er ist schon wieder auf dem Weg der Besserung. Wenn es nach Silvia und Josef geht, würden sie gern noch Silvias 80er als Pächter auf der Nassereither Alm feiern.
„Gesundheit ist das höchste Gut. Also bleibt gesund!“, wünschen sie allen Leserinnen und Lesern der Tiroler Bauernzeitung. Diesem Wunsch kann man sich zum Ende der Alm-serie 2021 nur anschließen!
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