Der vorgezogene Pensionstraum

Monika Liehl führt in Parndorf im Burgenland einen Ziegenhaltungsbetrieb mit Käserei. Zudem hat sie vor sechs Jahren erstmals im deutschen Sprachraum nach dem Slow Food-Konzept einen "Earth Market", zu deutsch "Markt der Erde", gegründet, a

Monika Liehl hat in der Ziegenhaltung und in der Verarbeitung der Milch zu Rohmilchkäse ihre Berufung gefunden.Ihre Einstellung zu den Tieren bringt sie auch im Namen ihrer Internetseite zum Ausdruck: www.ziegenliebe.at ©Melanie Limbeck
Monika Liehl hat in der Ziegenhaltung und in der Verarbeitung der Milch zu Rohmilchkäse ihre Berufung gefunden.Ihre Einstellung zu den Tieren bringt sie auch im Namen ihrer Internetseite zum Ausdruck: www.ziegenliebe.at ©Melanie Limbeck
Ich bin eine Ziegenbäuerin, dazu stehe ich”, so antwortet Monika Liehl (57) auf die Frage, ob sie sich in Bezug auf ihre landwirtschaftliche Tätigkeit als Neueinsteigerin, Quereinsteigerin oder Hobbylandwirtin sehe. Nahe liegt die Frage allerdings schon, denn die gebürtige Wienerin und ausgebildete Handelskauffrau kam erst nach mehreren beruflichen Stationen zu ihrer wahren Berufung als Ziegenhalterin, Käserin und Marktorganisatorin.

Wirtschaftskrise und Weihnachtsgeschenk

Monika Liehl verarbeitet die Rohmilch ihrer Ziegen tagesfrisch zu verschiedenen Käsen. ©Esther Hollander
Monika Liehl verarbeitet die Rohmilch ihrer Ziegen tagesfrisch zu verschiedenen Käsen. ©Esther Hollander
Äußerer Anlass für Liehls Weg in die Landwirtschaft war die 2007/08 einsetzende Wirtschafts- und Finanzkrise, durch die sie ihre vormaligen Tätigkeiten als Angestellte und Finanzberaterin infrage gestellt sah. Der Groschen für die Ziegenhaltung fiel, als sie von ihrem Mann Peter, beruflich Richter am Wiener Landesgericht, zu Weihnachten 2009 zwei trächtige Ziegen geschenkt bekam. Zwar hatte Monika Liehl sich schon seit Längerem für die Ziegenhaltung interessiert, dies aber immer als “Pensionstraum” gesehen. Mit der neuen Situation kam dann die Frage hoch: “Warum mache ich das nicht gleich?” Und sie machte es gleich.
Liehls bauten an Peters großelterlichem Hof in Parndorf, einem für die Region typischen und noch in der ursprünglichen Substanz erhaltenen Streckhof, einen Ziegenstall. Drei Hektar Ackerfläche waren ebenfalls noch vorhanden. Was folgte, war “Lernen durch Handeln”. Monika Liehl informierte sich über die Grundlagen der bäuerlichen Betriebsführung, und sie wollte die Milch ihrer Tiere auch selbst verarbeiten. In Kursen am LMTZ Wieselburg konnte sie die dazu erforderlichen handwerklichen Grundlagen erwerben. Das ihr sehr wichtige Ziel war, die noch melkwarme Ziegenmilch tagesfrisch zu Rohmilchkäse zu verarbeiten. Bald gab es auf dem Hof in Parndorf auch den dafür erforderlichen Verarbeitungsraum. Die Produktpalette besteht aus verschiedenen Frischkäsesorten sowie in kleinerem Umfang auch Ziegen-Schnitt- und -Hartkäse. Vermarktet werden die Produkte ab Hof und auch an die regionale Gastronomie. Mit Liehls Kenntnissen wuchs auch die Ziegenherde. Besonders die Steirische Scheckenziege hatte es ihr angetan. Diese zu den seltenen Nutztierrassen zählende Art bildet heute den Kern ihrer 25 Tiere zählenden Herde. Weiters hält Liehl meist auch einige Weiße Sahnenziegen, um die Milchmenge etwas zu heben. Anzumerken ist, dass Monika Liehl nicht am Öpul teilnimmt und dass der Betrieb zwar “bio” geführt wird, insbesondere beim Futter, dies aber ohne Vertrag mit einem Biokontrollverband.
Auf das wirtschaftliche Ergebnis ihrer Tätigkeit angesprochen, antwortet Monika Liehl: “Wenn nur Familienmitglieder mitarbeiten und wenn man so lebt wie früher, dann geht es sich aus.” In ihrem eigenen Fall bestimmt jedoch eher der Idealismus die Aktivitäten.

Uneigennützig im Dienst der Sache

Marktleben beim
Marktleben beim “Markt der Erde in Parndorf. Nächster Markt ist am 21. Mai. ©Liehl
Dies gilt besonders auch für Monika Liehls Vermarktungsaktivitäten. Denn neben ihrer Liebe zu den Ziegen bestimmt auch der Grundsatz “Das Wichtigste sind gute Lebensmittel” ihr Handeln. Unter “gut” versteht Liehl vor allem Lebensmittel nach den Grundsätzen von Slow Food, die da lauten “gut, sauber & fair”, wobei
• “gut” von hervorragender Qualität bedeutet,
• “sauber” für ökologisch einwandfrei produziert steht, und
• “fair” gleichermaßen für Produzenten und Konsumenten gilt.
Monika Liehl: “Beim Wiederverkauf ist es oft so, dass der Produzent überbleibt.” Das sei bei Slow Food anders. Ihren Weg zu dem im Nordburgenland sehr aktiven Slow Food-Stammtisch habe sie durch die Einladung eines befreundeten Winzers gefunden. Heute ist Liehl im Vorstand von Slow Food-Burgenland aktiv. Frucht dieses Engagements ist der im Jahr 2010 eröffnete “Markt der Erde”, der im Stadel des Liehl’schen Anwesens seine Heimat gefunden hat (Internet: www.marktdererde.at).
Alle zwei bis drei Wochen bieten hier 15 bis 20 regionale Bauern und Lebensmittelproduzenten ihre Produkte an. Dazu kommt weiters eine Schauküche, an der an den Markttagen auch gekocht wird, und eine Weinbar. Liehl zum Gründungsmotiv: “Der Seewinkel ist seit jeher bekannt für ausgezeichnete Produkte, es gab aber keine gemeinsame regionale Vermarktung. Das wollte ich ändern.” Binnen einiger Monate wurde der Stadel entrümpelt, renoviert und marktgerecht ausgestattet. Das Marktkonzept beruht auf Selbstkostenbasis. Es wird nur der Standplatz bereitgestellt, jeder Produzent muss seine Waren auch selbst vermarkten. Zu Beginn sei es schwierig gewesen, Produzenten zum Mitmachen zu bewegen. Heute kann der Parndofer Markt der Erde sogar mit Großprojekten wie der “Markthalle Kulinarium Burgenland” in Eisenstadt mithalten. Bereits rund 5000 Adressen hat Monika Liehl in ihrer Interessentendatei. Monika Liehl: “In diesem Projekt steckt mein Herzblut drinnen. Die Gewinnabsicht steht im Hintergrund”. Wahrscheinlich ist der Markt gerade deswegen erfolgreich.
Die nächsten Markttage sind der 21. Mai und der 4. Juni, jeweils von 9 bis 14 Uhr in der Schulgasse 1g in 7111 Parndorf.

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