Da staunte Thomas Kraxberger nicht schlecht – allerdings im negativen Sinne. Als er kürzlich auf sein Knoblauchfeld kam, fehlte plötzlich eine Reihe seiner Früchte, die kurz vor der Ernte standen. Auf zehn bis 15 Metern war der Knoblauch ausgerissen, teilweise abgeschnitten, oder gar als Ganzes entwendet. Ähnliches konnte er auf seinem Zwiebel- und Kartoffelacker feststellen. Wo im Frühherbst eigentlich die Kartoffelknollen auf den Kartoffelroder warten sollten, hatte sich schon jemand händisch ans Werk gemacht. Übrig blieb auf mehreren Metern nur mehr ein Erdhaufen. Thomas Kraxberger schüttelt den Kopf, wenn er davon erzählt, denn er kann es sich einfach nicht vorstellen, warum jemand so etwas tut: „Mir ist das unerklärlich. Man kann sich doch nicht einfach auf dem Feld eines Anderen sein Gemüse holen, als wäre es ein Selbstbedienungsladen.“ Sein Nachbar hat sogar beobachtet, als Fremde mit einem Anhänger bis zum Feld fuhren – und das am helllichten Tag zur Mittagszeit. Angefangen habe dieser Gemüsediebstahl vor etwa vier Jahren, erzählt der Gemüsebauer aus Hartkirchen im Bezirk Eferding, und seitdem wird es mehr. Und er ist absolut kein Einzelfall.
Wertschätzung vor Eigentum der Bauern geht verloren
„Als ich das im Gemüsebauverband thematisiert habe, haben mir sofort auch andere Kollegen von derartigen Vorkommnissen erzählt“, sagt Kraxberger. Bei einem Bauern wurden 25 Quadratmeter Erdäpfel ausgegraben und bei einem anderen sogar frisch gesetzte Obstbäume ausgerissen und mitgenommen. Dass Wassermelonen und Kürbisse von Feldern mitgenommen werden, steht fast schon an der Tagesordnung. Was Kraxberger vor allem ärgert, ist der fehlende Respekt gegenüber den Bäuerinnen und Bauern: „Die Wertschätzung vor fremden Eigentum und vor unserer Arbeit geht zunehmend verloren.“
Dass das Gemüse jemand stiehlt, um es nicht kaufen zu müssen, kann sich der Bauer nicht vorstellen: „Die Produkte sind im Supermarkt oder auch ab Hof wirklich nicht so teuer“. Er hat auch keine Vermutung, wer so etwas macht. Er konnte noch nie jemanden erwischen, aber eines steht fest: „Wenn ich jemand erwische, dann zeige ich ihn sicher an. Das ist kein Kavaliersdelikt oder Lausbubenstreich mehr.“ Auch eine montierte Kamera konnte nicht helfen – die Diebe sind einfach auf ein anderes Feld gegangen.
OÖ Bauernbund kreidet Verhalten von Langfingern an
Auch im Bauernbund ist man betroffen von diesen Vorgängen. „Das reiht sich leider in eine Serie dreister Vorgänge gegenüber dem Eigentum von Bäuerinnen und Bauern ein“, sagt der Bauernbund-Direktor Wolfgang Wallner und erläutert: „Im Winter zogen sogenannte Autodrifter Spuren der Verwüstung in Feldern. Im Frühjahr gab es dann Konflikte mit Freizeitnutzern, die sich für ein Picknick oder in großen Gruppen zum Feiern einfach in fremde Wiesen setzten und dort auch noch ihren Müll hinterließen. Jedes Jahr haben wir mit Müllansammlungen in Feldern und Wiesen zu kämpfen, und dass es im Wald zunehmend Konflikte mit Mountainbikern gibt, ist auch bekannt.“
Das habe alles einen befremdlichen und nachdenklich stimmenden gemeinsamen Nenner, meint der Bauernbund-Direktor: „Der Respekt vor dem Eigentum anderer ist leider bei Manchen in der Bevölkerung im Sinken begriffen. Vor allem die Wertschätzung gegenüber landwirtschaftlichen Grund und gegenüber bäuerlicher Arbeit ist oft gar nicht mehr vorhanden.“
„Die Wertschätzung gegenüber der Landwirtschaft ist oft nicht mehr vorhanden.“
Wallner will dabei keineswegs alle in einen Topf werfen: „Auf der anderen Seite sehen wir glücklicherweise eine wachsende Anzahl an Menschen, die die wertvolle Arbeit der Bäuerinnen und Bauern zu schätzen wissen.“ Was die aktuellen Vorkommnisse bezüglich Gemüsediebstahl betrifft, hofft er jedenfalls, dass mit öffentlicher Diskussion hier Bewusstseinsbildung erreicht werden kann.
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