Der Präsident des Österreichischen Bauernbundes, Ök.-Rat Jakob Auer, war vergangenen Freitag auf Bezirkstour in Reutte. Gemeinsam mit Bauernbunddirektor Peter Raggl und Bezirksbauernobmann Richard Wörle besuchte er Bauernfamilien im Bezirk, stand Medienvertretern Rede und Antwort und berichtete am Abend bei einer großen Frühjahrskonferenz den Bauern.
Die Berglandwirtschaft im Bezirk Reutte ist sehr kleinstrukturiert wie sonst nirgendwo. „Es gibt bei uns ca. 700 Betriebe, von denen 20 Prozent Biobetriebe sind. Derzeit haben wir 305 Milchlieferanten, die durchschnittlich 29.000 kg/Jahr liefern. Darüber hinaus gibt es in Reutte drei Kleinmolkereien, die ca. 8,9 Millionen Kilo Milch verarbeiten“, nennt Bezirksbauernobmann Richard Wörle Zahlen zur Landwirtschaft in seinem Bezirk. Wörle betonte den hohen Stellenwert der Almwirtschaft im Außerfern. Immerhin wurden auf den 110 Almen im Vorjahr an die 7500 Rinder aufgetrieben. „Bei uns haben die Rinder quasi noch Familienanschluss. Ich kenne keinen Bauern, der seinen Kühen und Kälbern keinen Namen gibt. Durch die Kombination von Almwirtschaft und Anbindehaltung entsteht für die Tiere ein ausgewogener Mix aus Bezug und Nähe zum Menschen und über 100 Weidetagen im Jahr“, schildert Wörle den Sachverhalt. Was dem jüngsten Bezirksbauernobmann Tirols jedoch zu denken gibt, ist deshalb die Debatte zum Thema Anbindehaltung: „Wenn es dem Tier nicht gut geht, geht es auch unseren Bauern nicht gut. Erfolg und Wirtschaftlichkeit in der Landwirtschaft gehen nur einher mit dem Wohlergehen der Tiere. Deswegen finde ich es sehr bedenklich, wenn aktuell Handelsketten die Anbindehaltung pauschal als schlecht darstellen“, so Richard Wörle.
„Wir sind zunehmend mit dem Problem konfrontiert, dass die wenigen Handelsketten, die sich den heimischen Lebensmittelmarkt aufteilen, zwar gerne mit Tirol und Tirols Bauern werben, aber gleichzeitig den Endverbrauchern das Märchen vom sprechenden Schwein und dem Rind mit Ganzjahresfreilauf auftischen“, ergänzt Bauernbunddirektor Dr. Peter Raggl. „Schon seit längerer Zeit beobachten wir, dass Konsumenten durch diese realitätsfremden Werbemaßnahmen stark verunsichert werden. Viele Menschen haben leider keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft oder gar zu landwirtschaftlichen Nutztieren. Auch in der Haustierhaltung orten wir eine Zunahme an ,Vermenschlichung‘ von Tieren. Das beginnt bei der Fütterung und zieht sich hin bis zur Haltung – das tut weder dem Tier gut noch dem Menschen“, zeigt Raggl auf und er konkretisiert seine Bedenken: „Massentierhaltung aus dem Ausland, wo Kälber auf Beton geboren werden und die Kuh nach einem kurzen Hochleistungsleben auf Beton wieder stirbt, wird als artgerechtere Halteform verkauft als unsere Außerferner Sieben-Kuh-Betriebe, wo jedes Tier mindestens 100 Tage im Jahr auf der Alm oder auf der Weide unterwegs ist.“ Raggl appelliert an die Vernunft der Konsumenten: „Jeder entscheidet beim täglichen Einkauf, welche Landwirtschaft er/sie will.“ Der Bauernbund setzt sich seit Jahren mit Aktionen wie „Heimisch Kaufen“ für regionale Lebensmittel ein.
Und Wörle fügt hinzu: „Wir haben z. B. im Außerfern Kleinstmolkereien, die Milch verarbeiten und es gibt an die 100 Direktvermarkter, die beste bäuerliche Produkte verkaufen – an Möglichkeiten mangelt es nicht.“
Tragende Säule Viehwirtschaft
Der Präsident des österreichischen Bauernbundes, Jakob Auer, hob die Bedeutung der Rinderhaltung hervor. „Die Viehwirtschaft ist eine tragende Säule der Landwirtschaft und damit der „Taktgeber für die Entwicklung in den Dörfern und Tälern“. Umso wichtiger sei die jetzt fixierte Lösung im Tierschutzgesetz und die Rechtssicherheit für Rinderbauern. Denn Romantik und Idealismus sind zu wenig. Alleine durch höhere Produktpreise können die Bäuerinnen und Bauern die wichtigen Tierschutzmaßnahmen auch finanzieren. „Wenn die Bauern 20 Cent pro Liter mehr für den Milchpreis bekommen, dann können sich alle den Tierschutz bestellen, den sie sich wünschen“, so Auer. „Unsere kleinen bäuerlichen Betriebe können nicht allein von romantischer Werbung leben. Sie brauchen auch Produktpreise, von denen sie leben können.“