Der Bioethanol-Erzeuger Agrana übt Kritik an der seit Jahren auf die lange Bank geschobenen Umsetzung von E10, mittlerweile auch nach einem Jahr Türkis-Grüner Regierung. Umweltministerin Gewessler meint, man werde E10 noch in dieser Legislaturperiode „auf den Weg bringen“.
Am 28. Februar endet bei der Agrana eine Ära. Der langjährige Vorstandsvorsitzende Johann Marihart, seit 45 Jahren im Unternehmen und seit 1992 oberster Chef des börsennotierten Zucker-, Stärke- und Fruchtkonzerns, tritt in den verdienten Ruhestand. Wenige Wochen vor seinem Abschied startete Marihart dieser Tage einen erneuten Anlauf für die bereits vor zehn Jahren diskutierte erhöhte Beimischung von zumindest 10 Prozent Bioethanol zu Benzin (E10). Bis dato werden in Österreich nur fünf Prozent beigemischt (E5-Treibstoff) beigemischt.
In einem Gespräch mit der Austria Presse Agentur übte Marihart dieser Tage Kritik an der auf die lange Bank geschobenen Entscheidung, vermehrt Ethanol, das von der Agrana seit 2008 vorwiegend aus stärkehaltigen Getreide, Mais sowie Rübendicksaft aus den beiden Zuckerfabriken in Tulln und Leopoldsdorf destilliert wird, als Spritzusatz und damit Erdölersatz zu nutzen. Seit Jahren exportiere die Agrana weit mehr als die Hälfte (60 %) ihres in Pischelsdorf erzeugten Bioethanols. Laut Marihart entgingen Österreich damit „gut 200.000 Tonnen an Treibhausgaseinsparungen, diese werden anderen Ländern gutgeschrieben.” Die Erhöhung des Beimischungsanteils von 5 auf 10 Prozent würde dagegen den Feinstaubausstoß bei Autos „sofort“ um gut 20 Prozent verringern, rechnet Marihart gegenüber der APA vor. Und der Agrarmanager machte seinem Ärger Luft: “Diese Möglichkeit zur CO2-Entlastung wird nicht genutzt.“ Jetzt habe Österreich seit einem Jahr „eine türkis-grüne Regierung und es passiert nichts.“
Die Österreichische BauernZeitung hat bei Umweltministerin Leonore Gewessler nachgefragt. Diese hatte heute bei einem gemeinsamen Pressetermin mit Niederösterreichs LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf betreffend eines geplanten Projektes über „Energieraumplanung für die niederösterreichischen Gemeinden“ erklärt: „Die Klimakrise macht keine Pause. 2020 war das wärmste Jahr“. Generell betonte die Ministerin dabei die Dringlichkeit von Schutzmaßnahmen gegen Bodenverbrauch, für Artenvielfalt und gegen die Klimaerwärmung. Wird es also unter E-10 unter Umweltministerin Gewessler geben?
„Wir haben die forcierte Beimischung ja im Regierungsprogramm stehen. Wir möchten die Umsetzung aber so gestalten, dass wir Risiken und Fehler, die wir in anderen Ländern gesehen haben nicht wiederholen“, sagt Gewessler. Diese zentrale Frage gelte es nun noch zu klären, „ebenso die Haftungsfrage im Zusammenspiel mit der Automobilindustrie. Dann werden wir E10 auf den Weg bringen können. Ich stehe zum Regierungsprogramm.“
Dass letzteres mittlerweile genau ein Jahr alt sei und die Umsetzung von E10 weiter auf sich warte, „hängt leider nicht nur von mir ab“, so Gewessler. „Sonst könnte ich ihnen bereits einen detaillierten Zeitplan nennen. Aber wir sind intensiv am Arbeiten.“ Ob dieses Thema noch in ihrer Amtszeit als Umweltministerin abgehakt wird? „Davon gehe ich aus. Ich habe viele Großprojekte, da gehört E10 dazu.“
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