Erhöhungen werden abgefedert

Interview mit SVB-Generaldirektor Franz Ledermüller

Franz Ledermüller:
Franz Ledermüller: “Die Steuerreform 2015/16 sieht vor, 15 Mio. Euro an Beiträgen rückzuerstatten.” ©SVB
Per 1. Jänner 2015 wurden neue land- und forstwirtschaftliche Einheitswerte steuerlich wirksam. Für die Sozialversicherung der Bauern (SVB) gelten die neuen Einheitswerte ab dem 1. Jänner 2017. Dennoch gibt es bereits jetzt Debatten über mögliche Beitragserhöhungen. SVB-Generaldirektor Franz Ledermüller nimmt im Interview mit der BauernZeitung Stellung zu diesem Thema und zu weiteren Neuerungen im bäuerlichen Sozialversicherungsrecht.

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Ledermüller: “Das System der Zu- und Abschläge wurde grundlegend reformiert.” ©SVB
Mit der Zustellung der ersten Bescheide im Zuge der Hauptfeststellung der land- und forstwirtschaftlichen Einheitswerte stellt sich für Betriebsführer die Frage, welche Auswirkungen die in vielen Fällen erhöhten Einheitswerte auf die Beiträge zur bäuerlichen Sozialversicherung haben?
Franz Ledermüller: Aufgrund von Schätzungen bzw. Hochrechnungen wird derzeit davon ausgegangen, dass die landwirtschaftliche Einheitswertsumme in ganz Österreich durch die Hauptfeststellung um rund zehn Prozent steigen wird. Die Veränderungen bei den Einheitswerten werden allerdings von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich ausfallen, da sie stark von der individuellen Betriebsstruktur abhängen.

Steigen also auch die SV-Beiträge im Schnitt um rund zehn Prozent?
Ledermüller: Die Erhöhung der Einheitswertsumme bedeutet nicht automatisch ein Ansteigen der SV-Beiträge in gleichem Umfang. Bei der Bemessung der Beitragsgrundlage gelten je nach Betriebsgröße unterschiedliche Einkommensfaktoren. Weiters wird es bei Betrieben in der Mindestbeitragsgrundlage, das ist circa ein Drittel der Betriebe, sowie über der Höchstbeitragsgrundlage zu keinen oder nur zu geringen Auswirkungen kommen. Ersten Schätzungen zufolge wird das Beitragsaufkommen insgesamt um jährlich etwa 31 Millionen Euro steigen. Dieser Betrag wird aber in der Praxis in diesem Umfang nicht wirksam, da mit der Steuerreform 2015/16 eine finanzielle Abfederung in Form von Rückerstattungen von SV-Beiträgen in Höhe von jährlich 15 Millionen Euro vorgesehen wurde.

Wie wird die Entlastung umgesetzt?
Ledermüller: Das Steuerreformgesetz sieht vor, dass Betriebe, deren Einheitswert infolge der Hauptfeststellung um mehr als zehn Prozent steigt, eine teilweise Rückerstattung von SV-Beiträgen erhalten. Dies betrifft im Wesentlichen jene Betriebe, die einen Gesamteinheitswert zwischen 4.400 und 60.000 Euro aufweisen. Unter und über diesen Grenzen sowie bei Betrieben mit Differenzvorschreibung (z. B. Mehrfachversicherung aufgrund von Nebenerwerb) wird es keine Rückerstattung geben. Der für die Rückerstattung in Betracht kommende Personenkreis wird seitens der SVB zum Stichtag 1. Jänner 2017 automatisch ermittelt.

Wann erfolgt die Gutschrift?

Ledermüller: Die Rückerstattungen stehen ab dem Inkrafttreten der Steuerreform am 1. Jänner 2016 jenen Betrieben zu, die durch die Hauptfeststellung eine Steigerung des Einheitswertes um zehn Prozent im Vergleich zum Monat Dezember 2016 haben. Erstmals am Beitragskonto gutgeschrieben werden sie allerdings erst im Rahmen der Vorschreibung für das erste Quartal 2019. Der Vorgang dauert deswegen länger, weil zuvor abzuwarten ist, bis sämtliche Hauptfeststellungsbescheide vorliegen und technisch eingearbeitet sind. Erst dann kann die Berechnung der Rückerstattung erfolgen.

Was bleibt also unter dem Strich an Mehrbelastung über?
Ledermüller: Von den zuvor dargestellten 31 Mio. Euro an Mehrbelastung bleiben unter Berücksichtigung der Entlastung rund 16 Mio. Euro übrig. Im Verhältnis zur Gesamtsumme der Bauernbeiträge zu Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung von jährlich etwa 860 Mio. Euro entspricht das einer Anhebung von nicht einmal 1,9 Prozent. Zu beachten ist, dass es sich hier um einen Durchschnittswert handelt. In Einzelbetrieben kann die Belastung auch größer oder geringer sein. Politisch gesehen ist aber anzumerken, dass mit der Hauptfeststellung das System der land- und forstwirtschaftlichen Einheitswerte gesichert werden konnte. In Bereichen wie etwa der Betriebsübergabe wären hier wesentlich größere Belastungen zur Disposition gestanden, was die bäuerliche Interessenvertretung aber abwenden konnte.

Schmerzhafte Auswirkungen könnten die neu festgestellten Einheitswerte auch dann haben, wenn beispielsweise ein pensionierter Betriebsführer plötzlich nicht mehr die Einheitswertgrenze einhalten kann?
Ledermüller: Hier wurde noch im Dezember mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2015 Abhilfe geschaffen. Notwendig war dies vor allem deswegen, weil die neuen Einheitswerte auch einen Zuschlag aufgrund der Fördergelder der ersten Säule vorsehen. Bewirtschaftet der Bezieher einer Korridorpension, Schwerarbeitspension oder vorzeitigen Alterspension noch Restflächen mit einem Einheitswert unter 2.400 Euro und wird nur durch Wirksamwerden der Hauptfeststellung die Wegfallgrenze überschritten, führt dies zu keiner Änderung beim Pensionsbezug.

Gilt dies auch, wenn zum Zeitpunkt eines Pensionsbeginns noch Flächen bewirtschaftet werden?

Ledermüller: Die Zuschläge zum Einheitswert werden in Höhe von 33 Prozent der im Jahr zuvor ausbezahlten Prämie angerechnet. Weil die SVB die entsprechenden Daten immer erst mit einem Jahr Verzögerung berücksichtigen kann, musste eine Lösung für den Pensionsantritt gefunden werden. Dies ist gelungen. Im Fall des angesprochenen Pensionsbeginns entfällt die Zuschlagsanrechnung bis zu einer neuerlichen Bewertung unter nachstehenden Voraussetzungen: Es werden nur noch Restflächen unterhalb der Versicherungsgrenze bewirtschaftet, es wurde kein Mehrfachantrag mehr gestellt, und der Versicherte hat diese Umstände auch der SVB bekannt gegeben.

Was sind weitere wichtige Änderungen im Bereich der SVB ab 1. Jänner 2016?
Ledermüller: Ich möchte vor allem auf die Anhebung des Pflegegelds um zwei Prozent in allen Stufen hinweisen. Gerade im bäuerlichen Bereich ist dies ein sehr wichtiges Signal. Weiters wird auch die Familienbeihilfe um 1,9 Prozent erhöht. Und für Kleinstpensionisten, die keine Einkommensteuer zahlen, ist ab 2016 eine Vergütung von 50 Prozent (maximal 110 Euro) der Krankenversicherungsbeiträge vorgesehen. Die Vergütung kann bereits im Wege des Steuerausgleichs auch für 2015 beantragt werden; hier kommen max. 55 Euro zur Anweisung.

SVB-Hotline: Beitragsrechner und Infotelefon

Im Internet unter www.svb.at/beitragsrechner hat die SVB einen Beitragsrechner bereitgestellt, mit dem die Beiträge aufgrund der neuen Einheitswerte selbst berechnet werden können, wobei die Ergebnisse unverbindlich sind. Verbindliche Auskünfte seitens der SVB sind erst dann möglich, wenn das Bundesrechenzentrum die Hauptfeststellungsbescheide an die SVB übermittelt. Für allgemeine sozialversicherungsrechtliche Fragen zur Einheitswert-Hauptfeststellung hat die SVB eine Hotline eingerichtet. Diese ist Montag bis Donnerstag von 8 bis 15 Uhr und Freitag von 8 bis 13 Uhr österreichweit unter Tel. 01 797 06 2002 erreichbar.

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