Kommentar von Bernhard Weber,
Chefredakteur.
Jetzt bekommt sie doch einen neuen Eigentümer, die Düngersparte von Borealis. Vielen Landwirten besser bekannt als die früheren Agrolinz-Stickstoffwerke. Nach Ausbruch des Ukrainekriegs war der geplante Verkauf um 445 Mio. Euro an einen Chemiemulti im Eigentum eines russischen Oligarchen gestoppt worden. Nun soll Österreichs Stickstoff-Handelsdüngerproduktion an einen tschechischen Konzern verklopft werden. Er gehört dem milliardenschweren Ex-Premier Andrej Babis. Der hat seit dem Fall des Eisernen Vorhangs in Mittel- und halb Osteuropa einen Konzern mit gut 200 agrarischen Unternehmen, darunter Mega-Farmen, Molkereien, Schlachthöfe, Chemiefabriken, Düngerlager und vieles mehr aufgebaut. Die Agrofert-Holding soll 2019 rund 115.000 Hektar bewirtschaftet und dafür 63 Mio. Euro an EU-Agrarförderung erhalten. Agrofert bietet für die Borealis-Anlagen in Linz und Schwechat nun sogar 810 Mio. Euro. Die Abwicklung des Verkaufs soll noch heuer über die Bühne gehen, teilten die Konzernmutter OMV und Borealis mit. Man werde sich auf die Kernaktivitäten konzentrieren, auf Polyolefine und Basischemikalien sowie auf „Wege in Richtung Kreislaufwirtschaft“.
Seit Beginn der Pandemie plädieren Politik und Wirtschaft, man solle auf die Versorgungssicherheit mit eigenen Rohstoffen und Erzeugnissen achten, um Abhängigkeiten vom Ausland zu reduzieren. Für profitable Stickstoffdüngerproduktion ist Österreich offenbar zu klein. Oder das Interesse der Manager daran zu gering. Aber hat nicht Herr Babis seit 1990 gezeigt, dass man nicht nur mit Dünger florierende Agrargeschäfte machen kann? Ein Oligarch? Nein, solche gibt’s ja nur östlich der EU-Grenzen.