Unter Einhaltung der derzeit geltenden COVID-19-Bestimmungen fand am Mittwoch, dem 19. August, das erste traditionelle Sommergespräch des Tiroler Bauernbundes mit knapp 180 Teilnehmern am Fischerhof der Familie Martin und Christine Lener in Terfens statt.
Die Herausforderungen der heimischen Bauernfamilien sind vielfältig: Die Themen reichten von der Herkunftskennzeichnung über die Absicherung der heimischen Almwirtschaft bis hin zur Rückkehr des Beutegreifers Wolf. Diskutiert wurde bis spät in die Nacht. Bauernbundobmann Geisler: „Der kritische Austausch ist ein Motor des Bauernbundes. Nur wenn wir Themen hinterfragen und gemeinsam anpacken, bleiben wir als Bauern auf allen Ebenen stark und durchschlagskräftig.“
„Berglandwirtschaft muss weiter von EU gestärkt werden“
Hauptreferentin des Abends war die Steirerin Simone Schmiedtbauer, die für den Österreichischen Bauernbund die bäuerlichen Interessen im Europäischen Parlament, insbesondere im Agrarausschuss, vertritt.
In ihrem Redebeitrag gab sie den anwesenden Bäuerinnen und Bauern Einblicke in aktuelle Geschehnisse in der EU-Agrarpolitik: „Es ist eine entscheidende Zeit für uns Bäuerinnen und Bauern, wichtige Weichenstellungen für die Landwirtschaft und unseren ländlichen Raum stehen an. Wir brauchen so bald wie möglich einen Beschluss über das EU-Langzeitbudget für 2021-2027, daran hängt die GAP-Reform. Wir brauchen auch eine ehrliche Auseinandersetzung mit den Zielkonflikten, die die Farm-to-Fork- und Biodiversitätsstrategie aufwerfen. Landwirte garantieren Ernährungssicherheit, speichern CO2 in ihrem Land und pflegen die Kulturlandschaft im Sinne der Artenvielfalt und des Tourismus. Auf dem Weg des Green Deals darf auch in der Landwirtschaft niemand zurückgelassen werden, vor allem nicht die Kleinen, die unglaublich wertvolle Leistungen erbringen.“
Darüber hinaus sprach sich Schmiedtbauer für die nachhaltige Absicherung der heimischen Alm- und Berglandwirtschaft aus: „Die Absicherung der Bergbauernförderung steht absolut außer Frage.“
In diesem Zusammenhang erwähnte Schmiedtbauer auch aktuelle Herausforderungen der heimischen Bauernfamilien: „Traditionelle Alm- und Weidewirtschaft muss auch künftig ohne aufwändige und unrealistische Schutzmaßnahmen möglich sein. Wenn wir all das auf Dauer sicherstellen wollen, müssen wir auch Entnahmen als zulässige Maßnahme akzeptieren. Der Schutz der Wölfe darf sicher nicht dem Schutz des Landwirts übergeordnet werden. Die Ausbreitung der Wölfe geht auch bestimmt nicht mit dem gesellschaftlichen Wunsch nach mehr Tierwohl in der Nutztierhaltung einher. Das müssen wir, aber auch die Medien, offen kommunizieren.“
Hechenberger: Ein praktikables Wolfsmanagement muss her
Nachdem in diesem Jahr bereits die Tiere von zehn Almen frühzeitig ins Tal gebracht wurden, schlug auch LK-Präsident NR Josef Hechenberger in dieselbe Kerbe: „Wir haben in Tirol heuer bereits flächendeckend Risse zu beklagen. Und das, obwohl es noch kein angesiedeltes Rudel gibt. Alle Almen wolfssicher zu machen, ist eine Utopie. Wenn wir den Fortbestand der Alm- und Weidewirtschaft erhalten wollen, muss ein praktikables Wolfsmanagement her, das die Entnahme von Problemtieren ermöglicht.“
Hechenberger gründete erst kürzlich gemeinsam mit NR Hermann Gahr den Verein almohnewolf.at, wo er bereits zahlreiche Unterstützer aus unterschiedlichsten Bereichen Mitglied nennen kann. „Nur mit Schulterschlüssen und möglichst vielen Mitstreitern werden wir in dieser Sache voran kommen.“
Herkunftskennzeichnung ist Wunsch der Bevölkerung
Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler und Bezirksbauernobmann Ök.-Rat Hannes Partl forderten gerade in Zeiten von Corona und dem damit einhergehenden gesteigerten Bewusstsein für Regionalität, Nachhaltigkeit und Selbstversorgung eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung ein.
„Wir haben dazu bereits zu Sommerbeginn eine große Bauernbund-Plakataktion gestartet, jetzt geht es darum, dass unsere Konsumenten in Zukunft noch mehr Klarheit haben, wenn sie beispielsweise Eigenmarken im Supermarkt kaufen oder verarbeitete Speisen in Mensen und Kantinen essen“, so Partl. „Seit Corona sind über 80 Prozent der Bevölkerung für eine Kennzeichnungspflicht. Diesem Ruf nach mehr Transparenz müssen wir endlich nachkommen. Besonders bei Fleisch, Ei und Milch haben die Menschen ein Recht darauf zu wissen, woher ihr Essen kommt.“
Bauernbundobmann Geisler schwor darüber hinaus die anwesenden Bauernbündler auf die bevorstehenden Urwahlen im Herbst ein: „Wir wählen im Herbst auf allen Ebenen neu. Mir ist es wichtig, bereits jetzt darauf hinzuweisen, da wir als Bauernbund nur ein guter Bund bleiben, wenn wir geschlossen auftreten auf allen Ebenen gut vertreten sind.“
Neben zahlreichen Initiativen, die während der Corona-Krise bereits im landwirtschaftlichen Bereich gesetzt wurden, liegt Geisler besonders die Absicherung der heimischen Almen am Herzen: „Mit rund 2.100 bäuerlich bewirtschafteten Almen ist Tirol das Almenland Nummer Eins in Österreich. Bei annähernd gleichbleibender Zahl aufgetriebener Rinder ist die Anzahl der Milchkühe auf den Tiroler Almen um fast zehn Prozent zurückgegangen. Die Anzahl kleinerer Milchalmen mit bis zu 20 Milchkühen hat sich sogar fast halbiert. Deswegen war es mir wichtig, eine neue Förderung für Milchkühe auf unseren Almen zu erarbeiten, die wir gemeinsam mit LH Günther Platter vergangene Woche präsentieren konnten.“
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