Ab 1980 bis 1989 wirkte Alois Derfler als Präsident des Österreichischen Bauernbundes und als solcher – bisher einzigartig – von 1984 bis 1990 auch als Vorsitzender der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern (Präko), heute LK Österreich, sowie in dieser Zeit auch als Parlamentarier im Nationalrat.
Der Absolvent des Francisco Josephinum in Wieselburg und spätere Milchbauer ging nach dem Kriegsdienst und zurück aus russischer Gefangenschaft alsbald in die Politik. Von 1965 bis 1983 war er Bürgermeister seiner Heimatstadt Scheibbs, ab 1970 bis 1990 auch Vizepräsident der LK Niederösterreich. Dann wechselte er auf die Bundesebene in den Österreichischen Bauernbund, 1983 als Abgeordneter in den Nationalrat und ein Jahr später an die Spitze der Präko.
Zur Erinnerung: In den 1970er-Jahren bis 1986 war der Bauernbund mit der Agrarpolitik von insgesamt drei sozialistischen Landwirtschaftsministern konfrontiert: jener von Oskar Weihs (1970 – 1976), Günter Haiden (1976 – 1986) und Erich Schmidt (1986). Vor allem der streitbare rote Gewerkschafter Haiden sorgte immer wieder für politische Auseinandersetzungen mit den bäuerlich-schwarzen Interessenvertretern.
Derfler folgte als Präsident des Bauernbundes damals auf Roland Minkowitsch. Seine noch lebenden Wegbegleiter erinnern sich bis heute: „Derfler wollte stes politischer Anwalt für alle Menschen im ländlichen Raum sein.“ So 1982 mit seinem umfangreichen Programm „Damit das Land Zukunft hat“ und später mit einem Aktionsplan für die Agrar-, Regional- und Umweltpolitik samt Neuausrichtung des Finanzausgleichs zugunsten kleinerer Kommunen. Zu seinen Mitstreitern zählten neben vielen anderen der damalige Bauernbund-Direktor Josef Riegler (später ÖVP-Agrarsprecher im Nationalrat, Landwirtschaftsminister und Vizekanzler) oder dessen Nachfolger Alfred Fahrnberger. Sie alle waren gefordert, die finanzielle Aushungerung der Landwirtschaftskammern durch die SPÖ-Regierungen (teils in Koalition mit den Freiheitlichen) zu verhindern, die Marktordnung für Getreide, Fleisch und Milch mit geregelten Preisen für Bauern und Konsumenten funktionsfähig zu erhalten und vor allem den Bergbauern und der gesamten Viehwirtschaft in Zeiten der Überschüsse (zu deren Finanzierung die Bauern auch selbst beizutragen hatten) Perspektiven zu vermitteln.
Auch der damalige SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina erschwerte den agrarpolitischen Dialog mit dem Bauernbund. 1988 etwa wurden mit dem „Grünbuch“ die damaligen Aufwendungen für das Agrarsystem (zur Überschussverwertung, Produzentenpreisstützung, für Förderungen und Einnahmenentfall durch die Pauschalierung) in Höhe von 30 Milliarden Schilling infrage gestellt und die bäuerlichen Interessenvertretungen sowie Genossenschaften provoziert. „Präsident Derfler hat aber mit großem Fachwissen, politischem Augenmaß und Konsensfähigkeit den Interessen der Land- und Forstwirtschaft gedient und eine Eskalation mit der SPÖ vermieden“, heißt es bis heute.
Österreichs Vorbereitungen auf die Integration der Agrar- und Ernährungswirtschaft in den EU-Binnenmarkt hat er stets als Konsequenz der dramatischen Folgen nach zwei Weltkriegen und überzeugter Europäer tatkräftig unterstützt.
Mit Vollendung des 65. Lebensjahres zog sich Derfler aus der Politik zurück. Im Bauernbund folgte auf ihn Georg Schwarzenberger. Als Pensionist widmete er sich historischen Studien und starb – 81 Jahre alt am 29. Jänner 2005 – als Altbauer am elterlichen Schweighof in Scheibbs, wo ihm ein Ehrengrab zuteil wurde. Sein Nachfolger an der Spitze der Präko, Rudolf Schwarzböck, erklärte zum Ableben Derflers: „Sein politischer Geist, seine hohe Bildung und sein Wissen sowie seine menschliche Größe werden uns fehlen.“
Alois Derfler erhielt auch höchste Auszeichnungen der Republik und seines Heimatbundeslandes Niederösterreich. Eine ganz besondere Ehrung war für ihn aber der Berufstitel „Ökonomierat“, den ihm der Bundespräsident im Jahr 1978 verlieh.
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