Bedeutende Volkswirtschaft und leistungsstarkes Agrarland: Das ist Südafrika von der ökonomischen Seite betrachtet. Trotz seiner fortschrittlichen Entwicklung kämpft das Land aber mit großen Problemen: Die Kriminalität ist hoch, die Arbeitslosigkeit liegt bei 21 Prozent (inoffiziell bei 40 Prozent), die Unterschiede zwischen Arm und Reich gehören zu den größten der Welt. In der Landwirtschaft existiert immer noch eine Doppelstruktur zwischen der produzierenden Landwirtschaft einerseits und einer kleinbäuerlich geprägten Subsistenzwirtschaft andererseits.
Zahl der Farmen sinkt
Mit der “Landreform” versucht die Regierung seit Jahren, Farmland von der weißen an die schwarze Bevölkerung umzuverteilen – um die “koloniale Landnahme” zur Zeit der Apartheid auszugleichen. Die Erfolge sind allerdings bislang ernüchternd, wie auch öffentliche Stellen zugeben. Viele weiße Bauern werfen das Handtuch. “Offiziell wegen der schwierigen klimatischen Bedingungen”, sagt die österreichische Botschafterin in Südafrika Brigitte Öppinger-Walchshofer, “inoffiziell aber oftmals wegen der herrschenden Unsicherheit. Die Farmer wissen nicht, ob ihnen das Land auch in fünf Jahren noch gehört.” Viele der schwarzen Neufarmer sind zudem schlecht ausgebildet, die umverteilten Flächen werden oft nicht optimal genutzt oder liegen brach. Die Regierung versucht mit strengeren Auswahlverfahren und Unterstützungen für Neufarmer entgegenzuwirken, trotzdem droht die Reform zu scheitern. Es ist ein gefühlsmäßig beladenes Thema, das Ängste hervorruft. Denn mit der Enteignungspolitik sind etwa in Simbabwe unter Präsident Mugabe viele weiße Farmer enteignet worden – mit der Folge, dass Felder brach liegen und die Wirtschaft geschwächt ist. Fakt ist: Die Zahl der Farmen in Südafrika nimmt ab. Neben der Trockenheit – Südafrika ist stark vom Klimawandel betroffen – sind es auch die genannten sozialen Konflikte, die den Strukturwandel voranschreiten lassen. Gab es 1996 noch 60.000 professionelle Farmen in Südafrika, waren es zehn Jahre später nur mehr 37.000. Damit sinkt auch die Lebensmittelproduktion. “Das Land galt bisher als lebensmittelsicher, die Importe werden nun aber mehr”, so die Botschafterin. Daran werden auch die vielen Kleinbauern mit Subsistenzwirtschaft so schnell nichts ändern können. Ihnen fehlt der Zugang zu Technologie und Produktionsressourcen “Die Kleinbauern bräuchten Finanzierungsmöglichkeiten, um in eine effiziente Produktion zu investieren”, sagt Vuyo Mahlati, die Präsidentin der Kleinbauernvereinigung AFASA in Südafrika, bei einem Gespräch mit Agrarlandesrat Max Hiegelsberger. Der Aufbau eines Genossenschaftswesens wie in Österreich wäre ein Weg, um den Kleinbauern den Zugang zu Maschinen und Kapital zu erleichtern und die Kosten zu senken
Vom Banker zum Farmer
Um die (professionelle) Landwirtschaft in Südafrika weiterzuentwickeln, setzt man auf “Effizienzstei-gerung, Innovation und Diversifizierung”, sagt der Landwirtschafts-minister von Westkap Alan Winde.Ein funktionierendes Beispiel dafür ist Farmer Angus McIntosh. Er hat sich auf seiner Farm in der Nähe von Kapstadt auf biodynamische Wirtschaftsweise spezialisiert. “Was mache ich und warum mache ich es?” – danach wägt McIntosh seine Aktivitäten ab. Das dürfte auch für seinen persönlichen Sinneswandel ausschlaggebend gewesen sein. McIntosh hat Finanzwesen und Management studiert und bei Goldman Sachs in London gearbeitet. Nachdem er das Buch “The Omnivore´s Dilemma” (“Das Omnivoren-Dilemma) von Michael Pollan gelesen hatte, entschied er, selbst Lebensmittel zu produzieren. Also ging er zurück in seine Heimat Südafrika, wo er nun seit acht Jahren als Farmer den Betrieb der Eltern seiner Frau geleast hat. 126 Hektar Weide sind die Basis, auf denen er 300 Rinder, 60 Schweine und 3600 Legehennen hält. Das Weidemanagement basiert auf intensiver Beweidung (“high-density-grazing): 300 Rinder grasen für vier Stunden auf einem Hektar, dann werden sie auf die nächste Koppel getrieben. “Damit gelangt genügend Dung auf die Fläche”, sagt McIntosh. Ställe braucht er aufgrund des milden Klimas keine, lediglich den Hühnern stehen auch “Eggmobiles” (mobile kleine Ställe) zur Verfügung. Eine Herausforderung sei die Trockenheit, so McIntosh. Der Jahresniederschlag liegt bei etwa 600 bis 700 ml, die Weidefläche wird deshalb bewässert. Vermarktet werden die Produkte in der eigenen Hotelanlage sowie in diversen Restaurants und Geschäften in der Umgebung. Etwa 80 Rand bekommt er pro Kilogramm Fleisch (5,30 Euro), das “Doppelte des sonst üblichen”, sagt McIntosh. Zusätzlich produziert McIntosh auf 21 Hektar Wein – ein Großteil dieser Produktion wird exportiert. Dass Angus ein findiger Farmer ist, beweist nicht zuletzt sein Verkauf von CO2-Zertifikaten für seinen humusreichen Boden. Um die Arbeit zu bewältigen, beschäftigt McIntosh 40 Angestellte. Der Lohn für die Arbeiter liegt bei 4000 Rand pro Monat (260 Euro), was etwa dem Durchschnittseinkommen in Südafrika entspricht.
Pinzgauerzucht und Wein mit Rotbuschholz
Auch Mitch hat seinen eigenen Weg eingeschlagen und sich der Pinzgauerzucht auf seinem Betrieb in der Nähe von Johannesburg verschrieben. “Zartheit und Marmorierung des Fleisches” hätten ihn überzeugt. Als er vor 14 Jahren damit begonnen hatte, war er einer von vier Pinzgauerzüchtern in Süd-afrika, mittlerweile liegt die Zahl bei 160. Auch Mitch hält die Rinder ganzjährig auf der Weide, die er großteils von anderen Besitzern gemietet hat. Zusätzlich wird den Kühen auch Gemüse verfüttert, etwa 20 Tonnen pro Tag. Ein eigenes Embryolabor am Betrieb ermöglicht ihm punktgenaue Züchtung, die Stiersamen stammen auch aus Österreich. Schlachtung und Zerlegung des Fleisches erfolgen am Betrieb, vermarktet werden sie im eigenen Hofladen und Restaurant. Nach dem Motto “differenciate or die” (deutsch: differenziere dich oder stirb) arbeitet die Weinfarm “Audacia” in Stellenbosch, eine für den Wein-anbau bekannte Region bei Kapstadt. Auf 32 Hektar wird dort Wein produziert. “Nur 15 Prozent der Weinbau-ern in der Region wirtschaften profitabel”, erklärt der Besitzer, 85 Prozent des Weines werde unter 50 Rand/Flasche (3,30 Euro) verkauft. Die Macht des Handels sei das große Problem. Am Audacia-Betrieb hat man deshalb eine eigene Marke kreiert: Einer Weinsorte werden Holzchips aus Rotbusch hinzugefügt, womit man sich die Zugabe von Schwefel und anderen Konservierungsstoffen erspart. Verkauft wird der Wein aufgrund dieser Eigenschaft als “gesündere Alternative”. Für Agrarlandesrat Max Hiegelsberger ist die spezielle Ausrichtung der besuchten Betriebe ein Zeichen dafür, dass Landwirtschaft weltweit ähnlich funktioniert: “Man muss sich unterscheiden, den eigenen Markt absichern und auf Qualität setzen.” In Südafrika gilt dieses “Unternehmertum” besonders, denn dort werden den Landwirten keine Förderungen bezahlt.
Agrarstruktur: Zahlen und Fakten
In Südafrika spricht man von “commercial farms” (professionelle Betriebe) und “small-holder farms” (Kleinbauern mit groöteils Subsistenzwirtschaft). •
In Südafrika gibt es derzeit 30.000 professionelle Farmen, 1996 waren es 60.000 Betriebe, 2007 39.000. Demgegenüber stehen etwa 1,3 Millionen Kleinbauern. Der Anteil der schwarzen professionellen Farmer nimmt – langsam – zu.
• 75 Prozent der Agrarfläche werden von den professionellen Farmen bewirtschaftet, 25 Prozent (%) von den Kleinbauern.
• Landwirtschaftliches Einkommen: 44 % Viehhaltung (v.a. Fleisch), 11 % tierische Produkte, 25 % Gartenbau (Obst, Gemüse, Wein), 19 % Acker und Feldfrüchte. Agrarisch dominierend ist die Region Westkap mit Wein und Obstbau. • Agrarische Exporte: 64 % Obst, Gemüse und Wein, 18 % tierische Produkte, 18 % Feldfrüchte
• Einwohner Südafrika: 54 Millionen, Fläche: 1,22 Mio. km2 (Ö: 84.000 km2), landwirtschaftliche Fläche: 16,7 Mio. ha., 14 % der Gesamtfläche (Ö: 3,1 Mio. ha, 38 % der Gesamtfläche)
Anni Pichler