Eigenmarken: Gut ein Viertel mit unklarer Herkunft

Der Anteil an Eigenmarken und damit vom Handel gebrandeten Produkten steigt. Was bedeutet das für Österreichs Bauern und Verarbeiter und die Produktqualität im Supermarktregal?

Achtung beim Kauf von günstigen Eigenmarken-Produkten.

Eigenmarken der vier dominanten Lebensmitteleinzelhändler (LEH) Spar, Rewe, Hofer und Lidl liegen im Trend. In den vergangenen zehn Jahren nahm deren Anteil im Einkaufskorb der Österreicher kontinuierlich zu. Bestand dieser 2012 nur etwa zur Hälfte aus ebensolchen Produkten, kletterte ihr Anteil im Vorjahr bereits auf 63 Prozent, belegen Zahlen der rollierenden Agrarmarktanalyse der AMA-Marketing. Bauern und Herstellern gängiger „Markenprodukte“ stößt diese Entwicklung naturgemäß sauer auf. 

Während klassische Markenprodukte gemeinhin bei allen LEH-Konkurrenten angeboten werden, sind Eigenmarken nur bei der jeweiligen Handelskette im Sortiment erhältlich. Sie werden meist von Dritten hergestellt, sind optisch stark an konkurrierende Markenprodukte angelehnt, werden jedoch deutlich billiger angeboten. Darin liege letztlich auch das Problem der Label, weiß Professor Klaus Salhofer, Leiter des Instituts für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung an der Boku: „Mit Eigenmarken steigt der Preis- und Konkurrenzdruck auf Markenprodukte.“ 

Der Handel verwende Eigenmarken, um gegenüber der Konkurrenz wettbewerbsfähiger zu sein und um Neukunden zu gewinnen. In letzter Konsequenz „nimmt aber auch seine Verhandlungsmacht gegenüber den Verarbeitern von Markenprodukten zu“, so der Agrarökonom. 

Sortiments- oder Machterweiterung

Der erste Tätigkeitsbericht des seit 2022 installierten Fairnessbüros des Landwirtschaftsministeriums, das sich als Erstanlaufstelle für Beschwerden rund um unfaire Geschäftspraktiken bei Lebensmitteln versteht, ortet darin ein Risiko: „Die strategische Positionierung von Eigenmarken hat zur Folge, dass sich die Handelsketten von den Markenproduzenten unabhängig machen.“ So könne der Handel „von heute auf morgen“ sein Sortiment aus „günstigeren ausländischen Urprodukten mit geringen gesetzlichen Arbeits-, Tierhaltungs- und Qualitätsanforderungen“ erzeugen lassen. Österreichs Bauern und Verarbeitungsbetriebe geraten so aber ins Abseits.

In den Konzernzentralen der „Big 4“ des Handels, die gemeinsam mehr als 90 Prozent des Marktes dominieren, sieht man dies naturgemäß anders. „Wir bieten überall dort Eigenmarken an, wo Kundinnen und Kunden sich diese wünschen und kaufen“, erklärt etwa Rewe-Pressesprecher Paul Pöttschacher. Der Handel schaffe schlicht „Alternativen“. Der günstigere Preis resultiere jedoch nicht aus der (Über-)Macht am Markt, sondern sei Kalkulation, beteuert Spar-Sprecherin Nicole Berkmann: „Bei Eigenmarken fallen die Marketing- und Vertriebskosten der Hersteller weg, weil diese der Handel selbst übernimmt.“ Auf den Preis der Rohstofflieferanten, sprich der Bauern, habe dies keinerlei Auswirkung.

Bleibt trotzdem die Sorge um die Austauschbarkeit von deren Urprodukten. Auch hier versucht der Handel zu bezirzen. Der Diskonter Hofer – mit 90 Prozent Eigenmarken im Sortiment Branchenführer – erklärt, man sei sich „als einer der größten Abnehmer der heimischen Landwirtschaft seiner Verantwortung bewusst“. Hofer beziehe etwa den „Großteil seiner Milchprodukte direkt aus Österreich“. Ähnliche Töne schlägt auch Mitbewerber Lidl Österreich an: „Alle Lebensmittel unserer inländischen Eigenmarken stammen zu hundert Prozent aus Österreich.“ Viele davon seien auch AMA-zertifiziert. Außerdem werde deutlich zwischen internationalen und den eigenen Handelsmarken differenziert. Bei Spar heißt es: „Uns ist wichtig, dass möglichst viel aus Österreich kommt. Wann immer wir auf heimische Produkte setzen können, tun wir das.“

Milchherkunft ist zu 27 Prozent unbekannt 

Dass die Angst der Bauern nicht völlig unbegründet ist, zeigt eine von „Wirtschaften am Land“ durchgeführte Erhebung im LEH. Der unabhängige Verein besuchte bei einem „Regionalitätscheck“ mit Jungbauern Supermärkte und Diskonter in Oberösterreich, Tirol und Kärnten und nahm dabei 963 Handelsmarken-Molkereiprodukte unter die Lupe. Die am Mittwoch präsentierten Ergebnisse stimmen betrübt. In Sachen Herkunftskennzeichnung wurden teils gravierende Mängel festgestellt. So konnte bei 40 Prozent der untersuchten Butter- und Käseproben nicht nachweislich heimische Milch als Rohstoffbasis nachgewiesen werden. Bei 27 Prozent der Produkte war überhaupt nicht erkennbar, woher die verarbeitete Milch stammte. Gut jedes Zehnte hatte seinen Ursprung in anderen EU-Ländern, zwei Prozent stammten aus Drittstaaten.

Quelle: Bauernbund

Von 856 Käseprodukten waren 59 Prozent aus AT-Milch produziert. Bei mehr als einem Viertel (27 %) war die Herkunft der Milch wiederum nicht auszumachen. 14 Prozent stammten aus dem Ausland. Dabei zählen Österreichs Molkereien zu den Käsespezialisten.


Quelle: BZ/Merl, Trueffelpix – stock.adobe.com

Ein besseres Bild zeigte sich bei Butter: „Von 107 Proben waren aber auch hier 21 Prozent nicht ordentlich gekennzeichnet“, erklärt Jungbäuerin Anna-Maria Neudorfer. 

Bauernbund-Nationalratsabgeordnete Carina Reiter zieht daraus folgende Schlüsse: „Dieser Regionalitätscheck hat eindeutig klargestellt, in Sachen Kennzeichnung gibt es noch Nachholbedarf.“ 

Mittlerweile bieten alle genannten Handelsketten  Produktlinien mit vorwiegend Fleisch oder Eiern aus dem Inland an. Teils als Eigenmarken, wenn auch noch nicht im Billigsegment positioniert. 

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AUTORClemens Wieltsch
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