Ungewohnt klar äußerte sich im September die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, zur gegenwärtigen Wolfssituation in Europa: „Die Konzentration von Wolfsrudeln in einigen europäischen Regionen ist zu einer echten Gefahr für Nutztiere und potenziell auch für den Menschen geworden.“ Daher werde man den Schutzstatus des Wolfs in der Union nun prüfen, hieß es. Zu diesem Zweck waren „Kommunen, Wissenschaft und alle am Thema Interessierten“ bis vergangene Woche Freitag aufgefordert, Daten und Informationen über Wolfspopulationen und deren Auswirkungen zu übermitteln. 

„Ohne die regelmäßigen Interventionen in Brüssel aus den Bundesländern hätte dieser Schritt wohl noch länger auf sich warten lassen“, zeigt sich auch die ÖVP-Agrarsprecherin im EU-Parlament, Simone Schmiedtbauer, erfreut über die Trendwende in der EU-Exekutive. Für Kärntens Vize-Landeshauptmann und Agrarlandesrat Martin Gruber kommt diese jedoch etwas spät. „Die Wolfssituation hat in vielen Regionen bereits massiven Schaden angerichtet und entwickelt sich dramatisch“, ließ er per Aussendung ausrichten. Als treibende Kraft der Kärntner Wolfsverordnung wolle er nun alles tun, „um die EU-Kommission mit der Realität vor Ort zu konfrontieren.

Stellvertretend für alle Almbauern im Land ist auch die LK Kärnten dem Ruf der EU-Präsidentin gefolgt und hat eine Stellungnahme nach Brüssel übermittelt. Von der Interessenvertretung von rund 18.000 bäuerlichen Betrieben wurde die Kommission darin über die „existenzielle Gefahr für die bergbäuerliche Landwirtschaft und im Speziellen die Almwirtschaft“, die der Wolf im Land mit sich bringt, aufgeklärt. Belegt durch eine umfangreiche Datensammlung wurde auch über den damit einhergehenden Verlust an Artenvielfalt, Schutz vor Naturgefahren und dem Risiko für den Tourismus informiert. „Die Sicherheit der Bevölkerung des ländlichen Raumes im gesamten Bundesland“ sei in Gefahr, so die warnenden Töne aus Klagenfurt. 

Nochmals unterstrichen wurde die weder für den Steuerzahler und schon gar nicht für die Bauern zu schulternde finanzielle Belastung durch Herdenschutzmaßnahmen. Mit Herden von „weniger als 20 Schafen“ würden diese den Wert der Tiere bei Weitem übersteigen. Erfahrungen aus der Schweiz und Frankreich würden zudem belegen, dass es trotz Herdenschutz „ohne Abschüsse nicht geht“, richteten Kärntens LK-Vertreter der EU-Kommission aus. 

Das vom gesamten LK-Vorstand gezeichnete, überparteiliche Schreiben schließt mit der Aufforderung, den Schutzstatus der Großraubtiere zu senken, um eine „unbürokratische Bejagung“ zu ermöglichen. Dass dies schon jetzt möglich sei, hatte Ursula von der Leyen zuletzt selbst bestätigt. Sie forderte sogar die Behörden in betroffenen Regionen zum Handeln auf. Von der Leyen: „Die geltenden EU-Regeln sehen solche Befugnisse ausdrücklich vor.“

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  • Jagende Wölfe: Nicolette Wollentin - stock.adobe.com
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AUTORClemens Wieltsch
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