Die Deutz AG feierte heuer mit einem großen Festakt ihr 160-jähriges Bestehen. Ein Blick auf die Entstehung des Unternehmens, des Viertaktmotors und Patentstreitigkeiten mit einem Tiroler.
Unsere 160-jährige Geschichte zeigt, was man mit Innovationskraft und dem Glauben an das eigene Können alles erreichen kann. Das ist das, was ich aktuell in einigen Debatten vermisse, die wir als Land führen: der Glaube an unsere Stärken, Mut und Optimismus“, sagte Deutz-CEO Sebastian C. Schulte in seiner Rede bei der Jubiläumsfeier in Köln. Seitdem haben sich die Wolken verdichtet, Deutz hat Stellenabbau angekündigt und setzt auf ein Kostenprogramm, um „die Profitabilität in einem anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Umfeld zu stärken“, wie es in Pressemeldungen heißt.
Otto war ein Autodidakt
Die Geschichte von Deutz geht auf den Erfinder und Autodidakten Nicolaus August Otto sowie den Ingenieur und Fabrikanten Eugen Langen zurück. Auf der neu gestalteten Webseite der Deutz AG findet sich einiges zu den beiden und zum Werdegang des Konzerns. Als Otto 1860 von der Entwicklung des Leuchtgas-Verbrennungsmotors vom Franzosen Etienne Lenoir hört, soll in ihm der Gedanke gereift sein, selbst eine Kraftmaschine zu konstruieren, die „zur Fortbewegung von Gefährten auf Landstraßen leicht und nützlich verwendet sowie der kleinen Industrie von erheblichem Nutzen werden könne“.
Doch der Entwickler bekommt die heftigen Zündungen in dem Vierzylinder nicht in den Griff. Er geht deshalb neue Wege und baut und erprobt 1863 seine erste „atmosphärische Gaskraftmaschine“. Eugen Langen, ein Ingenieur aus der Kölner Zuckerindustrie, investiert in Ottos Ideen und Fähigkeiten. Am 31. März 1864 gründen sie die Firma N.A. Otto & Cie. „Der eine bringt das Know-how, der andere Geld und vor allem unternehmerische Erfahrung mit. So entsteht die erste Motorenfabrik der Welt – die Keimzelle der heutigen Deutz AG. In ihrer Werkstatt in der Kölner Servasgasse beginnt eine einzigartige Unternehmensgeschichte“, ist man bei Deutz bis heute stolz.
Am 9. Mai 1876 stellt Nicolaus August Otto in Köln schließlich seinen Viertakt-Verdichtungsmotor fertig. Die noch mit Leuchtgas betriebene Maschine soll 3 PS bei 180 Umdrehungen pro Minute geleistet haben. Ein Jahr später schützt Otto sein Viertaktverfahren per Patent und die Gasmotoren-Fabrik Deutz AG nimmt die Serienproduktion auf. Vermarktet wird das Antriebsaggregat unter „Ottos neuer Motor“.
Es folgen zahlreiche Meilensteine des Unternehmens. Etwa mit dem MTH 222, dem ersten serienmäßig produzierten Deutz-Dieseltraktor, der 1926 auf den Markt kommt. 2021 baut das Unternehmen seinen zehnmillionsten Motor. Es ist der Wasserstoffmotor TCG 7.8 H2 – wie einst sein Urahn ein Viertakter.
Erst vergangenes Jahr erzielte die Deutz AG wieder ein Rekordergebnis bei Umsatz und EBIT. Mit einem Plus von 7,8 Prozent steigerte der Antriebshersteller ersteren auf rund 2,1 Mrd. Euro. Das Ergebnis wuchs um knapp
35 Prozent auf 120,4 Mio. Euro, die Marge legte um 1,1 auf 5,7 Prozentpunkte zu. Ende 2023 waren 5.284 Mitarbeiter beim Konzern beschäftigt.
Einige Male hat sich im Laufe der Zeit auch der Name der Unternehmens geändert, von N. A. Otto & Compagnie über Gasmotoren-Fabrik Deutz AG und Klöckner-Humboldt-Deutz, kurz KHD, bis hin zu Deutz AG. Mit der „Dual+“-Strategie setzt Deutz neuerdings weiterhin auf klassische Verbrennungsmotoren, dazu auf am Markt ausgerichtete grüne Technologien und einen weltweiten Ausbau seines umfangreichen Servicegeschäfts.
Eine etwas andere Erzählung
Die Verdienste von Nicolaus August Otto um den Viertaktmotor stehen gemeinhin außer Zweifel. Ob er nun tatsächlich dessen Erfinder ist, darüber gibt es divergierende Ansichten. Es könnte auch ein Tiroler sein.
„Christian Reithmann erfand drei Jahre vor Otto den Viertaktmotor. Eine historische Tatsache, die man bis heute nicht gern hört in Deutz und die Ottos Freund Langen am liebsten unter den Teppich der Historie gekehrt hätte“, ist dazu auf der Webseite der Historikerin Jutta Siorpaes neben ihrem Buch „Als die Welt in Bewegung geriet – Christian Reithmann und die Erfindung des Viertaktmotors“ zu lesen.
Der in St. Jakob in Haus 1818 geborene Hofuhrmachermeister gewann im Patentstreit in der ersten Instanz gegen Otto und seinen Partner Langen. Langen setzte in Folge Reithmann unter Druck und machte ihm ein Angebot. Auf die entscheidende Frage im Prozess zweiter Instanz, nämlich wann Reithmann zum Viertaktverfahren gelangt sei, soll er dann gesagt haben, er wisse es nicht. Er verlor diesen und „nahm das Geld, Deutz behielt die Rechte und die Ehre“, ist auf dem Austria-Forum, einem Projekt an der TU Graz, nachzulesen.
Heuer hat der ORF zu dem Tüftler eine interessante Dokumentation ausgestrahlt. Zu sehen ist diese auf on.orf.at.
Die wichtigsten Jahre und Meilensteine der Deutz-Geschichte
• 1864 Nicolaus August Otto und Eugen Langen gründen die erste Motorenfabrik der Welt in Köln am Rhein in Deutschland.
• 1876 Nicolaus August Otto stellt in Köln seinen Viertakt-Verdichtungsmotor fertig.
• 1877 Die Gasmotoren-Fabrik Deutz AG startet die Serienproduktion des Viertakters.
• 1907 Das Patent von Rudolf Diesel und der MAN-Vorgängergesellschaft auf das Dieselverfahren läuft aus. Die Deutz AG nimmt mit 3.500 Mitarbeitern die Serienproduktion von Dieselmotoren auf.
• 1926 Als erster serienmäßig produzierter Deutz-Dieselschlepper kommt der MTH 222 auf den Markt.
• 1936 Deutz steigt ins Nutzfahrzeuggeschäft ein und übernimmt in diesem Jahr die C.D. Magirus AG.
• 1993 Das neue Deutz-Motorenwerk in Köln-Porz startet den Betrieb.
• 1998 Deutz kooperiert mit
dem schwedischen Hersteller Volvo.
• 2003 SAME Deutz-Fahr steigt als größter Anteilseigner bei der Deutz AG ein, verkauft aber ab 2012 wieder seine Anteile.
• 2019 Deutz erwirbt den Batteriehersteller Futavis.
• 2020 Deutz vereinbart mit John Deere Power System eine Zusammenarbeit.
• 2021 Neben dem zehnmillionsten Motor präsentiert Deutz den ersten marktreifen Wasserstoffmotor.
• 2023 Und noch eine Kooperation, diesmal mit Daimler Truck.
Weitere Jahreszahlen und Meilensteine unter www.deutz.com
- Bildquellen -
- Band 5: Deutz AG
- Viertaktmotor: Deutz AG