Nur sechs niederschlagsfreie Tage im Juli verunmöglichten die zeitgerechte Getreideernte.

Eigentlich sei das Erntejahr 2023 gut gestartet, mit idealen Witterungsbedingungen zum Anbau der Winterungen im Herbst 2022 nämlich, wie Erich Roscher, Leiter des Referats Pflanzliche Produktion der LK Kärnten, im Zuge der Erntebilanz-Präsentation erklärt. Auch der Winter stimmte Kärntens Bauern mit ausreichend Schnee zunächst zuversichtlich, so Roscher. Auf einen trockenen März sei allerdings ein insgesamt zu kühler und nasser April mit Spätfrösten gefolgt. Dies spiegelt sich unmittelbar in den Obsterträgen im Land wider. So konnte bei Streuobst nur ein Fünftel der üblichen Ernte eingefahren werden, im Intensivobstbau betrug das Ertragsminus ein Drittel. Im Grünland, das mit über 142.000 Hektar den größten Teil der landwirtschaftlichen Nutzfläche einnimmt, verzögerte die nasskalte Witterung die Heuernte. Verhältnismäßig gut steckten hingegen die Getreidebestände das Frühjahr weg. Roscher: „Besonders die Wintergerste machte Hoffnung auf Höchsterträge.“

10 Mio. Euro Schaden

Das böse Erwachen erfolgte jedoch mit Erntebeginn. „Im Juli hat es gerade Mal an sechs Tagen nicht geregnet“, schildert Roscher die herausfordernden Bedingungen. „In manchen Regionen gab es von Mitte Mai bis Mitte August ein Niederschlagsplus von bis zu 130 Prozent im Vergleich zum langjährigen Mittel“, weiß Hubert Gernig, Landesdirektor der Österreichischen Hagelversicherung (HV). Die Folge waren schwere Überschwemmungen bei landwirtschaftlichen Flächen. In Völkermarkt, Feldkirchen, Villach Land, Spittal und St. Veit kamen noch Hagelstürme hinzu. „In Summe beträgt der Gesamtschaden allein an landwirtschaftlichen Kulturen zehn Millionen Euro“, so Gernig. Dabei habe jeder zweite versicherte Landwirt einen oder auch mehrere Schäden gemeldet, berichtet der Landeschef der HV.

Großteils Futterware

In Summe fiel die Kärntner Getreideernte – entgegen dem bundesweiten Trend – um 6 Prozent geringer aus als im langjährigen Schnitt. Besonders gelitten habe dabei die Qualität. „Durch die Niederschläge sind viele Bestände bereits Anfang Juli ins Lager gegangen“, moniert Erich Roscher. LK-Angaben zufolge erreichten nur 5 bis 10 Prozent des Weizens Qualitätsweizen-Status, ein weiteres Fünftel war Mahlweizen, das Gros erreichte nur Futterqualität.

“Die heurige Getreideernte fiel buchstäblich ins Wasser.“ – Rudolf Grünanger

Besorgniserregende Zahlen sind auch aus dem Agrarhandel zu vernehmen. Rudolf Grünanger, Geschäftsführer der Landwirtschaftlichen Genossenschaft Klagenfurt-St.Veit-Rosental beziffert den Anteil an angeliefertem Brotgetreide inklusive Braugerste in seinem Unternehmen auf lediglich 11 Prozent. „Die heurige Getreideernte fiel buchstäblich ins Wasser“, so sein Resümee.

12 Prozent weniger Körnermais

Auch bei den Hackfrüchten werden durchwachsene Erträge notiert. Bei Speisekartoffeln etwa, die auf 450 Hektar angebaut wurden, schwankten die Erträge von gut bis extrem schlecht mit einem Ertragsminus von 30 Prozent, berichtet Pflanzenbau-Leiter Roscher. Auch hier habe die nasskalte Witterung und Staunässe vor allem der Sortierung der Knollen geschadet.
Zu kämpfen hatten auch die Maisbestände. Nach verspätetem Anbau, schwächelten die Pflanzen bereits in der Jugendentwicklung, das Wurzelwachstum war durch Staunässe gestört. Von insgesamt 22.400 Hektar angebautem Körner- und Silomais waren außerdem 8.000 Hektar von Hagelschlag betroffen. Entsprechend gering schätzen die Experten die diesjährige Körnermaisernte ein. Diese dürfte heuer bei rund 150.000 Tonnen liegen, ein Fünftel weniger als in „normalen Jahren“, so Erich Roscher.

Hilfe gefordert

Die herausfordernde Ernte in Verbindung mit den anhaltend geringen Erzeugerpreisen und nach wie vor hohen Produktionskosten werde den Kärntner Landwirten heuer „ein starkes Minus“ bescheren, weiß auch LK-Präsident und Bauernbund-Obmann Siegfried Huber.
Er sieht nun die Bundesregierung in der Pflicht, den bäuerlichen Betrieben unter die Arme zu greifen: „Während andere Berufsgruppen heuer mit guten Lohnabschlüssen rechnen können, wird das Einkommen der meisten Bauern sinken“, so Huber.

„Während andere Berufsgruppen heuer mit guten Lohnabschlüssen rechnen können, wird das Einkommen der meisten Bauern sinken.“ – Siegfried Huber

Der Bauernvertreter fordert daher eine Inflationsanpassung bei den Ausgleichszahlungen sowie weitere Entlastungen bei Steuern und Abgaben. Als „unverständlich“ tituliert Huber auch die EU-Stilllegungsverpflichtung von Ackerflächen, welche in Kärnten 1.800 Hektar betreffen werden. Angesichts von Kriegen und Klimawandel sei hier dringend Überarbeitungsbedarf, so der Bauernbund-Obmann.

- Bildquellen -

  • Überfluteter Bestand: Roscher/LK Kärnten
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AUTORClemens Wieltsch
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