Das Thema Winterfütterung bei Wildtieren wird immer wieder sehr kontroversiell diskutiert. Laut Landesjägermeister Herbert Sieghartsleitner gibt es drei Gründe die für die Fütterung sprechen: „Es geht darum die Wildtiere zu lenken, Tierleid zu verhindern und verloren gegangen Lebensraum zu ersetzen.“
Denn die heutigen, von Menschenhand gestalteten Kulturlandschaften, würden Reh und Hirsch nicht mehr die notwendige Lebensraumnutzung ermöglichen. Zudem werde die Natur vermehrt zum stark frequentierten Freizeitraum. „Die Menschen erkennen immer mehr die Schönheit der Natur. Alles drängt auf ein und den selben Naturraum. Die vielfältigen Nutzeransprüche können zu Problemen führen“, so Sieghartsleitner.
Spielregeln in der Natur haben sich verändert
Schauplatz Stodertal im Nationalpark Kalkalpen: Der idyllische Schiederweiher gilt nicht nur als einer der schönsten Plätze Österreichs sondern seit dem er 2018 als solcher ausgezeichnet wurde auch als einer der bekanntesten: „Das war Segen und Fluch zugleich. Seither hat sich die Gegend vom Geheimtipp zum Hotspot für Touristen gewandelt“, erzählt Forstmeister Klaus Schachenhofer, Betriebsleiter des Herzog von Württembergischem Forst- und Jagdbetrieb. Positiven Folgen für die Tourismusbetriebe stehen negative für die Wildtiere gegenüber: „Die Menschen bleiben nicht auf den Wegen. Sie haben einen enormen Freiheitsdrang entwickelt und wollen die Natur erobern“, so der Berufsjäger. Für die Wildtiere bedeute dies einen „latenten Stress“, der auch zu Schäden am Waldbestand führe.
Ausgewiesene Wanderwege werden kaum noch genutzt. Die Naturnutzer von heute bahnen sich ihre eigenen Wege, verbreiten diese neu erkundeten Routen mittels „Tracking“ im Internet und stellen sie so anderen Abenteurern zur Verfügung: „Es ist sehr schwierig diese nicht offiziellen Touren aus diversen Apps wieder herauslöschen zu lassen“, erklärt Schachenhofer.
Im Stodertal setzt man daher auf eine wildökologische Raumplanung, wohlgemerkt auf freiwilliger Basis. Dabei gehe es um die Schaffung von Rückzugsgebieten für die Wildtiere. Dafür sei ein Schulterschluss zwischen allen Naturraumnutzern und Lebensraumgestaltern erforderlich. „Es geht darum, Grenzen für die einzelnen Bereiche zu ziehen. Wenn es dann im Idealfall kaum Grenzüberschreitungen gibt, ist eine gemeinsame Raumnutzung von Mensch und Tier auch kein Problem“, so Christopher Böck, Wildbiologe und Geschäftsführer des Landesjagdverbandes.
Quelle: oöljv
Eine gezielte Fütterung sei daher kein Eingriff in die Natur, sondern ein wichtiges Lenkungselement das oftmals über Leben oder Tod der Wildtiere entscheide. Auch wenn dieser und die vergangenen Winter ungewöhnlich warm sind, sei die biologische Uhr beim Rotwild auf die karge Jahreszeit eingestellt. „Die Überwinterung ist das Nadelöhr. Wir versuchen es mit der Krücke der Fütterung zu überbrücken. Uns Jägern geht es keinesfalls darum Trophäen zu mästen, sonder den Wildbestand zu sichern“, so Landesjägermeister Sieghartsleitner.
Initiative des Landes: „In unserer Natur“
Basis für die optimale Freiraumgestaltung ist die landesweit gestartete Initiative „In unserer Natur“. Darin bekennen sich 13 Partner dazu, die Natur gemeinsam nachhaltig zu erhalten und ein harmonisches Miteinander erlebbar zu machen. Mit Maßnahmen zur Lenkung und Bewusstseinsbildung in Form von klaren Fairplay-Regeln soll so das Freizeitangebot für Einheimische und Gäste noch weiter verbessert und Natur, Wild und Wald bestmöglich geschützt werden. „Wir wollen unserer Verantwortung gerecht werden und miteinander gestalten, um eine hohe Akzeptanz bei allen Beteiligten zu erreichen. Bei der touristischen Entwicklung geht es gleichermaßen um ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit“, betont Christian Schilcher vom OÖ. Tourismus.
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- Rotwild Futterstelle Ch. Böck: oöljv