Weg von der Überproduktion, hin zu einer marktorientierten Landwirtschaft, so lautet das erklärte Ziel der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union seit Jahrzehnten. Noch immer saß der Schock von Milchseen und Butterbergen der 1970er-Jahre tief, als in Brüssel 2005 mit einer GAP-Reform die Möglichkeiten für gekoppelte Direktzahlungen eingeschränkt und Richtung Flächenprämie verschoben wurden.
Hemmschuh eines “optimalen Ressourceneinsatzes”
An der TU München haben sich die Agrarökonomen Philipp Menning und Johannes Sauer nun näher mit den Auswirkungen dieser Kehrtwende im Förderwesen auf die europäischen Bauern auseinandergesetzt und kamen zu erstaunlichen Ergebnissen. Die Betriebe konnten, den Wissenschaftlern zufolge, ihre Produktivität sukzessive steigern. „Dies ist insofern relevant, weil eine Steigerung der Produktivität im Agrarbereich auf globaler Ebene unerlässlich ist, um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren“, so Menning. Gekoppelte Förderungen hätten sich hier allerdings als Hemmschuh eines „optimalen Ressourceneinsatzes“ erwiesen und beeinträchtigen außerdem durch Verzerrungen den funktionierenden Wettbewerb. Während bisherige Studien die unterschiedlichen Gegebenheiten auf bäuerlichen Betrieben „nicht ausreichend“ berücksichtigen, analysierten die bayerischen Wissenschaftler reale Zahlen von 9.986 Ackerbaubetrieben aus England und Frankreich und errechneten deren totale Faktorproduktivität (TFP) – eine volkswirtschaftliche Kennzahl, welche die Produktivität unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts widerspiegelt.
10.000 Betriebe modelliert
Die Wahl fiel bewusst auf englische und französische Ackerbauern, da die beiden Nationen die Direktzahlungen in unterschiedlichem Tempo entkoppelt hatten. Während Großbritannien diesen Schritt schon ab 2005 vollständig umsetzte, startete Frankreich erst ein Jahr später und behielt bis 2010 den maximal möglichen Anteil an gekoppelten Zahlungen. Die untersuchten Höfe erwirtschafteten allesamt zumindest zwei Drittel ihrer Einnahmen aus dem Marktfruchtanbau und hatten im Mittel zwischen 156 und 171 Hektar unter dem Pflug. Den Forschern zufolge gelang es den Bauern, nach dem Wegfall der gekoppelten Prämien sich gezielt am Markt zu orientieren. Diversifizierung, vermehrte Investitionen in Digitalisierung sowie Skaleneffekte kristallisierten sich, den Studienergebnissen zufolge, als Erfolgsgaranten der Produktivitätssteigerung heraus.
Trotz Strukturwandel konstante Umweltwirkung
In Frankreich lief diese, d’accord mit dem zögerlichen Auslaufen der gekoppelten Mittel, etwas langsamer ab als auf englischen Höfen. Im Schnitt stieg die TFP je Hof und Jahr um 0,16 Prozent auf französischen und um 0,25 Prozent auf englischen Ackerbaubetrieben. Da die analysierten Zahlen aus den Jahren 2003 bis 2008 stammen, machen Menning und Sauer in ihrer Publikation die „vergleichsweise hohen Wachstumsraten“ der 2000er-Jahre allerdings als Haupttreiber aus. Sie gingen also mit einem kräftigen Strukturwandel einher. Auf Nachfrage erklärt Hauptautor Menning auch, dass sich „die untersuchten Agrarstrukturen insbesondere von den österreichischen unterscheiden“. Betriebe in den betroffenen Regionen seien eben tendenziell größer als in unseren Breiten, so Menning. Der verbesserten Ressourceneffizienz tat dies jedoch keinen Abbruch. Und obwohl die Produktivität stieg, blieben die Umweltauswirkungen auf einem ähnlichen Niveau wie vor der Entkopplung. „Eine Steigerung der Produktivität kann durchaus umweltneutral erfolgen, sie ist nicht per se mit einer Intensivierung der Produktion verbunden“, so Agrarökonom Menning.
Philipp Menning: “Eine Steigerung der Produktivität kann durchaus umweltneutral erfolgen.”
Aus Sicht der Münchner Wissenschaftler sei deshalb auch bei Agrarumweltmaßnahmen eine verstärkte Ergebnisorientierung entsprechend der Nachfrage des Marktes zu forcieren, um deren „volles Potenzial zu entfalten“. Hier bedarf es aber noch Forschung, wie Märkte für Umweltleistungen der Landwirtschaft gestaltet werden könnten, so Menning und Sauer abschließend.
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