Die teils dramatischen Folgen des ersten Lockdowns im Frühjahr steckt vielen Bäuerinnen und Bauern noch in den Knochen. Nun droht mit dem zweiten Lockdown seit Anfang November erneut ein Preissturz vor allem bei Rind- und Schweinefleisch. Ein erstes Anzeichen dafür: „Der Schweinepreis ist im Vergleich zum November des Vorjahres um 25 Prozent niedriger. Bei Schlachtkühen sind die Preise in den vergangenen Wochen sogar um rund 30 Prozent gesunken“, weiß Werner Habermann, Geschäftsführer der EZG Gut Streitdorf. Fehlende Absatzmärkte in der Gastronomie und im Export, dazu die Afrikanische Schweinepest (ASP) in Ostdeutschland und ein coronabedingter Ausfall von Arbeitskräften in Schlachtbetrieben beuteln die Märkte zur Zeit kräftig.
Tier-Stau vor Schlachthöfen
Nach der Sperre der Hotellerie und zahlloser Gastro-Betriebe bricht der Außer-Haus-Verzehr gerade wieder ein. Das bekommen die Bauern als deren Zulieferer natürlich zu spüren. So wächst der Stau vor den Schlachthöfen von Tag zu Tag, auf zahllosen Höfen werden Stallplätze nicht mehr frei. Zudem mangelt es in vielen Verarbeitungsbetrieben coronabedingt an Personal. „All das stellt speziell die Schweine- und Rinderhalter vor eine Herausforderung“, berichtet Bauernbund-Präsident Georg Strasser.
Bisher habe sich Österreichs Landwirtschaft vor der Krise, vor allem aber während und auch nach dem ersten Lockdown stets als verlässlicher Partner und auch als essenzieller Rohstofflieferant erwiesen. „Die Gastronomie erhält bereits umfassende Hilfen wie etwa 80 Prozent Abgeltung für Umsatzentfall. Aber auch die Bauern im vorgelagerten Bereich der Gastronomie und Hotellerie haben massive Absatzverluste. Hier müssen wir gemeinsam mit allen Akteuren der Lieferkette Lösungen finden“, fordert Strasser.
Appell an Handel: Kauft jetzt heimisches Fleisch
Zudem appelliert der Bauernbund-Präsident an Verarbeitungsbetriebe, jetzt auf Billigimporte bei Rind- und Schweinefleisch zu verzichten – und an den Lebensmittelhandel, keine Schleuderpreis-Aktionen mit deutschem Rind- und Schweinefleisch zu promoten.
Laut dem Fleischmarkt-Experten Habermann erzeugen derzeit vor allem zu viele Edelteile durch das Fehlen des Außer-Haus-Verzehrs zusätzlichen Marktdruck. Potenzial ortet er auch bei den Großküchen: „Wir rufen die öffentliche Beschaffung auf, mit gutem Beispiel voranzugehen und unsere hohen österreichischen Standards als Basis für den Einkauf vorzuschreiben.“ Gemeinsam appellieren Strasser und Habermann an den Handel, dem Konsumentenwunsch zu entsprechen und auf regionale Qualität zu setzen.
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