EuGH-Urteil: Einzelne Wolfsentnahmen sind rechtens

Mehr als 20.000 Wölfe gibt es in der Europäischen Union. Das Großraubtier ist längst nicht mehr vom Aussterben bedroht, so die Einschätzung der Bauernbundes.

Im Herbst 2022 hat das Landesverwaltungsgericht Tirol dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) auf Basis eines Abschussbescheids aus dem Jahr 2022 mehrere Rechtsfragen zur Auslegung der derzeit geltenden FFH-Richtlinie für eine so genannte Vorabentscheidung übermittelt. Heute, Donnerstag, hat der EuGH seine Entscheidung bekanntgegeben.
 

„Die Entscheidung des EuGH hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf Tirol, bringt aber leider auch keine Erleichterungen. Die Abschussverordnungen haben sich bewährt, und diesen Weg werden wir konsequent weitergehen. Unter Anlegung eines strengen Prüfmaßstabes können wir weiterhin Schad- und Risikowölfe entnehmen. Unsere Verordnungen sind Einzelfallentscheidungen, die auf sauberen Rechtsgrundlagen und Fachgutachten basieren und die Besonderheiten unserer Almwirtschaft berücksichtigen“, stellt LH-Stv. Josef Geisler in einer ersten Reaktion fest.

Die Entscheidung verdeutlicht aus Sicht des Landes Tirol, dass es bei der FFH-Richtlinie großen Änderungsbedarf gibt. „Wir fordern die EU-Kommission und das Europäische Parlament auf, den Schutzstatus zu senken und erwarten uns hier mehr Tempo. Der Wolf ist nicht vom Aussterben bedroht und gehört reguliert wie jedes andere Wildtier auch.“

In dieselbe Kerbe schlägt Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig: „Fakt ist, der Wolf ist mit über 20.000 Individuen in Europa nicht mehr vom Aussterben bedroht. Zudem verliert das Großraubtier zunehmend die Scheu vor dem Menschen. Immer häufiger gibt es Wolfssichtungen in Siedlungsgebieten. Wir dürfen nicht zulassen, dass es zu einem Wolfs-Angriff auf einen Menschen kommt. Genau deshalb werde ich weiterhin auf EU-Ebene dafür kämpfen, dass der Schutzstatus gesenkt wird.“

EuGH-Urteil bestätigt österreichisches Wolfsmanagement

Auch Bauernbunddirektor David Süß sieht die österreichischen Maßnahmen im Urteilsspruch bestätigt: „Das Urteil besagt, dass die Bundesländer richtig gehandelt haben. Die Folgen eines ungebremsten Wachstums der Wolfspopulation wären verheerend: Nicht nur unsere hochwertigen Lebensmittel aus der Almwirtschaft stünden vor dem Aus. Unsere Freizeitgestaltung, ein Mehr an Biodiversität und insbesondere der österreichische Tourismus hängen direkt mit der Bewirtschaftung von Almen zusammen. Vor allem aber geht es um den Schutz von Nutztieren vor brutalen Wolfsattacken und letzten Endes auch um den Schutz von Menschen vor der Bedrohung durch den Wolf. Daher sind die gesetzten Maßnahmen gegen das Großraubtier notwendig und angemessen.“

Wenngleich sich das EuGH-Urteil auf veraltete Maßnahmen bezieht – mittlerweile wird etwa in Tirol nicht mehr mit Bescheiden, sondern nach mehreren Erneuerungen des Jagdgesetzes mit Entnahmeverordnungen gearbeitet – so sieht Süß eine klare Bestätigung des Wolfsmanagements durch die Bundesländer: „Die Verantwortlichen vor Ort arbeiten mit größter Genauigkeit und prüfen jeden Fall sorgfältig. Das hat sich ausgezahlt – auch der EuGH bestätigt nun, dass die Vorgangsweise, Problemwölfe zu entnehmen, richtig ist. Die Abschuss-Verordnungen haben sich bewährt.“

Gleichzeitig sei die EU am Zug, den strengen Schutzstatus von Wölfen herabzusenken: „Seit Jahren setzen wir uns auf allen Ebenen für einen zeitgemäßen Umgang mit dem Großraubtier ein. Die EU-Kommission hat nun angekündigt, den Schutzstatus senken zu wollen, das EU-Parlament eine entsprechende Resolution verabschiedet. Jetzt müssen diesen Worten Taten folgen. Ich bedanke mich ausdrücklich bei unseren politischen Vertretern – allen voran bei Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig und unserem Abgeordneten zum Europäischen Parlament Alexander Bernhuber – die dieses wichtige Thema für die heimische Land- und Forstwirtschaft vorantreiben,“ so Süß abschließend.

Weitere Abschussverordnung

Dass der Wolf zunehmend zum Problem für die heimische Landwirtschaft wird, zeigen die jüngsten Ereignisse im Bezirk Kitzbühel. Innerhalb des kurzen Zeitraumes von 4. bis 19. Juli wurden in Kirchdorf, Aurach und Kirchberg tote und verletzte Rinder gemeldet. Der Verdacht auf Beteiligung eines Wolfes besteht in allen Fällen. 

Einer der betroffenen Landwirte ist Christoph Pirnbacher, Landesobmann der TJB/LJ. Durch einen Wolfsangriff wurden insgesamt 15 Rinder verletzt und drei trächtige Kühe durch den Sturz in einen Graben getötet. „Der Vorfall ereignete sich bei Tageslicht und wurde von Augenzeugen beobachtet. Das zeigt deutlich, dass dieser Wolf jegliche Scheu verloren hat. Es ist noch zu früh, um die Almsaison abzubrechen, aber ein Weiter wie bisher ist auch nicht möglich. Nach dem Erlass der Abschussverordnung hoffen wir nun auf die Jägerschaft“, so Pirnbacher.

In einem Almgebiet im Gemeindegebiet von Obertilliach im Bezirk Lienz wurden am vergangenen Sonntag sechs tote Schafe aufgefunden. Nach Begutachtung durch die örtlich zuständige Amtstierärztin besteht der Verdacht auf Beteiligung eines Wolfes.

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AUTORRed. JS
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