Biostimulanzien: “Leider gibt es kein Wundermittel”

Bei Biostimulanzien gibt es eine enorme Marktdynamik. Neben Branchengrößen bringen auch viele mittlere und kleinere Unternehmen neue Produkte auf den Markt. Dr. Thomas Assinger, Fachmann für diesen Bereich bei Syngenta Agro, antwortet auf Fragen zu Einsatzfällen und Wirkungssicherheit.

Auch bei Biostimulanzien ist es erforderlich, die Anwendungshinweise genau zu beachten.

Forschungsunternehmen engagieren sich intensiv auf dem Gebiet der Biostimulanzien. Was sind die Motive dafür?
Assinger: Der Klimawandel und zunehmende Restriktionen bei Düngung und Pflanzenschutz verursachen bei landwirtschaftlichen Kulturen Ertrags- und Qualitätseinbußen. Wir sind überzeugt, dass Biostimulanzien ein wirksames Instrument sind, um diese Einbußen zu reduzieren. Auch die neuen Rahmenbedingungen innerhalb der EU (Green-Deal, SUR, andauernder Wirkstoffverlust) erfordern neue Lösungen, die den Anforderungen an Umwelt, Handel, Politik und schließlich Endverbrauchern entsprechen.

Quelle: Syngenta Agro
Zur Person: Dr. Thomas Assinger ist Fachmann für Biostimulanzien bei der Firma Syngenta Agro

Die Einsatzgebiete der Biostimulanzien sind sehr vielfältig. Für welche Anwendungsfälle ist die Forschung am weitesten?
Besonders vielversprechend ist der Bereich „effizientere Nährstoffverwendung“. Hier sehen wir für die Zukunft eine große Entwicklung.

Standardisierte Prüfmodelle zur Wirkung der neuen Produkte sind erst in Entwicklung. Was sind für den Landwirt verlässliche Anhaltspunkte für die Wirkung der Mittel?
Leider gibt es viele Produkte am Markt, die kaum geprüft sind. Wir gehen hier einen professionellen Weg mit wissenschaftlichem Ansatz, der qualitativ hochwertige Produkte sichert. Syngenta forscht auf dem Gebiet Biostimulanzien seit mehr als zehn Jahren, zusätzlich wurde im Jahr 2020 die Firma Valagro gekauft, ein weltweit marktführendes Unternehmen in diesem Bereich mit 40 Jahren Erfahrung.
Um den Landwirten Empfehlungen zum Einsatz geben zu können, prüfen wir die Produkte in unserem breiten Versuchswesen unter lokalen Feldbedingungen. Allein im Vorjahr hat Syngenta in Europa über 800 Versuche mit Biostimulanzien angelegt.

Versuchsergebnisse aus der Praxis sind teils ernüchternd, teils machen sie Hoffnung. Hundertprozentige Wirkungsgrade, wie man sie vom chemischen Pflanzenschutz gewohnt ist, erwarten die Anwender aber meist vergeblich. Ist man mit den Produkten zu früh am Markt?
Leider gibt es kein „Wundermittel“ und auch bei zugelassenen Pflanzenschutzmitteln die mindestens 80 % Wirkungssicherheit bringen müssen, kann es passieren, dass bei falscher Anwendung (Zeitpunkt, Applikationstechnik, Dosierung …) der gewünschte Erfolg ausbleibt.
Biostimulanzien haben meist ein spezifisches Einsatzgebiet. Gegen starken Frost oder vier Wochen Hitze kann allerdings überhaupt kein Mittel etwas ausrichten. Unser bedeutendstes Produkt gegen abiotischen Stress hilft aber den Pflanzen, einen abrupten Temperatursturz in der Vegetation, beispielsweise an die Null-Grad-Grenze, besser zu überstehen und im Vergleich zur Kontrolle verbesserte Erträge zu bringen. Die ertragssichernde Wirkung ist in diesem Fall für Weizen und auch andere wichtige Ackerkulturen bestätigt.
Wir sind mit den Produkten nicht zu früh am Markt. Jedoch muss der Landwirt lernen, mit Biostimulanzien umzugehen und wir als Industrie dürfen nicht zu viel versprechen.

Wie weit achten die Hersteller auf eine positive Kosten-Nutzen-Relation für den Landwirt?
Das sollte in Zentrum stehen. Wir führen die Produkte bei einem positiv-wirtschaftlichen Gewinn ein. Eine Garantie gibt es aber nicht. Wir arbeiten nun mal im Feld mit unterschiedlichen Gegebenheiten und nicht im Labor bei standardisierten Bedingungen.
Biostimulanzien, wie unser bedeutendstes Produkt zur effizienten Nährstoffnutzung, beruhen oft auf lebenden Mikroorganismen mit spezifischen Wachstumsansprüchen. Mit Azotobacter salinestris haben wir für dieses Produkt einen sehr robusten Bakterienstamm gewählt, der unter guten – sprich feucht-warmen Bedingungen – die Pflanzen mit 30 bis 40 kg Stickstoff aus der Luft versorgen kann.
Ist es allerdings zu trocken für die Vermehrung des Bakteriums, dann kann die Stickstoff-Fixierung geringer ausfallen. Aber selbst wenn mit etwa 20 kg Stickstoff nur die Hälfte des maximalen Erfolges erreicht wird, wäre bei den aktuellen Düngerpreisen der Einsatz des Mittels immer noch gerechtfertigt.

 

- Bildquellen -

  • 2308 W Thomas Assinger1: Syngenta Agro
  • 2308 W Raps Spritze01: agrarfoto.com
- Werbung -
AUTORH.M.
Vorheriger ArtikelBiostimulanzien: Starke Pflanzen mit den Kräften der Natur
Nächster ArtikelAugen auf beim Kauf: Vegan ist nicht immer klimaschonend