Der „Wilde Johann“ und sein kleiner Bruder

Ein Blick nach Deutschland – wie sich traditioneller Obstbau und frisches Marketing zu einem Erfolgsrezept kombinieren lassen, das zeigt der Wein- und Obstbauer Heiko Danner aus Brackenheim-Stockheim im Landkreis Heilbronn in Baden Württemberg (D). Er verarbeitet Schwarze Johannisbeeren zu einer breiten Palette an Produkten. Besondere Freude macht ihm der Perlwein „Wilder Johann“.

Heiko Danner in seiner Schwarze-Ribisel-Kultur. Danner setzt die Ribisel in Stammkultur mit 40 cm Abstand in der Reihe und drei Meter zwischen den Reihen. Das ergibt rund 7000 Pflanzen pro Hektar. Nach etwa zwölf bis 15 Jahren ist eine Neuanlage erforderlich. Die Setzlinge zieht Danner aus selektierten Sorten selbst nach. Foto: Brudermann

Wein, Äpfel, Birnen und Beeren – auf dem vielseitigen Betrieb Heiko Danners ist eine Kultur immer weiter ins Zentrum geraten – die Schwarze Johannisbeere. 49 von 100 Hektar Betriebsfläche sind heute dieser Beere gewidmet. Unter der Marke Cassismanufaktur vermarktet der Betriebsleiter ein interessantes Sortiment. Bei der internationalen Schwarzen Johannisbeerkonferenz 2016 in Ashford (UK) vergab die Jury den Preis für das beste Produkt gleich zweimal an die Cassismanufaktur – Gummibärchen und Cassis-Balsamessig wurden prämiert (http://www.blackcurrant-iba.com).

Vom Seccovirus infiziert

Die Schwarze Johannisbeere – in Österreich Schwarze Ribisel bzw. in Frankreich Cassis genannt – hat auf Danners Betrieb Tradition. Bis 2004 dominierte allerdings der Weinbau. Danner hat die Ernte seiner Weinberge selbst ausgebaut und an Getränkehändler vermarktet. Dann hat er das Thema Kellerwirtschaft von seinem Betrieb verbannt – aus Zeitgründen, wie er sagt. Bis heute liefert er seine Weinernte vollständig an das örtliche Weinkonvent. Doch durch die Hintertür der Schwarzen Johannisbeeren kehrte die Verarbeitung doch wieder auf den Betrieb zurück.

www.cassismanufaktur.de – wer sich einen Eindruck vom Markenauftritt der Johannisbeerprodukte Heiko Danners machen möchte, der kann dies am schnellsten über die Internetseite tun. Der Markenzuschnitt der Dosenprodukte ist auf „junge Trendsetter“ ausgerichtet.
Foto: www.cassismanufaktur.de

2013 lernte er auf einer Messe einen Secco-Produzenten kennen. Danner bot an, Schwarzen Johannisbeersecco in 0,25l-Dosen herzustellen; die Mindestabnahmemenge lag bei 4000 Stück. Heiko Danner war vom Seccovirus infiziert und teilte sich den Auftrag mit einem Kollegen. Fürs Design aktivierte er einen befreundeten Grafiker. Gemeinsam wurde der „Wilde Johann“ samt Dosendesign und Verkaufsdisplay kreiert (siehe Kasten).
Die Getränkehändler aus den Zeiten der Weinvermarktung zeigten sich aufgeschlossen, dem „Wilden Johann“ eine Chance zu geben. Die 2000 Dosen der ersten Charge ließen sich zwar vollständig vermarkten – doch dauerhaft ließ sich das Produkt im Getränkehandel nicht etablieren. Als neuen und mittlerweile hauptsächlichen Markt für sein Produkt entdeckte Danner Hof- und Feinkostläden. Der Rechtsform nach gliederte Danner den Handel als „Cassismanufaktur“ in eine GmbH & Co KG aus.

„Cassis-Manufaktur“ – so lautet die Dachmarke, unter der Heiko Danner seine Produkte vermarktet. Der Vertrieb erfolgt über Hof- und Feinkostläden.
Foto: Brudermann

Im Jahr 2014 erfolgte die nächste Investition in einen Kupferkessel, sodass heute auch Fruchtaufstrich und -soße ins Sortiment gehören. Likör und Sirup kamen dazu. Und das Sortiment wächst weiter. Neue Produkt- ideen entstehen oft in Gesprächen auf Messen mit Verarbeitungsbetrieben. Heiko Danner fasst zusammen: „Natürlich kann ich auch irgendwie einen Essig zusammenbasteln, oder irgendein Johannisbeersalz zusammenmischen – aber ich kriege es eben nie so hin, wie jemand, der sich mit Herzblut und Kompetenz einer einzigen Produktgruppe widmet.“ Unter seinen Kooperationspartnern herrscht Vielfalt. Die Seifensiederin aus dem Nachbarort ist genauso an Bord wie eine Essigmanufaktur, ein Kräutersalzproduzent und zwei Jungunternehmerinnen, die sich der Kunst des Chutneykochens verschrieben haben. Nicht zu vergessen eine regionale Gummibärchenfabrik. So erobern sich die Brackenheimer Schwarzen Johannisbeeren ihre Nische und weiten diese aus. Anfragen von Händlern erhielt Heiko Danner schon aus Dubai und Japan, und sogar in den USA gäbe es Marktchancen. Doch Danner geht den internationalen Markt langsam an. „Das Vertrauen zu den internationalen Geschäftspartnern muss erst wachsen“, gibt er zu bedenken.

Fünf Prozent Spanne

Die Produkte, die Heiko Danner auf dem eigenen Betrieb herstellt, lassen sich an einer Hand abzählen – Frucht- aufstriche, Brände und Likör. Den Cassis-Muttersaft lässt er im Lohn pressen, füllt ihn aber selbst ab. Die spannende Frage ist also: Wie sieht die betriebswirtschaftliche Seite all jener Produkte aus, die Danner unter seinem Logo verkauft, aber von anderen herstellen lässt? Danner: „Ich erziele auf dieser Schiene einen höheren Preis für die Beeren. Würde ich ausschließlich an die Genossenschaft verkaufen, könnte ich nicht überleben.“ Zudem hat Danner das Ziel, an jedem verarbeiteten Produkt fünf Prozent des Verkaufspreises selbst zu verdienen.
Aktuell fließen rund zehn Prozent der Erntemenge eigener Schwarzer Johannisbeeren in die Cassismanufaktur. Konkrete Wachstumsziele verfolgt Danner nicht. Doch freut sich der Betriebsleiter, dass Nachfrage und Ideenreichtum gedeihen. Er betont: „Da ist Bewegung drin – die Cassismanufaktur ist der Betriebszweig, der gerade richtig Freude macht.“

Dosen für Trendsetter: Zielgruppenbezogenes Marketing

Jacky Contra, so heißt die Dame auf nebenstehendem Foto. Sie sei ein „total durchgeknalltes Huhn“ und seit sie den „Wilden Johann“ getrunken habe, gehe ihr dieser „nicht mehr aus dem Kopf“, sagt sie in der Werbung. Heiko Danner hat die Werbelinie für seinen Johannisbeer-Secco (9,5 %vol, Kohlensäurezusatz, 0,25 l Aludose) auf 28-jährige Trendsetter ausgerichtet. Mit dem „Frechen Hannes“ hat der Wilde Johann zudem einen alkoholfreien „kleinen Bruder“ bekommen. Und auf Nachfrage der Kunden erhielt das Dosenpaar bald auch eine Flaschenlinie zur Seite gestellt. Um die Produkte unter ein gemeinsames Dach zu bekommen, und um auch „normale“ Hofladenkunden anzusprechen, wurde die Marke „Cassis-Manufaktur“ geboren. Deren Schriftzug erinnert an die 1950er-Jahre und soll alle Zielgruppen ansprechen.

Katja Brudermann, St. Peter/Baden Württemberg

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