Man kann nichts falsch machen, wenn man Rübe anbaut, man kann aber viel falsch machen, wenn man es nicht probiert.” Mit diesem Satz brachte Ernst Karpfinger, Obmann des Rübenbauernbunds für Niederösterreich und Wien anlässlich der diesjährigen Generalversammlung am 4. März in Wien die Situation des Rübenanbaus in Österreich auf den Punkt.
Talsohle am Zuckermarkt ist durchschritten
Nachdem der Rübenanbau im Vorjahr mit nur noch knapp 28.000 Hektar Erntefläche einen Tiefpunkt erreicht hat, gibt es ab der diesjährigen Aussaat aufgrund gemeinsamer Anstrengungen von Rübenbauern und Agrana deutlich verbesserte Kontraktbedingungen. Im Einzelnen nannte Karpfinger:
♦ einen Dreijahreskontrakt mit garantierten Rübenmindestpreisen. Einem Deckungsbeitragsvergleich mit anderen Sommerungen hält die Rübe damit jedenfalls stand.
♦ Keine Verrechnung der Saatgutkosten bei Ausfällen aufgrund Rüsselkäferbefall.
♦ Ein Maßnahmenpaket zur Risikominimierung beim Pflanzenschutz.
♦ Attraktive Verzinsung der Geschäftsanteile bei Rübenbauernbund und ÖZVG, sowie weitere Unterstützungsmaßnahmen seitens des Rübenbauernbunds.
Zudem so Karpfinger, sei die Talsohle am Zuckermarkt durchschritten. Bei den Zuckerpreisen sei ein Aufwärtstrend erkennbar, insbesondere die Spotmarktpreise seien mit über 400 Euro pro Tonne Zucker bereits dort, wo „die Rübenwelt in Ordnung wäre”. Allerdings wird es noch einige Zeit dauern bis der aktuelle Marktpreis in der EU von etwa 342 Euro/t zu diesem Niveau aufschließen kann.
Neukontrahierungen sind noch möglich
Seitens der Zuckerindustrie bestätigte Agrana-Generaldirektor Johann Marihart diesen Befund indem er feststellte, dass ein Marktgleichgewicht erkennbar sei. Was den Anbau in Österreich betreffe, so sei es notwendig, mit der Anbaufläche wieder auf 40.000 Hektar zu kommen. Derzeit seien bei den Kontrahierungen rund 34.000 Hektar erreicht. Neukontrahierungen sind noch möglich, „die Bücher sind noch nicht geschlossen”, so der Agrana Generaldirektor. Marihart richtete an die Bauern explizit die Bitte, sich jetzt verstärkt für die Rübe zu entscheiden, denn: „Ein nächstes Jahr gibt es sonst nicht”. Ziel sei, eine Schließung einer der beiden in Österreich verbliebenen Fabriken zu vermeiden.
Klimaschützerin Zuckerrübe
Als „weitere Herausforderung” auf EU-Ebene bezeichnete Marihart den neuen „Grünen Deal” der EU-Kommission. Demnach soll Europa bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden. Marihart: „Die Erwartungen an die Landwirtschaft sind in diesem Bereich hoch.” Allerdings sei das nicht der größte Schalthebel, da gebe es andere, so Marihart. Beispielsweise wäre ganz dringend etwas im Bereich Mobilität zu tun, in dem sich der CO2-Ausstoß seit dem Jahr 1990 verdoppelt habe. Demgegenüber habe man im Zucker- und Stärkesektor im selben Zeitraum bereits ein Drittel des CO2-Ausstoßes eingespart. In die gleiche Kerbe schlug auch Niederösterreichs Bauernbundobmann LH-Stv. Stephan Pernkopf, der bei der Generalversammlung kundtat, dass die Gespräche mit der Umweltministerin betreffend Ethanol-Beimischung zu Treibstoff im Gang seien und diese Maßnahme schnell kommen solle.
Was den Rübenanbau betrifft, so sah Ernst Karpfinger die besseren Argumente auf Seiten der Rübenbauern. Denn der Anbau von einem Hektar Zuckerrübe binde pro Jahr etwa 36 Tonnen CO2, was einem Kohlendioxid-Ausstoß von etwa 240.000 gefahrenen Autokilometern gleichkomme. Die gesamte Rübenproduktion in Österreich binde demnach 1,4 Mio. Tonnen CO2 was einer jährlichen Fahrleistung von rund 480.000 PKW entspreche. Zudem schütze die heimische Produktion von Zucker das Klima, weil sie unnötige Transporte über die Weltmeere einspare.
Es sei deshalb die Aufgabe der österreichischen und europäischen Politik, die notwendigen Rahmenbedingungen für eine heimische Produktion dauerhaft sicherzustellen, forderte Ernst Karpfinger.
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- Ruebenkoerperstadium Web02: agrarfoto.com