Bauernschaft kritisiert „Regulierungswut“ der EU

Das Renaturierungsgesetz sorgt weiterhin für Unverständnis und Verunsicherung innerhalb der Land- und Forstwirtschaft. Bei einem Lokalaugenschein mit Bäuerinnen und Bauern im Mühlviertel äußerte sich Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger kritisch über die Pläne der EU und warnte vor den möglichen negativen Auswirkungen auf die heimischen Betriebe.

Andreas Hackl im Gespräch mit Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger

Das auf EU-Ebene beschlossene Rena­turierungsgesetz sorgt weiterhin für zahlreiche Diskussionen und viel Unmut innerhalb der Bauernschaft. Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger traf sich vergangene Woche zum Austausch mit betroffenen Bäuerinnen und Bauern und besichtigte gemeinsam mit ihnen Flächen in der Mühlviertler Gemeinde Weitersfelden. „Wir bekommen immer mehr aufs Auge gedrückt. Die Regulierungswut ist nicht mehr auszuhalten“, betonte der örtliche Bauernbund-Obmann Andreas Hackl gegenüber den OON. Da es sich in der Region ohnedies bereits um ein Natura-2000-Gebiet handelt, sehen die Bäuerinnen und Bauern wenig Spielraum für zusätzliche Renaturierungsmaßnahmen. Sie fürchten beispielsweise eine Pflicht zur Wiedervernässung ihrer Grünlandflächen: „Müssen wir Drainagen zustoppeln, wird eine Bewirtschaftung unmöglich“, warnte Hackl eindringlich.

„Wir bekommen immer mehr aufs Auge gedrückt. Die Regulierungswut ist nicht mehr auszuhalten.“ Andreas Hackl

Langer-Weninger zeigte sich nicht nur ver­ständnisvoll gegenüber den Sorgen der Bauernschaft, sondern äußerte selbst scharfe Kri­tik am aktuellen Stand der geplanten Re-
na­turierungsverordnung: „Das Renaturierungsgesetz ist zwar gut gemeint, aber mangelhaft umgesetzt. Was bisher vorliegt, sind Überschriften mehr nicht. Das führt zu gro­ßer Verunsicherung. Mit der Zustimmung von Ministerin Gewessler wurde der EU ein Blankoscheck zur genauen Ausgestaltung erteilt.“

Bürokratische Hürden und unklare Zielvorgaben

Die Land- und Forstwirtschaft sei nicht per se gegen Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen. Ganz im Gegenteil: Viele Betriebe wirtschaften bereits biologisch, setzen ÖPUL-Maßnahmen um oder engagieren sich im Vertragsnaturschutz. Was jedoch auf Unverständnis stößt, sind neue Vorschriften, die in Österreich oftmals strenger umgesetzt werden als in vergleichbaren Nachbarländern. 

„Wir brauchen Planungssicherheit und keine ideologisch getriebenen Utopien.“ Michaela Langer-Weninger

Langer-Weninger sprach auch das Fehlen eines echten Dialogs mit den Hauptbetroffenen an. Stattdessen werde von oben herab diktiert: „Anstatt den Bäuerinnen und Bauern als treuen Partnern beim Umwelt- und Klimaschutz die Hand zu reichen, stößt die EU die bäuerliche Gemeinschaft vor den Kopf.“ Besonders kritisierte sie die Tatsache, dass bislang völlig unklar sei, wer denn schlussendlich die Kosten für zusätzliche Maßnahmen tragen werde. „30.000 Bäuerinnen und Bauern möchten wissen, worauf sie sich einlassen und wer das alles bezahlen soll. Die Bäuerinnen und Bauern können das jedenfalls nicht sein“, stellte die Agrarlandesrätin unmissverständlich klar.

Ein weiterer zentraler Kritikpunkt ist die zunehmende Bürokratie, die mit dem EU-Renaturierungsgesetz einhergehen werde. Langer-Weninger warnte vor einem „Bürokratiemonster“, das mit umfangreichen Kontrollinstanzen und jährlichen Überprüfungen viele Ressourcen binden werde. „Die Bürger wünschen sich weniger Bürokratie von der EU. Welches Signal ist es dann, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das umfangreiche Kontrollinstanzen vorsieht, die allein in Österreich hunderte Personen ganzjährig beschäftigen wird und europaweit nach groben Schätzungen der Kommission Gesamtkosten von mindestens 154 Milliarden Euro verursacht?“, fragte sich die Bauernbund-Landesobfrau.

Auch die möglichen wirtschaftlichen Folgen der geplanten Maßnahmen bereiten den Bäuerinnen und Bauern große Sorge. „Flächenstilllegungen gefährden nicht nur die Versorungssicherheit sondern nehmen auch unseren landwirtschaftlichen Betrieben die Existenzgrundlage. Das halte ich für grob fahrlässig und brandgefährlich. Was unsere Bäuerinnen und Bauern brauchen ist Planungssicherheit und keine ideologisch getriebenen Utopien“, betonte Langer-Weninger.

Naturschutz nur gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern

Auch wenn die Maßnahmen der EU-Kommission derzeit als national „freiwillig“ umsetzbar kommuniziert werden, müssten die Ziele am Ende nachweislich erreicht werden. Sieht die EU-Kommission diese nicht erreicht, könne sie weitere delegierte Rechtsakte erlassen und die Daumenschrauben enger drehen. Damit werde einer Entwicklung Tür und Tor geöffnet, dass Eigentümer und Bewirtschafter nur mehr bedingt frei entscheiden können und zunehmend der Willkür von wechselnden EU-Bürokraten ausgeliefert seien. Denn delegierte Rechtsakte werden nicht demokratisch in Parlamenten entschieden, sondern von Beamtenschreibtischen aus diktiert und auf den Weg gebracht. 

Die Probleme dürfen nicht einfach wieder gänzlich der Land- und Forstwirtschaft umgehängt werden. Verbesserungen könnten auch nur mit den Bäuerinnen und Bauern gelingen und keinesfalls ohne oder gegen sie. „Es sind unsere Bäuerinnen und Bauern, die das verursachte CO2 wieder kompensieren und das seit Generationen. Von außen brauchen wir keine lauten Stimmen, die uns erklären, wie Landwirtschaft funktioniert. Keine andere Branche ist so eng mit der Natur verbunden und leistet gleichzeitig so viel für ihren Erhalt. Naturschutz mit statt gegen die Bauern“, ist Langer-Weninger überzeugt.

Die heimische Bauernschaft fordert indes, dass alle Teile der Gesellschaft einen angemessenen Beitrag für intakte Ökosysteme und den Erhalt der Kulturlandschaft leisten müssen. Wer es mit Naturschutz bzw. Renaturierung ernst meint, wird alle Sektoren und Flächen in die Pläne einbeziehen müssen von öffentlichen Sportplätzen, Park- und Grünanlagen über Firmenareale bis zu potenziellen Bauplätzen und privaten Hausgärten.

- Bildquellen -

  • 0L4A5987: Land OÖ
- Werbung -
AUTORThomas Mursch-Edlmayr
Vorheriger ArtikelDe-minimis-Beihilfen: Anhebung geplant
Nächster Artikel58. Stutfohlenauktion in Ebbs: Höchstpreis für Helene