Schmiedtbauers Europablick

GREEN DEAL/FARM TO FORK-STRATEGIE
Im Rahmen des Green Deals möchte die EU-Kommission die Europäische Union bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen.  Mein persönlicher Anspruch ist es, unsere Landwirtinnen und Landwirte in dieser noch nie dagewesenen Krisenzeit zur Ruhe kommen zu lassen und keine voreiligen Schlüsse bei der Farm to Fork-Strategie und anderen relevanten Strategien zu ziehen. Es wäre vernünftig, die Präsentation sämtlicher Strategien im Agrarbereich auf September zu verschieben, anstatt sie inmitten von Unsicherheit überhastet auf den Tisch zu legen. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen unter den EU-Agrarabgeordneten teilen diese Meinung. Dem Vernehmen nach wird die EU-Kommission die Farm to Fork Strategie nun aber bereits am 20. Mai vorstellen. Der genaue Zeitpunkt wird im überarbeiteten Arbeitsprogramm der EU-Kommission erwartet, das nächste Woche veröffentlicht wird. Bei der Debatte rund um den Green Deal und die Farm to Fork-Strategie ist es für mich klar, dass die Landwirte nicht die Hauptlast für den Klimaschutz tragen können. Ich sehe die anstehenden Verhandlungen aber als Chance, eine EU-weite, transparente und daher rückverfolgbare Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel konsequent weiter voranzutreiben, um so den Agrarsektor zu stärken.  
 
STABILE AGRARMÄRKTE
Eine leistungsfähige Landwirtschaft ist ein wichtiger Faktor für die Bewältigung der beispiellosen Coronakrise in Europa. Diese Botschaft ist in Brüssel angekommen und hat zu neuen Stützungsmaßnahmen für den Agrarmarkt geführt, die ich sehr begrüße. Die Private Lagerhaltung für Butter, Magermilchpulver, Käse, Rind-, Schaf- und Ziegenfleisch kommt hoffentlich noch rechtzeitig, um den massiven Angebots- und Preisdruck auf den Märkten abzufedernoder zumindest zu verzögern. Wir haben jetzt keine Zeit zu verlieren. Ebenso positiv sind befristete Ausnahmen vom EU-Wettbewerbsrecht, um in der Krise vorübergehend eine Produktionsplanung bei der Milch zu ermöglichen und massive Überproduktion zu vermeiden. Die Zeit für diplomatische Beschwichtigungen ist vorbei. Wir brauchen dringend ein wirkungsvolles Sicherheitsnetz für unsere bäuerlichen Familienbetriebe und den gesamten Agrarsektor. Dank ausdauernder und konsequenter Überzeugungsarbeit im Agrarausschusses und unserer Interessenvertreter beginnt sich  dieser Blickwinkel auch in der Kommission durchzusetzen.
 
KOHÄSIONSPOLITIK/EU-HAUSHALT
Am 17. April haben wir Europaabgeordnete große Flexibilisierungsmaßnahmen im Bereich der Strukturmittel verabschiedet. Um die nächsten Schritte zu besprechen, fand am Montag darauf eine virtuelle Sitzung des Ausschusses für Regionale Entwicklung statt. Es kam dabei zu einem  interessanten Austausch mit den Kommissaren Valdis Dombrovskis (Wirtschaft) und Elisa Ferreira (Regionale Entwicklung und Strukturreformen). Die ersten zwei Maßnahmenpakete werden nach heutigem Wissensstand nicht ausreichen, um für die Mitgliedstaaten langfristig die notwendige Hilfestellung zu leisten. Zwar wurde jeder mögliche Euro des Haushalts für 2020 in die Krisenbewältigung umgeleitet, aber wir wissen auch, dass die Krise mit Ende des Jahres nicht abrupt enden wird. Deswegen erwarten wir mit Spannung den neuen Vorschlag der EU-Kommission zum nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat bereits angekündigt, dass die Strukturmittel das Kernstück sein müssen und werden. Ich teile diese Ansicht, denn es sind die Fonds, die direkt in unseren Regionen, in den Gemeinden und – am wichtigsten – bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommen. Von ebenso hoher Bedeutung ist das Agrarbudget, bei dem es zu keiner Kürzung kommen darf. Die Präsentation des neuen Vorschlags für den neuen Mehrjährigen Finanzrahmen wurde nach dem EU-Gipfel am 23. April mit Vorbehalt für den 6. Mai vorgesehen. Wir Regionalausschussmitglieder verstehen, dass die Kommission mit Vorsicht walten möchte, aber wir dürfen trotzdem nun keine Zeit verlieren. Immerhin muss der neue Vorschlag analysiert werden, damit die Verhandlungen zwischen Europaparlament, Rat und Kommission, rechtzeitig abgeschlossen werden, damit die Gelder mit 1. Jänner 2021 fließen können. Fest steht, wir stehen vor einer massiven Herausforderung. Wir brauchen gangbare Lösungen für alle Mitgliedstaaten und müssen so schnell wie möglich alle Sektoren unterstützen.
 
UNTERSTÜTZUNGSMASSNAHMEN/EUROPAPARLAMENT
Die Sitze des Europaparlaments in Belgien, Frankreich und Luxemburg sind auch von den jeweils nationalen Corona-Krisenmaßnahmen betroffen. Nun stellt das EU-Parlament in Brüssel und Straßburg seine teilweise leere Büroräumlichkeiten zur Verfügung. Nachdem rund 90% der Parlamentsmitarbeiter und -bediensteten ihre Arbeit via Teleworking von zu Hause aus erfüllen, werden in Brüssel Räumlichkeiten für bis zu 100 gefährdete Frauen zur Verfügung gestellt, um ihnen eine Rückzugsmöglichkeit zu bieten, wenn sie sich mit häuslicher Gewalt konfrontiert sehen. In Straßburg wird das Parlamentsgebäude als COVID-19 Test- und Beratungszentrum genutzt, um die medizinischen Dienste zu entlasten. Zusätzlich werden in Brüssel 1000 Mahlzeiten pro Tag und in Luxemburg 500 Mahlzeiten pro Tag in der Parlamentskantine an Organisationen die Bedürftige abgegeben.

 

 

- Bildquellen -

  • Facebook Eu Parlament: EU, Paul Gruber
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