Die N-Serie von Valtra setzt oberhalb der einfacheren A-Serie und auch der leichteren G-Serie an. Die BauernZeitung hat das Spitzenmodell N175 Direct ausführlich getestet und dabei einige interessante Features entdeckt.

Trotz seines langen Radstands von genau 266,5 cm ist der N175 mit einem minimalen inneren Wenderadius von 4,5 Metern recht wendig. 165 PS Nennleistung hat er. Dank Boost stehen am Feld maximal 175 PS zur Verfügung, bei bestimmten Transportgeschwindigkeiten und/oder sobald an der Zapfwelle Leistung abgenommen wird sogar maximal 201 PS. Der Motor ist bis dato einer der stärksten Vierzylinder am Markt. Schon bei niedrigen Drehzahlen liefert dieser viel Drehmoment. Bei Höchstleistung mit voll aktiviertem Transportboost zeigte der N175 Direct einen Stundenverbrauch von maximal 36 Litern an, übliche Werte während Straßenfahrten mit Anhänger lagen etwa bei 10 bis 15 l/h. Und 50 km/h sind dieselsparend schon mit rund 1.800 Motorumdrehungen pro Minute erreichbar. Dank der vielfältigen digitalen Anzeigen lässt sich die Getriebeeffizienz gut ausreizen, so durch die Wahl des Fahrbereichs.

Stufenlos in vier Bereichen

Stufenlos prima als Transporttraktor

Jedes N-Modell ist in vier Grundvarianten erhältlich: HiTech ist die einfachste mit OpenCenter-Hydraulik, gemeinsamem Ölhaushalt, mechanischen Steuergeräten und Fünffach-Lastschaltung. Active, Versu und Direct haben zwei separate Ölhaushalte von Getriebe und Load-Sensing-Hydraulik. Active hat mechanische, Versu elektrische Hydraulik-Steuergeräte. Versu und Direct verfügen über eine SmartTouch-Bedienung für umfangreiche Traktoreinstellungen am Bildschirm.

„Direct“ bedeutet bei Valtra auch stufenlos auf eine besondere Art: Das von Valtra selbst hergestellte Getriebe hat vier mechanische, per Knopfdruck schaltbare Fahrbereiche (A, B, C, D), die jeweils von 0 km/h weg durchgehend bis zur jeweiligen Höchstgeschwindigkeit des Bereiches nutzbar sind (A bis 9, D bis knapp über 50 km/h). Aber: Mit D wegzufahren wird nur für maximal leichte Last empfohlen. Für langsame, schwerste Zugarbeiten ist A vorgesehen, Bodenbearbeitung kann in B oder in C effizienter sein. Hier zeigt sich der Vorteil des Direct-Getriebes: Es bietet in jedem der vier Fahrbereiche zwei Geschwindigkeiten mit Wirkungsgraden von annähernd 90 Prozent. Ewas gewöhnungsbedürftig, aber eigentlich eine geniale Kombination aus Schalt- und Stufenlosgetriebe.

Automatisch die höheren Fahrbereiche wechseln lassen (etwa bei Transportfahrten) geht natürlich auch. Aber dann kommt der Bereichswechsel möglicherweise zu unerwarteten Zeitpunkten. Immerhin: Der Bereichswechsel der N5-Serie läuft doppelt so schnell wie bei den Vorgängern ab.

Einen großen Unterschied im Fahr- oder Ansprechverhalten des Gaspedals erreicht man beim Valtra N durch das Verstellen der maximalen Zielgeschwindigkeit beim Durchtreten des Pedals bis zum Endanschlag. Sogar in der Grundstufe D ist feinfühliges Rangieren möglich, sobald die Maximalgeschwindigkeit auf wenige km/h reduziert ist.

Standard-Fahrmodus ist die Automatik: Der Fahrer regelt die Zielgeschwindigkeit mit dem Fahrpedal. Auch mit dem Fahrhebel kann man die Zielgeschwindigkeit vorgeben. Die Motordrehzahl passt sich dabei automatisch dem Kraftbedarf an. Im manuellen Modus ist die Motordrehzahl separat einstellbar und das Übersetzungsverhältnis (also die Geschwindigkeit) unabhängig davon mit dem Fahrhebel.

Leider bietet Valtra noch kein Streckbremssystem, das schwere Anhänger mit Voreilung stärker als die Zugmaschine abbremst und so ein Wegschieben des Traktors verhindert. Hier muss der Fahrer mit Bedacht die Motor- und Getriebebremswirkung einstellen und vorausschauend sicher fahren.

Auf der Forsttraktor-Tradition von Valtra basiert, dass am Unterboden keine gefährdeten hängenden Rohre oder Leitungen verlaufen, auch die Kardanwelle ist geschützt.

Kabine und Fahrkomfort

Quelle: Otto Krönigsberger
Die Kabine mit Rückfahreinrichtung bietet eine angenehme, leise Arbeitsumgebung.

Die Kabine bietet eine leise Arbeitsumgebung für den Fahrer. Der Geräuschpegel liegt laut Herstellerangaben bei etwa 70 dB. Die Luftfederung „Aires“ dämpft Stöße von der Vorderachse sehr gut. Die Luft-Vorderachsfederung und die Kabinenfederung arbeiten sehr gut zusammen. Alle Fahrersitzvarianten haben eine Sitzheizung, die gemeinsam mit der elektrischen Motorvorwärmung und einer separaten Fußraumheizung das Arbeiten an kalten Wintertagen angenehm macht. Der Evolution-Sitz bietet zusätzlich eine Kühlung. Leider können die Schrauben der Armlehnenverstellung des Fahrersitzes bei aktivierter Seitenhorizontalfederung noch immer rechts an der Seitenverkleidung anschlagen.

Der Kabinenrahmen blieb gegenüber der N4-Reihe unverändert. Mit maximal 167 cm Platz zwischen Front- und Heckscheibe ist hinter dem Fahrersitz genug Raum für eine Rückfahreinrichtung oder um Allerlei zu verstauen. Dachhimmel und Innenauskleidung sind wie bisher in hellgrau oder in der Premiumvariante dunkel gehalten.

Standardmäßig ist das Fahrerhaus jetzt als Fünf-Säulen-Kabine ausgeführt: rechts ohne Tür mit großer Glasscheibe, links hängt in der fünften Säule die weit öffnende Tür. Auf Wunsch ist nach wie vor eine rechte Tür (in einer Sechs-Säulen-Kabine) verfügbar.
Die Kabine ist im vorderen Bereich etwas schmäler. Auf Schulterhöhe des Fahrers ist sie mit etwa 160 cm zwischen den Fenstern breit genug, um auch einen Beifahrer auf dem kommoden gepolsterten Sitz mitzunehmen. Dessen Sitzfläche ist teilweise klappbar für ungehinderten Einstieg, seine Rückenlehne lässt sich nach vorn umlegen, um schnell als Jausentisch zu dienen.

Dank schmalen Eckpfosten und 6,5 m² großen Glasflächen ist die Rundumsicht sehr gut. Der Auspuff fluchtet nicht mehr genau mit der rechten A-Säule, sondern steht oben leicht nach rechts gelehnt, die Luftansaugung ist aus Fahrersicht hinter dem linken vorderen Eckpfosten „versteckt“. Der Frontscheibenwischer deckt einen Wischwinkel von 270 Grad ab, den Seitenwischer rechts gibt es optional. Ein nettes Detail: Das Wischintervall der Front- und Heckscheibenwischer ist ganz einfach selbst festzulegen.

Wird der Traktor abgestellt, gewinnt ein Detail an Bedeutung: Derselbe Schlüssel sperrt nicht nur die Kabinentür und das Zündschloss, sondern ebenfalls Diesel- und AdBlue-Tank sowie die Motorhaube. Neu ist, dass es sich um einen Schlüssel aus rund 15.000 Varianten handelt, also jeder Traktor seinen eigenen Schlüssel hat. Vorbei ist damit die Zeit, dass jeder im Besitz eines Markenschlüssels die Maschine starten konnte.

Neues Eckdisplay

Auffälligste Neuerung in der Kabine der N5-Reihe ist, dass es kein Armaturenbrett mehr gibt, sondern ein A-Säulendisplay in der rechten vorderen Kabinenecke. An der früheren Position der Anzeigen befindet sich ein dicht schließendes Fach. Das neue Display ist jederzeit sehr gut ablesbar, viele Einstellungen sind damit einfacher als früher, speziell bei den einfacheren Ausstattungsvarianten HiTech und Active. Es besteht aus mehreren Anzeigeblöcken: Sein oberster Teil zeigt kontinuierlich Außentemperatur, Uhrzeit, Motordrehzahl, Fahrgeschwindigkeit, Kraftstoff- und AdBlue-Füllstand sowie die Motortemperatur an. Gleich darunter und ganz unten gibt es zwei Symbolblöcke, oben für Statusanzeigen wie Licht, unten mit Warnleuchten. Den zentralen, größten Raum des Displays nimmt ein vielfältig konfigurierbarer Bildschirm ein. Er dient für Einstellungen und diverse Anzeigen, durch die man mithilfe eines Drehrings und zweier Drucktasten an der Lenksäule navigiert. Für weniger Irritationen bei Arbeiten in der Dunkelheit ist das Display abdunkelbar und zeigt dann blendfrei nur mehr die wichtigsten Infos.

SmartTouch-Bildschirm und Fahrhebel

Quelle: Otto Krönigsberger
Das neue A-Säulendisplay, der 9 Zoll große
SmartTouch-Bildschirm sowie die Bedienarmlehne

Zusätzlich zum A-Säulendisplay haben Versu und Direct serienmäßig den 9 Zoll großen SmartTouch-Bildschirm und den SmartTouch-Fahrhebel. Dessen teilweise frei belegbare Bedienelemente sind verwechslungssicher unterschiedlich geformt. Der Bildschirm ist heller und schneller als in der Vorgängerreihe, er ist Tag wie Nacht bestens ables- und bedienbar. Praktisch alle Funktionen sind durch zweimal Wischen oder Tippen abrufbar. Auf zwei Hauptseiten verteilen sich Symbole für Getriebe, GPS-Lenkung oder Arbeitsleuchten. Um die zugehörigen Untermenüs aufzurufen, tippt man drauf: einfach, intuitiv, logisch.

Einstellungen sind in separaten Profilen speicherbar. Für komplexere Grundeinstellungen, wie die Zuweisung der elektronischen Hydrauliksteuergeräte an die Bedienelemente, bietet SmartTouch sogar mehrere Möglichkeiten, die der Fahrer nach Belieben nutzen kann. Wendeschalthebel, Blinker und Licht sind nun links vom Lenkrad, die Scheibenwischer- und Displaybedienung rechts.

Der Wendehebel, seit 25 Jahren erstmalig geändert, rastet nicht mehr in der gewählten Fahrtrichtung ein, wodurch nun ganz einfach auch am Multifunktionsjoystick auf der Armlehne die Fahrtrichtung wechselbar ist. Ein Kritikpunkt: Die silber glänzenden Speichen des Lenkrads sind ein entbehrliches Designelement, weil sie bei ungünstigem Sonnenstand deutlich störende Reflexionen in der Windschutzscheibe hervorrufen können.

Hydraulik

Der N175 Direct wird mit drei Hydraulikpumpenleistungen angeboten: 115, 160 oder 200 l/min. Front- und Heckventile sind über SmartTouch programmierbar, jedes von ihnen kann von jedem frei belegbaren Hebel aus gesteuert werden. Die Ventile sind leckagefrei, ihre maximale Durchflussmenge liegt bei 90 l/min.

Zusätzliche On/Off-Ventile, ideal für Oberlenker, sorgen für einen Durchfluss von 20 l/min. Ein solches Ventil ist Standardausrüstung und kann beim Gerätekoppeln mit Drucktasten vom Kotflügel aus bedient werden, so wie auch das voll programmierbare Ventil Nr. 1. Ebenfalls Standard beim Direct ist ein Radar-Geschwindigkeitssensor, wodurch der Traktor ein zweites, unabhängiges Schlupfregelsystem an Bord hat. Alle Bilder zum Test finden Sie jetzt in der Fotogalerie.

Test-Fazit: Auch nach über acht Stunden Arbeit mit dem Valtra N175 Direct ermüdet man wenig. Bedienung und Fahrmanöver, vorwiegend mittels SmartTouch-Fahrhebel gesteuert, gelingen flüssig und sind nicht fehleranfällig. Die Kabinenumgebung, Schwingungsdämpfung, die Arbeitsscheinwerfer des Premium-Licht-Paketes und das integrierte automatische Lenksystem erhöhen den Komfort und die Arbeitsqualität bis spät in die Nacht. Man kann dem Hersteller durchaus attestieren, dass das Prospektversprechen „Arbeitskomfort für den ganzen Tag“ konsequent umgesetzt wurde. Fazit: Ein universell nutzbarer Traktor auf hohem Niveau.

Service & Auffälliges: Rechts unter der Kabine hat der Valtra N eine Technikbox: Neben der Starterbatterie beinhaltet dieser Kasten mit Trittstufen das Werkzeug, den Scheibenwaschwasserbehälter, eine Halterung für das Warndreieck und eine Schnellkupplung für Druckluft, um etwa rasch die Kühler ausblasen zu können. Die Serviceintervalle sind lang. Schmiernippel sind alle 50 Stunden zu versorgen. Auffällig waren bloß Kleinigkeiten: So stoppte zweimal die Kommunikation der GPS-Komponenten nach kurzem Verlassen des Fahrersitzes, wodurch die Automatik-Lenkung erst nach Motorneustart wieder aktiviert werden konnte. Die SmartTouch-Software selbst lief während unseres Tests (durchaus eine Erwähnung wert) stabil und tadellos. Ein Schlauch im Bereich des linken Heck-Hubzylinders war so verlegt, dass der Zylinder bei jeder Hubbewegung leicht scheuert, was langfristig den Schlauch beschädigen kann. Mechanische Defekte traten beim Test keine auf.

Der Valtra N175 Direct auf einen Blick

Quelle: Otto Krönigsberger
Gewichte und Abmessungen des Valtra N175 Direct

Motor / Abgasreinigung
• Vierzylinder „AGCO Power 49 LFTN-D5“ mit 4.910 cm³ und vier Ventilen pro Zylinder
• Abgasnorm Stufe V (EU) 2016/1628, DOC + DPF + SCR mit AdBlue, keine Abgasrückführung
• Nennleistung: 165 PS
• Boost-Maximalleistung: 201 PS bei 2.000 UpM; bei langsamen Feld- und Zugarbeiten ohne Zapfwellennutzung: max. 175 PS
• „Sigma Power“: zusätzliche Leistung bei zapfwellenbetriebenen Geräten
• Maximales Drehmoment (bei 1.500 UpM): 680 Nm bzw. 800 Nm mit Boost
• Drehzahlbereich von 700 UpM (automatisch abgesenktes Standgas bei aktivierter Feststellbremse) bis 2.200 UpM (obere Leerlaufdrehzahl)
• Treibstofftank: 235 l (optional 315 l)
• AdBlue-Tank: 45 l
• Diesel gemäß Norm EN 590:2009, Schwefelanteil soll unter 15 mg/kg liegen
• AdBlue-Verbrauch: ca. 4 bis 10 % des Dieselverbrauchs
• Motorölwechsel alle 600 Stunden, mit 18 Liter 10W-40 API CJ-4/E9
• Luft- und Kraftstofffilterwechsel alle 1.200 Stunden

Getriebe
• In jedem der vier Bereiche A-D stufenlos von Null bis zum Fahrbereichsmaximum (ca. 9/17/30/50 km/h elektronisch begrenzt, bei ca. 1.800 UpM)
• Lastschaltbare Wendeschaltung mit separaten Mehrscheiben-Lamellenkupplungen für Vorwärts- und Retourfahrt, diese sind gleichzeitig Fahrkupplung
• Ölwechselintervall: 2.400 Stunden
• Innerer Wendekreisradius rund 4,5 m bei 193 cm Spur (max. 55° Lenkeinschlag)

Zapfwelle
• Drei Geschwindigkeiten aus 540/540e/1000/1000e bestellbar, jeweils erreicht bei 
1890/1522/1897/1677 Motor-UpM
• Wegzapfwelle auf Wunsch auch beim stufenlosen „Direct“ möglich

Hydraulik
• EHR serienmäßig mit Radar-Schlupfregelung
• Heckhubwerk Cat. 3, durchgehende Hubkraft 76 kN (maximal 78 kN) bei einem Hubweg von 721 mm; größere Hubbereiche bei geringerer Hubkraft durch Umstecken an den Hubarmen möglich; wobei max. Hinterachslast: 8.000 kg
• Hubkraft Front (Cat. 3/2): max. 47 kN, durchgehend 30 kN, max. Vorderachslast 5.000 kg, max. zulässiges Gesamtgewicht 11.000 kg
• Separate Pumpe mit max. 115, 160 oder max. 200 l/min Load Sensing für Arbeitshydraulik
• Maximal 5 + 3 elektronisch programmierbare und zwei „Ein/Aus“-Steuergeräte mit max. 20 l/min  Durchfluss im Heck, Power Beyond optional
• Bei Fronthydraulik maximal drei separate elektronische Steuergeräte
• Getrennte Ölhaushalte Getriebe und Hydraulik
• Entnehmbare Ölmenge: 47 Liter

- Bildquellen -

  • V175 Direct Blick In Die Kabine: Otto Krönigsberger
  • V175 Direct Hauptbedienelemente Nachts Lr: Otto Krönigsberger
  • V175 Direct Graphik: Otto Krönigsberger
  • V175 Direct Titelbild: Isabella Makovsky
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AUTOROtto Krönigsberger ist Landwirt in Niederösterreich
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