Unter Einhaltung der geltenden COVID-19-Bestimmungen fand am vergangenen Freitag das sehr gut besuchte Sommergespräch des Tiroler Bauernbundes beim Gasslbauer der Familie Pittl in Ladis statt. Die Herausforderungen sind vielfältig: Die Themen reichten von der Herkunftskennzeichnung über die Absicherung der heimischen Almwirtschaft bis hin zur Rückkehr des Beutegreifers Wolf, der gerade den Bauern des Tiroler Oberlandes in den letzten Tagen und Wochen einen großen Leidensdruck bereitet.
Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler freute sich über die zahlreichen Interessierten, die seiner Einladung gefolgt waren, und bedankte sich für die kritische Diskussion bis in die späten Abendstunden: „Nur so können wir gemeinsam und zukunftsgerichtet die Herausforderungen der heimischen Berglandwirtschaft bewältigen.“
Klare Bekenntnis zur flächendeckenden Landwirtschaft
„Die Coronavirus-Krise hat eines ganz klar gezeigt: Die Landwirtschaft ist systemrelevant“, erklärte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger im Rahmen der Sommergespräche des Tiroler Bauernbundes. Die Landwirtschaft war und ist von der Coronavirus-Krise nach wie vor betroffen. Einerseits der Lockdown im Tourismus und andererseits die schwierige Situation auf den Märkten setzten den bäuerlichen Familienbetrieben zu. „Wir stehen als Bundesregierung hinter unseren Bäuerinnen und Bauern, daher haben wir rasch reagiert. Neben den Sofortmaßnahmen haben wir das größte Entlastungs- und Investitionspaket mit einem Volumen von 400 Mio. Euro auf den Weg gebracht. Die steuerlichen Entlastungen für die Landwirtschaft werden mit 50 Mio. Euro bereits rückwirkend mit 1. 1. 2020 in Kraft treten. Damit setzten wir Jahrzehnte lange Forderungen um“, erklärte Köstinger und ergänzt: „Das Paket runden der Kinderbonus in der Höhe von 360 Euro je Kind und die Investitionsprämie auch für bäuerliche Familienbetriebe ab. Die Prämie von sieben bis 14 Prozent der Investitionskosten wird nicht nur ein wichtiger Motor für die Landwirtschaft, sondern für den gesamten ländlichen Raum sein. Damit können Investitionen, vom Neubau einer Halle, eines Stallgebäudes, bis hin zum Biomasse-Heizwerk oder PV-Anlagen auf Stalldächern, gefördert werden. Und zwar zusätzlich zu anderen Förderinstrumenten.“
Einen Fokus wird die Landwirtschaftsministerin auch auf die Stärkung regionaler Lebensmittelproduktion setzen, um gestärkt aus der Krise zu gelangen. „Wenn wir den Konsum von regionalen Lebensmitteln um 20 Prozent steigern können, würden laut einer Studie der Hagelversicherung 46.000 Arbeitsplätze geschaffen und die Wertschöpfung in den Regionen könnte um 4,6 Milliarden Euro gesteigert werden“, ist die Landwirtschaftsministerin überzeugt. 2,5 Millionen Personen essen täglich außer Haus und 500.000 Portionen werden täglich in der Gemeinschaftsverpflegung verabreicht. In diesem Bereich sieht die Ministerin großes Potenzial: „Es gibt überhaupt keinen Grund, warum öffentliche Dienststellen nicht viel stärker auf regionale Lebensmittel setzen sollten. Wir müssen da mit gutem Beispiel vorangehen, von der Polizei übers Bundesheer bis hin zu Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten. Gemeinsam mit den Ländern haben wir dazu ein Projekt initiiert. Es muss der Vergangenheit angehören, dass wir Butter oder Fleisch aus anderen Ländern in unseren öffentlichen Großküchen verarbeiten.“
Abschließend ging die Ministerin noch auf die notwendigen Rahmenbedingungen seitens der EU-Kommission ein. „Bundeskanzler Sebastian Kurz hat für die Landwirtschaft einen Meilenstein in der österreichischen Agrarpolitik erreicht. Mit 35 Mio. Euro wird das Agrarbudget für Österreich erstmals seit vielen Jahren steigen, ursprünglich hatte die EU eine Kürzung um 770 Mio. Euro für Österreich vorgesehen, das konnten wir in einem Verhandlungsmarathon abwenden. Damit geben wir unseren Bäuerinnen und Bauern Sicherheit. Genau die gleiche Sicherheit fordere ich auch beim Umgang mit den Wölfen von der EU-Kommission ein. Wir brauchen klare und praktikable Regelungen, um Alm- und Weidewirtschaft auch in Zukunft möglich zu machen“, appellierte Bundesministerin Elisabeth Köstinger.
Thema Wolf beschäftigt die Tiroler Bauern
Hauptthema bei allen Sommergesprächen war die Rückkehr des Beutegreifers Wolf. „Es haben bereits mehr als zehn Almen ihre Tiere frühzeitig von den Almen gebracht und wir verzeichneten landesweit mehrere Dutzend Wolfsrisse. Das ist eine absolut inakzeptable Situation. Die wirtschaftlichen und emotionalen Schäden sind enorm und das Tierleid, das hier unseren Weidetieren zugefügt wird, ist nicht in Worte zu fassen“, so Geisler. Die Entnahme von Problemwölfen müsse schnellstens ermöglicht werden. „Parallel dazu werden wir jedoch alle Hebel in Bewegung setzen, um die Ausweisung von sensiblen Weidezonen in Österreich zu ermöglichen und gleichzeitig den hohen Schutzstatus des Wolfes auf EU-Ebene herabzusenken, wobei es ein Bohren harter Bretter ist“, so Geisler. Wenn man die Wolfspopulation europaweit betrachtet, so stellte Geisler folgendes fest: „Bei europaweit 30.000 Exemplaren ist für mich der Beutegreifer Wolf nicht mehr vom Aussterben bedroht.“
In diesselbe Kerbe schlug auch Elmar Monz, Bezirksbauernobmann von Landeck: „Der Beutegreifer Wolf hat bei uns einfach keinen Platz.“
Geisler fordert weniger Schlupflöcher bei Lebensmitteln
Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler fordert gerade in Zeiten von Corona und dem damit einhergehenden gesteigerten Bewusstsein für Regionalität, Nachhaltigkeit und Selbstversorgung eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Gesundheitsminister Anschober ein. „Nur mit dem Kauf heimischer Lebensmittel bekommt der Kunde das Gesamtpaket bestehend aus Frische und Qualität, nachvollziehbaren und kontrollierten Haltungsformen, Umwelt- und Klimaschutz und den Erhalt der Wertschöpfung in der Region“, so Geisler, der derzeit mit den Ortsbauernobmännern eine flächendeckende Kampagne zur verpflichtenden Herkunftskennzeichnung durchführt.
„Es gibt bereits sehr viele Vorzeigekooperationen, jedoch auch viele Schlupflöcher, wo die Menschen nicht erfahren, woher die Inhalte ihres Essens kommen“, spricht Geisler beispielsweise Eigenmarken im Supermarkt und die fehlende Herkunftsangabe in Mensen und öffentlichen Großküchen an.
Starker Bund braucht starke Wurzeln
Darüber hinaus schwor Bauernbunddirektor BR Dr. Peter Raggl die anwesenden Bauernbündler auf die bevorstehenden Urwahlen im Herbst ein: „Es ist wichtig, dass wir bei den Neuwahlen im Herbst unsere Weichen für die bevorstehende Periode richtig stellen. Der Bauernbund ist nur dann ein guter Bund, wenn wir auf allen Ebenen starke Vertreter aus den eigenen Reihen aufstellen können, und die Wurzel des Bauernbundes liegt nun einmal in den einzelnen Ortsgruppen, direkt bei unseren Mitgliedern.“
- Bildquellen -
- IMG 4065: TBB
- PGP 6842b: BMLRT/Paul Gruber
- IMG 4056: TBB