Mittlerweile hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zudem bestätigt, dass man in Berlin neben der Streichung der Agrardiesel-Vergünstigung auch die der Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge abschaffen will. Özdemir erklärte, dass er gegen beide Maßnahmen erhebliche Vorbehalte habe. Die Streichung sowohl der Agrardieselbeihilfe als auch der Kfz-Steuerbefreiung sei „problematisch“, er habe „immer davor gewarnt, unsere Landwirtschaft überproportional zu belasten“, so der Grünen-Politiker. Er wies darauf hin, dass die Zuständigkeit für beides, sowohl Agrardieselbeihilfe als auch Kfz-Steuerbefreiung, im Bundesfinanzressort und damit bei FDP-Finanzminister Christian Lindner liegen.
Den deutschen Bauern dürften diese Vorhaben rund 1 Mrd. Euro an neuen Kosten bescheren. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, bezeichnete das Drehen an der Steuerschraube für Agrarbetriebe daher laut Agra-Europe als „eine Kampfansage an die deutsche Landwirtschaft und an uns Bauernfamilien“. Offenbar habe die Bundesregierung in Berlin kein Interesse an einer funktionierenden und wettbewerbsfähigen Landwirtschaft in Deutschland, so Rukwied.
Laut Rukwied wären solche Einschnitte eine weitere massive Belastung und damit eine Schwächung für die landwirtschaftliche Betriebe innerhalb Europas. „Alle politischen Entscheider müssen sich im Klaren sein, dass uns dies ins Mark trifft“, warnte der Bauernpräsident. Zusätzliche Steuerbelastungen würde nach seinen Angaben den Strukturwandel weitertreiben und die Lebensmittel deutlich verteuern.
Rückendeckung erhielten die Landwirte prompt aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Deren Agrarsprecher Albert Stegemann meinte: „Das wäre der größte finanzielle und politische Einschnitt, den die Landwirtschaft je erfahren müsste. Auch seien Landwirte „angewiesen auf Diesel und können nicht mit Elektrotraktoren ihre Ernte einfahren“, so Stegemann.
Als „bitterböse Überraschung“ bezeichnet die Pläne der Vorsitzende der Familienbetriebe Land und Forst, Max von Elverfeldt. Schon jetzt müssten diese eine erhebliche Steigerung der krisenbedingt stark gestiegenen Produktionskosten in Kauf nehmen. Das werde den politisch nicht gewollten Agrarstrukturwandel noch beschleunigen. Auch Vertreter der Biobauern zeigen sich alarmiert. „Subventionen wie den sogenannten Agrardiesel gibt es nur, um Ungleichgewichte im Markt zu kompensieren“, erklärte Bioland-Präsident Jan Plagge. Würden solche Subventionen gestrichen, „spart man ausgerechnet beim schwächsten Glied in der Wertschöpfungskette, bei den Landwirtinnen und Landwirten“.
Laut Agra-Europe kündigten nach Bekanntwerden der Pläne immer mehr Agrarverbände erbitterten Widerstand an, so auch der Bayerischen Bauernverband und an dessen Spitze Präsident Günther Felßner. „Notwendige Kürzungen im Bundeshaushalt dürfen nicht auf dem Rücken kleiner und mittelständischer Landwirtschaftsbetriebe ausgetragen werden, nur weil es der Regierungskoalition bis jetzt nicht gelungen ist, ein tragfähiges Konzept für den Haushalt 2024 aufzustellen“, warnte ebenso der Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes, Hubertus Beringmeier. Die drohenden zusätzlichen Steuerbelastungen von fast 1 Mrd. Euro seien schlicht und einfach inakzeptabel.
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- Agrardiesel: Lagerhaus