„Burgenland-Molkerei“ erhitzt die Gemüter

500.000 Kilogramm Rohmilch will Landeshauptmann Doskozil pro Jahr verarbeiten lassen. "Ein Hobby" nennt das VÖM-Geschäftsführer Költringer.

Vergangene Woche ließ Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) mit Plänen für eine landeseigene Biomolkerei aufhorchen. „Es gibt seit über 15 Jahren keine Molkerei im Burgenland. Ein Nachteil, den wir jetzt kompensieren wollen”, teilte Doskozil mit. Fixe Absatzmöglichkeiten, Preisstabilität und nicht zuletzt kurze Transportwege sprächen für die Eröffnung. Geht es nach dem Landesfürsten, soll noch im heurigen Jahr an gleich zwei Standorten mit der Milchverarbeitung begonnen werden. Im Mittelburgenland werde eine Bio-Molkerei den Betrieb aufnehmen und in der Landwirtschaftlichen Fachschule Güssing wolle man eine Schaukäserei für die zugehörige Produktveredelung einrichten. Geplante Gesamtkapazität: etwa 500.000 Kilogramm Rohmilch pro Jahr, vorwiegend um den Bedarf der landeseigenen Großküchen zu decken. Bekanntermaßen hat sich das Burgenland – wie auch die Stadt Wien – dazu verpflichtet den Bio-Anteil in der öffentlichen Verpflegung kräftig anzuheben. Bis zum Jahresende soll in Schulen und Kindergärten ausschließlich Bio-Qualität auf den Tisch kommen.

161 Kühe, drei Betriebe

Ob der geringen Produktionskapazität bezeichnet Johann Költringer, Geschäftsführer des Verbands der heimischen Milchverarbeiter (VÖM), die Pläne gegenüber der Tageszeitung „Der Standard“ als „Hobbymolkerei des Landeshauptmanns“. Die geplante Kapazität genüge gerade einmal für ein bis zwei Milchbauern. Tatsächlich betrug die durchschnittliche Milchanlieferung in Österreich zuletzt 144.000 Kilogramm je Hof und Jahr.

Laut Angaben der Landwirtschaftskammer ist die Biomilchproduktion im Burgenland aber ohnehin überschaubar. Gerade einmal 161 Biokühe zählte die Statistik Austria zum Jahreswechsel. Diese stehen auf drei Höfen, einer davon setzt zur Gänze auf Direktvermarktung. Die 68 konventionell wirtschaftenden Milchbauern liefern an Berglandmilch und NÖM.

Bio Austria vermisst Ambitionen für Biogetreide

Selbst Bio Austria-Burgenland Obmann Franz Traudtner empfahl im Gespräch mit „Der Standard“ eher auf bestehende Synergien in der Milchverarbeitung zu setzen. In einem ORF-Interview äußerte er außerdem seinen Unmut, dass es aus Eisenstadt keinerlei vergleichbare Impulse für die Ernte der 30.000 Hektar Biogetreide gäbe. Auch hier sei mein laut Traudtner auf Vermarktung und Verarbeitung in anderen (Bundes-) Ländern angewiesen.

VP ortet “Schlagzeilenpolitik”

Harsche Kritik hagelt es auch von Seiten der Opposition. Die Grünen sehen für das Vorhaben schlicht „keine Notwendigkeit“. Carina Laschober-Luif, VP-Agrarsprecherin im burgenländischen Landtag, vermisst außerdem die Einbindung der betroffenen Bauern: „Laut Medienberichten wissen die heimischen Bio-Landwirte nichts Konkretes.“ Für sie sei das erneut ein klarer Fall von „Schlagzeilenpolitik“. Im Hinblick auf die ambitionierten Bio-Pläne in der Landesverpflegung ortet Laschober-Luif außerdem Doppelmoral. Statt 100 Prozent Bio sei in burgenländischen Schulen derzeit noch deutsches Import-Joghurt an der Tagesordnung, so die Bauernbündlerin. Details zur Umsetzung der „Burgenland-Molkerei“ will das Büro des Landeshauptmanns noch im Frühjahr bekanntgeben.

 

- Bildquellen -

  • Milchverarbeitung: agrarfoto.com
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AUTORClemens Wieltsch
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