Der Wahlsonntag in Deutschland hat mit enormer Wucht klare Ergebnisse gebracht. Eine bisher schweigende Minderheit hat sich lautstark zurückgemeldet. In allen drei Bundesländern – Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt – ist die Wahlbeteiligung stark gestiegen. Vor einem Jahrzehnt lag sie teils knapp über, teils knapp unter der Hälfte der Wahlberechtigten. Am vorigen Sonntag hingegen schritten mehr als zwei Drittel zu den Urnen. Wenn es also um politische brisante Themen geht, ist das Interesse an Politik zurück. Und es findet seinen neuen Ausdruck in einer neuen Bewegung namens Alternative für Deutschland (AfD). Diese Fraktion schaffte auf Anhieb in allen drei Ländern den Einzug in die regionalen Parlamente. Ob diese Partei tatsächlich eine Alternative ist, wird sich erst zeigen. Schon jetzt ist gewiss, dass ein erheblicher Anteil der Wählerinnen und Wähler eine solche wünscht. Deutschland ist in Aufruhr – und hat wie Österreich seit vierzig Jahren eine radikale und nationalistische Opposition, die gegen Staat und Regierung wettert. Zahlreiche Politiker und Kommentatoren unterliegen in Deutschland jetzt dem gleichen Irrtum wie jene in Österreich beim Aufstieg der FPÖ. Sie konzentrieren sich übermäöig auf AfP und FPÖ und nehmen zu wenig die Ursachen für deren Stimmengewinne in den Blick. Diese beruhen auf Angst vor einem Verlust an Wohlstand, an Sicherheit und an Stabilität. Damit haben sich Regierungen jetzt – nicht nur in Berlin – zu befassen. Noch wirken sie ratlos.
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