Ziel: Weltmarktführer mit Agrarreifen

Der indische Reifen-Multi BKT will seinen Umsatz in den kommenden drei Jahren auf 2 Milliarden Dollar nahezu verdoppeln und ausgehend von seiner Vorzeige-Fabrik in Bhuj auch die Produktion von Landwirtschaftsreifen kräftig ankurbeln. Die BauernZeitung war vor Ort am Subkontinent.

In Gujarat aus dem Wüstenboden gestampft: Asiens laut BKT modernstes Reifenwerk in Bhuj mit fast 180 Heizpressen soll demnächst noch weiter ausgebaut werden.

Der Firmengründer, Mahabirprasad Poddar, hat 1954 mit der Produktion von Fahrradreifen den Grundstein für das Imperium der Familiendynastie gelegt. Knapp 70 Jahre später managen sein Sohn Arvind und Enkel Rajiv einen weltweiten Reifenkonzern mit fünf Fabriken am indischen Subkontinent. Nahezu alle namhaften großen Bau- und Landmaschinenhersteller zählen zu den Kunden von Balkrishna Industries Ltd., kurz BKT, gegründet 1987. Erst 1994 spezialisierte man sich nach Pneus für Zweiräder und den in Asien, besonders in Indien gefragten Dreirad-Motor-Rikschas (Tuk Tuks) auch auf die Off-Highway-Bereifung für Traktoren, Erntemaschinen, Knick-Lader oder Mega-Muldenkipper. Mit großem Erfolg.

3.200 Reifentypen

Mittlerweile werden in Bhuj nicht nur hunderte Varianten und Versionen von Radialreifen für Agrarmaschinen aus Kautschuk, Elastomeren, Ruß, Stahl, Drähten und Textilien gewickelt und geformt, sondern auch der vier Tonnen schwere 57-Zoll-„Earthmax“ für Bergbaufahrzeuge oder seit dem Vorjahr robuste Gummilaufbandketten für Raupenschlepper in einer der 177 Heizpressen gebacken. Laut Angaben von BKT habe man 3.200 verschiedene Reifentypen im Programm, die in mehr als 160 Länder abgesetzt werden.

Herzstück von BKT ist das im vergangenen Jahrzehnt im Bundestaat Gujarat mitten auf Wüstensand aus dem Boden gestampfte Reifenwerk Bhuj, laut den Poddars „das größte und beste in ganz Asien“. Die Dimensionen für den 2015 eröffneten Arbeitsplatz von derzeit knapp 4.800 Menschen sind beeindruckend: Auf knapp 300 Hektar Land finden sich mehrere hunderte Meter lange Fabrikhallen, darin weitgehend automatisierte, auch robotergesteuerte Produktionsanlagen, dazwischen Lagerhallen mit Reifen, so weit das Auge reicht. Das ausladend moderne Gebäude für Forschung und Entwicklung mit Laborräumen, Testsimulatoren sowie einem Firmenmuseum würde jeder Universität gut zu Gesicht stehen, daneben liegt eine Teststrecke. Überragt wird das weitläufige Gelände von einer erdgasbetriebenen Carbon-Black-Anlage zur Herstellung von aktuell 168.000 Tonnen Ruß als Reifenadditiv, speziell für die Laufflächen, und dem eigenen 40-Megawatt-Kohlekraftwerk zur Stromgewinnung. Erneuerbare Energien gibt es auch: 1 Megawatt gewonnen mittels Photovoltaik. Auch lebt ein Viertel der Mitarbeiter gratis in den 400 Reihenhäusern am Firmengelände. Ebendort im Design-Hotel namens „White House“ residieren Gäste, wie jene 108 geladenen Journalisten aus aller Welt, die im Februar das Werk besichtigen konnten. Sie werden auf das Reifenrecycling, die komplette Abwasserreinigung, auch die Begrünung der Werksanlagen mit Bäumen wiederholt hingewiesen.

Rajiv Poddar: „Unser Wachstum hat immer mit der Nachfrage Schritt gehalten. Wir sehen keine Verlangsamung.“

Indien am Grünen Weg

Der Standort Bhuj zur Errichtung der Megafabrik samt Betrieb seit 2015 sowie die angekündigte weitere Ausdehnung des „nachhaltigsten Reifenwerks“ am Subkontinent, wie Rajif Poddar mehrfach betonte, sind wohl nicht nur Zufällen geschuldet. Aus Gujarat stammt Premierminister Narendra Modi, zuvor Regierungschef von Indiens westlichstem Bundesstaat. Der Hindu-Nationalist verfolgt seit Jahren einen „grünen Weg“ für Indien und forciert das Wachstum ausgewählter Unternehmen und Technologien mit viel Wohlwollen des Staates. 

Erklärtes Absatzziel der BKT-Reifen ist weniger Indien (immerhin zahlenmäßig der größte Traktorenmarkt der Welt), sondern Übersee. Der Standortvorteil von Bhuj sei der kurze Weg, gerade einmal 90 Minuten per Lkw, vom Werk bis zum nächsten Containerterminal am Arabischen Meer, um noch schneller nach Europa liefern zu können. Seit 2020 sponsert BKT übrigens auch Europas „Traktoren-Oscar“, den jährlichen „Tractor of the year“-Award.

Rajiv Poddar steht jedenfalls zur ehrgeizigen Vision von BKT: „Unser Wachstum hat immer mit der Nachfrage Schritt gehalten. Der weltweite Reifenabsatz wächst, wir sehen keine Anzeichen dafür, dass es sich in den nächsten fünf Jahren verlangsamen wird.“ Eine Kampfansage ist der Ausbau von Bhuj (und die umfangreichen Wachstums-
pläne von BKT „am Weg zum Weltmarktführer der Geländereifen-Industrie“) mit einem jährlichen Volumen von bald 600.000 Tonnen vor allem für die Mitbewerber der Poddars am umkämpften Reifenmarkt. Dabei handelt es sich übrigens zunehmend um einen Wettlauf unter Indern. Denn ein weiterer Mega-Reifenkonzern, Apollo Tyres, gehört ebenfalls einer indischen Familie namens Kanwar – angeführt von den beiden Brüdern Onkar und Neeraj. Diese sind seit 2009 auch Eigentümer der bekannten Reifenmarke Vredestein.

www.bkt-tires.com

Compliance-Hinweis: Die Reise der Bauern-Zeitung nach Indien wurde von BKT bezahlt.

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  • Standort Buhj: BKT
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AUTORBernhard Weber
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