Die Zukunft regionaler Lebensmittel

Damit Regionalität nicht zum Schlagwort verkommt, braucht es Innovationskraft auf Seiten der Landwirtschaft, der Produktion und des Handels.

Freuten sich über eine gelungene Premiere des „Tiroler Lebensmittelkongresses“: Agrarmarketing-Geschäftsführer Matthias Pöschl, LHStv. Josef Geisler, WK-Vizepräsident Martin Wetscher und Stefan Mair, Obmann des Tiroler Lebensmittelhandels.
Beim 1. Tiroler Lebensmittelkongress, einer Initiative des Landesgremiums des Tiroler Lebensmittelhandels in der Wirtschaftskammer Tirol und der Agrarmarketing Tirol, trafen sich am Donnerstag in Igls bei Innsbruck rund 180 Branchenvertreter:innen aus allen Bereichen entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette. Es ging sowohl um den gegenseitigen Austausch als auch darum, tragfähige Zukunftsoptionen für regionale Lebensmittel zu identifizieren. Dabei zeigte sich klar, dass „Regionalität“ an sich ein Begriff mit vielen Bedeutungen ist.
 
„Regional produzierte Lebensmittel stärken die gerade in Tirol kleinstrukturierte Landwirtschaft und tragen zum Erhalt bäuerlicher Betriebe und der Almwirtschaft bei. Sie bewahren die landwirtschaftliche und die landschaftliche Vielfalt und spielen eine wichtige Rolle beim Schutz von Umwelt, Klima, Natur, Tier und Ressourcen“, betont Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler.
 

Zu den positiven Umwelteffekten kommen ebenso positive regionalwirtschaftliche Effekte, denn regional produzierte und konsumierte Lebensmittel sorgen für regionale Wertschöpfung, Arbeitsplätze, Einkommen sowie Steuer- und Abgabenaufkommen. Regionale Lebensmittel sind essenziell für die flächendeckende Nah- und Grundversorgung und garantieren hohe Lebensmittelqualität. Und gerade angesichts der Erfahrungen während der Coronapandemie und des Ukrainekriegs zeigen sich die Vorteile einer geringeren Abhängigkeit von internationalen Lieferketten besonders deutlich.

„Wie Studien zeigen und wie auch die zum 1. Tiroler Lebensmittelkongress geladenen Experten bestätigen, verbinden Konsument:innen mit regionalen Lebensmitteln vorrangig Qualität, Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung. Damit liegen sie jedenfalls richtig. Es zeigt aber auch, dass nur ein Teil der Mehrwerte, die mit regionalen Lebensmitteln einhergehen, im breiten Bewusstsein verankert sind“, hält Stefan Mair, Obmann des Landesgremiums des Tiroler Lebensmittelhandels in der Wirtschaftskammer Tirol, fest.

Sowohl für die Landwirtschaft als auch für den Produktionsbereich und den Handel sei es daher in Zukunft wichtig, neben den offensichtlichen und bekannten Vorzügen heimisch produzierter Lebensmittel auch die gesamte Wertepalette noch besser abzubilden. „Völlig zu Recht stehen sowohl bei Einheimischen als auch bei Gästen regionale Tiroler Lebensmittel hoch im Kurs. Wir möchten unseren Teil dazu beitragen, dass das nicht nur so bleibt, sondern der Wert regionaler Lebensmittel in seiner Gesamtheit breit verankert ist“, so Mair.

Regionalität mit Zukunftsperspektiven

 
Nicht nur Klimawandel, Kostensteigerungen oder technische Entwicklungen fordern die regionale Lebensmittelbranche heraus. Während Konsumenten regionale Lebensmittel an sich hoch schätzen, wirken zudem verschiedenste Wertehaltungen auf die Kaufentscheidung der Konsumenten ein. „Zuweilen lassen sich individuelle Werte wie Genuss, Preis und gesunde Ernährung, kulturelle Werte wie Gewohnheit, Status bzw. Image eines Produkts, Natürlichkeit und moralische Werte wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz, Tierwohl sowie der Mehrwert für die Region nicht allesamt mit einem Produkt unter einen Hut bringen. Die Wertehaltungen der Konsument:innen ändern sich laufend, die Produzenten und Anbieter regionaler Lebensmittel müssen dem Rechnung tragen“, attestiert etwa Theresa Mitterer-Leitner vom Management Center Innsbruck.
 

„Wer bewusst regionale Produkte kauft, will nicht nur satt werden – der will einen Mehrwert“, ergänzt Christian Dürnberger vom Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien, der Medizinischen Universität Wien und der Universität Wien. „Wie genau diese Mehrwerte dabei aussehen, ist von Käufer zu Käufer unterschiedlich. Mancher assoziiert mit ,Regionalität‘ mehr Genuss, ein anderer mehr Tierwohl oder Klimaschutz, wieder ein anderer eine bestimmte ,ursprüngliche‘ Form der Landwirtschaft. All diese Beispiele zeigen: ,Regionalität‘ definiert sich nicht über eine Kilometerangabe, sondern ist mit bestimmten Werten und Geschichten verwoben. Diese Werte unterliegen einer Veränderung, weil sich Werte immer verändern.“

Die Art des Produkts sowie die Produktionsweisen und in wie weit beides den Wertevorstellungen von Konsumenen und Gästen entspricht, sind wesentlich für die Zukunft regional produzierter Lebensmittel. Dementsprechend braucht es auch in der Branche Innovationen, die gleichermaßen die Grundbedürfnisse der Konsumenten ebenso wie ihre Wertorientierungen und ihre Vorstellungen von Landwirtschaft und Produktion berücksichtigen.

Aber auch Standortfaktoren sowie die Besonderheiten und Nebenleistungen der Landwirtschaft müssen mitbedacht werden, so Theresa Mitterer-Leitner. „Regionalität geht mit Vertrauen einher. Die Konsumenten wissen, dass sie auf die Qualität regionaler Produkte vertrauen können. Kommende Produktentwicklungen werden verstärkt auch weitere Wertehaltungen der Konsument:innen erfüllen müssen, um weiterhin Vertrauen zu genießen. Hierin liegt ein Erfolgsfaktor regionaler Lebensmittel“, betont Matthias Pöschl vom Agrarmarketing Tirol.

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AUTORRed. JS
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