Keine Waffen, sondern Saatgut für die Ukraine

Hilfe an entscheidender Stelle: Der Krieg in der Kornkammer Europas gefährdet die globale Ernährungssicherheit. Nun folgte Unterstützung aus Oberösterreich durch eine Saatgut-Lieferung.

Politik und Wirtschaft bündeln ihre Kräfte für die Unterstützung der Ukraine: Fraundorfer, Schaller, Hiegelsberger, Stelzer, Hubauer, Stöckl, Auer und Nagl (v.l.)

Der Krieg in der Ukraine bringt unfassbar großes Leid für die zivile Bevölkerung mit sich und gefährdet zudem die Ernährungssicherheit in weiten Teilen der Welt. „Mit einer Saatgut-Lieferung im Ausmaß von gut 100 Tonnen zur Kultivierung von knapp 2700 Hektar Ackerland leistet Oberösterreich einen weiteren und nachhaltigen Beitrag zur Unterstützung der ukrainischen Bevölkerung und zur Verminderung zukünftiger Hungerkrisen“, so Landeshauptmann Thomas Stelzer. Darüber hinaus stehe die Lieferung des Saatguts als ein Symbol für eine hoffentlich baldige friedliche Entwicklung. Neben einer finanziellen Zusage des Landes Oberösterreich in Höhe von 50.000 Euro wurden auch namhafte heimische Unternehmen und Organisationen für die geldliche Unterstützung dieser Aktion gewonnen.

Globale Hungerkrise droht

Die Ukraine verfügt über 42 Millionen Hektar Ackerland – Österreich im Vergleich dazu hat 1,32 Millionen Hektar. So zählt das Land mit seinen fruchtbaren Schwarzerde-Böden zu den größten Agrargüterexporteuren der Welt. Bei Mais, Weizen, Raps- und Sonnenblumenöl befinden sich sowohl die Ukraine als auch Russland unter den stärksten Exportländern und ernähren mit ihrer landwirtschaftlichen Produktion große Teile der Bevölkerung in Nord-, Ost- und Westafrika als auch in Asien. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) geht in einer ersten Schätzung davon aus, dass die Zahl mangelernährter Menschen infolge des Krieges global um sieben bis 13 Millionen steigen könnte. „Unsere gemeinsame Aktion hilft nicht nur der Ukraine, sondern trägt in weiterer Folge vor allem auch dazu bei, in vielen Ländern Lieferengpässe bei Grundnahrungsmitteln zu verhindern“, hob Heinrich Schaller, Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank OÖ, hervor.

Saatgut sichert Produktion

Mitte März kam der ukrainische Botschafter Vasyl Khymynets für ein Gespräch mit Landeshauptmann Stelzer und Landtagspräsident Max Hiegelsberger ins Landhaus. Da Österreich als neutrales Land keine Rüstungsgüter oder Waffen an die Ukraine liefert, wurden im Rahmen des Treffens andere bedeutende Unterstützungen, wie etwa die Lieferung von Saatgut, besprochen. Hiegelsberger nahm daraufhin Kontakt mit dem Ministerium auf, um die Details zum benötigten Saatgut abzustimmen.

Solidarität mit Ukraine

„Da auch landwirtschaftliche Infra­struktur wie Lagerhallen zerstört
wurden, konnten 1,3 Millionen Hektar an fruchtbarem Ackerland noch nicht kultiviert werden. Das ist in etwa die gesamte Ackerfläche Österreichs. Es freut mich sehr, dass wir nun gezielt helfen“, betonte Hiegelsberger. So brachen nun fünf Lkws mit insgesamt hundert Tonnen Saatgut passender Sorten im Wert von 185.000 Euro in Richtung Lemberg auf. „Es sind herausfordernde Zeiten, die uns emotional, wirtschaftlich und ethisch fordern. Für uns gilt es jetzt, diese Hilfsaktion bestmöglich zu unterstützen, um das dringend benötigte Saatgut einigermaßen schnell und sicher zu den Landwirten bringen zu können“, so Josef Fraundorfer, Geschäftsführer der Saatbau Linz. Denn das Zeitfenster für die Aussaat schließt sich bereits in nur wenigen Wochen. Ebenso die die OÖ. Lagerhäuser beteiligten sich an der Aktion, wie Ludwig Hubauer, Obmann der Lagerhaus-Genossenschaft Innviertel-Traunviertel-Urfahr, ausführte: „Ich glaube, wir können uns gar nicht vorstellen, unter welch schwierigen Bedingungen die ukrainischen Landwirte derzeit arbeiten.“ Teil der Hilfsaktion ist auch die OÖ. Versicherung. „Dass 2022 politische Konflikte in Europa mit Waffen ausgetragen werden könnten, hätten wir bis vor kurzem nicht für möglich gehalten. Umso mehr gilt unser Mitgefühl der ukrainischen Bevölkerung und wir unterstützen hier gerne“, zeigt sich auch Generaldirektor Othmar Nagl bestürzt.

Entstandene Freundschaften

Der Ziegenzuchtverband OÖ hat in den letzten fünf Jahren mehr als 60 Prozent seiner Zuchttiere in die Ukraine und nach Russland exportiert. Aus dieser engen wirtschaftlichen Zu­sammenarbeit sind mittlerweile zahlreiche Freundschaften entstanden, so Geschäftsführer Josef Stöckl: „Erst Ende des Jahres 2021 haben wir noch Pläne für den Ausbau der Produktionskapazitäten besprochen und erarbeitet. Der sinnlose und menschenverachtende Krieg in der Ukraine gefährdet diese Aufbauarbeit, vor allem aber zerstört er die Leben von liebgewonnenen Menschen. Daher unterstützen wir unsere Partner vor Ort nun mit benötigtem Grünland-Saatgut.“

- Bildquellen -

  • Saatgut-Lieferung: Foto: Saatbau Linz
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AUTORAnna Sophie Luegmair
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