Nach zwei schwierigen Jahren für heimische Spargelbauern heißt es auch heuer wieder
Zuversicht bewahren. War es im Jahr 2020 die Pandemie, die die Einreise vieler Saisonarbeiter verhinderte und ein Ernteminus von circa 25 Prozent verursachte, ist es jetzt ein Krieg inmitten Europas: „Normalerweise haben wir etwa 30 Erntehelfer auf
unserem Betrieb, die zu 90 Prozent aus der Ukraine stammen. Doch mit männlichem Personal können wir heuer nicht rechnen“, so Bernhard Aichinger, Spargelbauer aus Prambachkirchen. Nur mit den Frauen des ukrainischen Stammpersonals, von denen er auch lediglich eine mündliche Zusage hat, rechnet der Landwirt. Ukrainische Männer hingegen bleiben in ihrer Heimat, da sie für den Kriegsdienst einberufen wurden.
Franz Waldenberger: „Ströme an Flüchtlingen – denen die Landwirte durch Unterbringung auf ihren Höfen zur Seite stehen – sind da, doch die Spargelernte ist körper-
lich anstrengend und nicht für jeden so einfach machbar.“
Farbe macht den Unterschied
Pro Hektar benötigt man etwa fünf bis sechs Arbeitskräfte. In Oberösterreich kommen somit ungefähr 700 bis 750 Personen für die Spargelernte und die Marktaufbereitung zum Einsatz. Noch nicht eingerechnet sind hier die nachgelagerten Arbeiten für Transport und Verkauf. Darüber hinaus sei die Spargelernte körperlich anstrengend und nicht für jeden so einfach machbar. Insbesondere die Ernte des weißen Spargels – der im Gegensatz zum grünen Spargel unter der Erde wächst und daher ausgestochen werden muss –
ist mit viel Kraft verbunden. „Da stellt sich natürlich die Frage, ob man stark genug ist, um die Arbeit zügig erledigen zu können. Bei dem jetzigen kühlen Wachstumswetter ist die gleichmäßige Arbeit noch machbar, doch später, wenn es zwischen 25 und 30 Grad hat, wird die Ernte wahrscheinlich nicht mehr zu 100 Prozent bewältigbar sein“, betont Stefan Hamedinger, Gemüsebaureferent der Landwirtschaftskammer. So rechne man auch dieses Jahr mit keinem Spitzenertragsjahr – es wird mit Ausfällen von von 15 bis 25 Prozent gerechnet.
Stefan Hamedinger: „Bei einigen Obstbauern sieht es ganz schlecht aus. Bei einem Betrieb, den ich kenne, sind von zehn Männern nur zwei da. Gerade auch Erdbeerbauern sind in der Hauptsaison auf eine volle Mannschaft angewiesen.“
Erntehelfer aus Drittstaaten
Die Situation ist natürlich von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich. Nach Ersatzpersonal suche man vor allem in Ländern wie im Kosovo oder in Mazedonien. Ein Gemüsebetrieb
in Eferding beschäftigt derzeit sogar 13 Vietnamesen, was sich jedoch nur auszahle, wenn diese auch für einen längeren Zeitraum in Österreich bleiben. Im Land ob der Enns sei man jedoch mit einer Sondersituation konfrontiert, denn im Gegensatz zu Ländern wie z. B. Burgenland oder Niederösterreich – in denen viele Tagespendler aus Grenzgebieten arbeiten – sei man hierzulande auf Drittstaat-Saisonarbeiter angewiesen. Für Hamedinger ist es absehbar, dass dies vor allem in der Haupterntezeit von Erdbeeren zum Problem werden könnte.
Michaela Langer-Weninger: „Hierzulande finden über 90 Prozent der Spargelstangen den direkten Weg zum Konsumenten. Das ist eine echte Besonderheit. So findet die Wertschöpfung direkt beim Bauern statt.“
Besser direkt an Konsumenten
Im Vergleich zu anderen Spargel-Anbauländern sind hierzulande weiters sehr hohe Arbeitskosten gegeben, weshalb die Spargelproduktion stagniert. So wurde für diese Saison eine Anhebung des Kollektivvertrags-Lohnes für Saisonarbeiter mit einer Beschäftigungsdauer bis zu drei Monaten um 17,7 Prozent zum Vorjahr (von 1300 auf 1530 Euro) wirksam. Mit Ländern wie Ungarn oder Spanien könne man diesbezüglich nicht Schritt halten. „Gerade aber im Lebensmitteleinzelhandel kommt der wenigste Spargel aus Österreich“, so Kammer-Präsident Franz Waldenberger. Weiters werde es durch zu erfüllende Auflagen immer schwieriger, den Handel zu beliefern. Die direkte Ansprache des Endkonsumenten werde daher immer wichtiger: „Die Preisschlacht mit dem Handel ist nicht mehr zu gewinnen“, so Hamedinger. Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger sieht die Chance klar darin, die Ware direkt an den Konsumenten sowie in die Gastronomie zu bringen.
Bernhard Aichinger: „Seit 2014 liegt unser Fokus stark auf der Direktvermarktung. Wir haben den Hofladen neu gebaut und sind auf Verkaufsständen in der Region zu finden. Dieser Schritt war für uns der richtige.“
Landsleute: Im Portrait: Stefan Hamedinger
„Wenn ich schon nicht selbst Bauer sein kann, dann will ich wenigstens für die Bauern arbeiten“, so Stefan Hamedinger, der seit dem Jahr 1989 bei der Landwirtschaftskammer Oberösterreich als Gemüsebaureferent tätig ist. Diese Aufgabe begeisterte den 56-Jährigen – der auf einem Milchviehbetrieb in St. Aegidi aufgewachsen ist – vom ersten Moment an. Zu seiner Arbeit zählt die fachliche Beratung sowie die Weiterbildung von Betrieben, die Öffentlichkeitsarbeit, die Interessenvertretung und die Sicherstellung von Saisonarbeitern. Letzteres sei ein besonders sensibler Bereich: „Saison-arbeiter sind der wichtigste Produktionsfaktor für Gemüsebauern. Dieser muss alljährlich auf den neuesten Stand gebracht werden, ansonsten kann auch nicht angepflanzt werden“, so Hamedinger. Die gute Zusammenarbeit mit dem AMS, der Landespolizeidirektion sowie der Landarbeiterkammer schätzt er dabei sehr.
Der Zukunft des Gemüsebaus blickt der Hobby-Gärtner positiv entgegen: „Die Leute wollen gesunde, regionale Lebensmittel in bester Qualität. Genau das können heimische Betriebe bieten. Dazu müssen aber auch die Rahmenbedingungen passen.“ Um keine weiteren Marktanteile an Länder, in denen Handarbeit billiger ist, zu verlieren, müsse die Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet werden. Großes Potenzial für Oberösterreichs Gemüsebauern sieht er weiters in der geschützten Produktion durch unbeheizte Gewächshäuser, die es hierzulande noch zu wenig gebe.
- Bildquellen -
- Spargel: Foto: adobestock.com - Dušan Zidar
- Stefan Hamedinger: Foto: gemueselust.at
- Spargelfeld: Foto: adobestock.com - Antonella