BauernZeitung: Der Klimawandel sorgt vermehrt für Unwetter, Stürme, Überflutungen, dazu die Krise als Folge der Pandemie. Welche der beiden Herausforderungen ist größer?
JAUK: Gute Frage. Für die Versicherungsbranche ist sicher der Klimawandel ein Riesenthema, weil uns Unwetterereignisse wie Hagel, Sturm und Hochwasser stark treffen, wie etwa jenes am 24. Juni im Wald- und Weinviertel, das rund 7.000 Schäden in Höhe von etwa 70 Mio. Euro verursacht hat. Die Folgen der Pandemie werden sich wohl erst mittelfristig herausstellen.
Hat das Versicherungsgeschäft eigentlich unter den erschwerten Bedingungen und den Lockdowns gelitten? Und hat Corona die Nachfrage Ihrer Kunden verändert?
Die Pandemie hatte und hat starke Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft und jeden Einzelnen von uns. Wir haben von einem Tag auf den anderen auf Home-Office umgestellt. Das hat hervorragend funktioniert, weil wir bereits hochgradig digitalisiert und in der IT gut aufgestellt sind. Mit 1. September sind wir wieder zu einer gewissen Normalität zurückgekehrt. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten wieder im Büro, wir ermöglichen nun auch Home-Office. Die Nachfrage nach Versicherungsprodukten hat auch in der Zeit der Pandemie nicht nachgelassen. Ganz im Gegenteil: Aufgrund unserer digitalen Möglichkeiten und vor allem der Flexibilität unserer Berater konnten wir sowohl 2020 als auch im heurigen Jahr starke Zuwächse verzeichnen.
Welche Geschäftsbereiche haben sich zuletzt besser entwickelt, welche weniger gut?
Etwas nachgelassen hat die klassische Lebensversicherung, bedingt dadurch, dass diese aufgrund des Niedrigzinsniveaus an Attraktivität verloren hat. Bei allen anderen Produkten ist die Nachfrage sehr groß.
Wo sehen Sie Wachstumschancen in der Post-Corona-Zeit?
Ein Wachstumstreiber ist sicher die fondsgebundene Lebensversicherung wegen der höheren Ertragschancen für unsere Versicherungsnehmer. Und gerade die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, wie wichtig ein guter Rundum-Versicherungsschutz ist.
Die Auswirkungen des Klimawandels werden von Jahr zu Jahr deutlicher sichtbar, die Risiken nehmen zu. Welche Versicherungsformen gilt es, speziell dafür zu verändern, auszubauen, gar völlig neu zu entwickeln?
Es bedarf vor allem eines Schulterschlusses mit der Politik, um die künftig erwartbaren Unwetterereignisse entsprechend abzusichern. Die Versicherungswirtschaft allein wird das nicht stemmen können.
Sie übernehmen den Vorstandsvorsitz der NV also in nicht gerade einfachen Zeiten. Was nehmen Sie sich für Ihre neue Aufgabe vor?
Ich möchte gemeinsam mit meinen erfahrenen Vorstandskollegen Bernhard Lackner und Christian Freibauer und den motivierten und kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den äußerst erfolgreichen Weg der NV fortsetzen. Ich habe das große Glück, ein sehr gut bestelltes Haus übernehmen zu dürfen, das in den vergangenen 15 Jahren von meinem Vorgänger Hubert Schultes maßgeblich positiv geprägt wurde. Dafür bin ich dankbar, und es ist mir eine große Freude, die Geschicke dieses Unternehmens in Zukunft mitgestalten zu dürfen.
Was sind dabei Ihre persönlichen Schwerpunkte?
Mir ist es wichtig, unsere Kunden weiterhin zu begeistern. Der Mensch soll auch weiterhin im Mittelpunkt unseres Handelns stehen. Unsere rund 400 Mitarbeiter in der Kundenberatung und -betreuung sind der Garant dafür, dass wir auch in Zukunft die „persönlichste“ Versicherungsgesellschaft sind.
Wie sehen Sie den Trend zur Digitalisierung? Werden Versicherungen in Zukunft überwiegend online abgeschlossen werden?
Nein, das glaube ich nicht. Natürlich wollen und werden wir den bereits eingeschlagenen Weg der Digitalisierung weiter vorantreiben, mit dem Ziel einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung unserer Kundinnen und Kunden. Dabei gilt: Die Digitalisierung muss dem Menschen dienen und nicht umgekehrt. Wichtig ist für uns, dass unsere Berater durch Vereinfachung verschiedener Prozesse noch mehr Zeit für die persönliche Beratung und Betreuung unserer Kunden gewinnen. Gleichzeitig wollen wir unseren Kunden künftig ein attraktives Online-Angebot machen. Der Kunde soll entscheiden, wie er mit uns kommuniziert und in Kontakt ist. Am Ende beruht das Versicherungsgeschäft auf Vertrauen zwischen Menschen.
Ihr Unternehmen ist ein wichtiger Arbeitgeber in Niederösterreich. Das Wirtschaftsmagazin „trend“ hat die NV 2021 als einen von „Österreichs Top Arbeitgebern 2021“ ermittelt, sogar Platz 2 unter den Versicherungen.
Ja, das sind wir. Und weil unsere Mitarbeiter der Schlüssel zum Erfolg sind, ist mein dritter Schwerpunkt, die interne Unternehmenskultur weiter zu stärken. Wir wollen auch in Zukunft ein attraktiver Arbeitgeber sein, der die Besten anzieht und auch langfristig hält. Dazu gehören eine offene Unternehmenskultur und viel Eigenverantwortung. Beides wollen wir weiter ausbauen.
Warum sollte man also bei Ihnen anheuern?
Weil wir wirtschaftlich sehr erfolgreich und ein langfristig verlässlicher Arbeitgeber sind. Es war schon meinem Vorgänger Hubert Schultes sehr wichtig, dass, wenn es uns gut geht, es auch den Mitarbeitern gut gehen soll. Neben vielen Sozialleistungen sind die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, generell die Personalentwicklung, die Attraktivität des Arbeitsplatzes, die flexiblen Arbeitszeitmodelle und das gute Betriebsklima hervorzuheben. Ich bin also überzeugt davon, dass wird zu den besten Arbeitgebern im Land zählen. Und das ist auch in der Öffentlichkeit bekannt.
In einigen Bereichen ist die NV Marktführer im Land. Wo konkret?
Marktführer sind wir im sogenannten Breitengeschäft, also im Privatkundenbereich. Wir sind darüber hinaus ein starker Partner vieler KMUs, also kleinerer und mittlerer Unternehmen, sowie der öffentlichen Hand und Gemeinden. Einen entsprechend hohen Marktanteil haben wir auch im Agrarbereich, und wir sind ein sehr wichtiger Kooperations- und Vertriebspartner der Österreichischen Hagelversicherung.
In Unternehmen wie generell in unserer Gesellschaft hat ein Thema enorm an Relevanz gewonnen: die Nachhaltigkeit. Wie sieht´s da bei der NV aus?
Noch heuer werden wir eine „grüne fondsgebundene Lebensversicherung“ auf den Markt bringen, ein eigenes Produkt mit ausschließlich nachhaltigen Fonds. Wir errichten gerade Fahrradabstellplätze für unsere Mitarbeiter, noch mehr E-Ladestationen in unserer Tiefgarage, stellen um auf hundert Prozent Ökostrom und wollen auf unserer Zentrale eine Photovoltaikanlage installieren. Wir haben auch unseren Papierverbrauch um zwei Drittel reduziert, sind auf Öko-Papier umgestiegen, um nur einige Beispiele zu nennen.
Wer durchs Land fährt, sieht, dass die NV auch bei Kultur und Sport präsent ist. Welche Strategie verfolgen Sie da?
Wir unterstützen sehr viele Vereine und Initiativen, sind ein starker Partner der Freiwilligen- und der Blaulicht-Organisationen. Jedes Jahr profitieren davon etwa tausend Projekte aus Kunst und Kultur, Sport und Soziales. Bei uns finden also sehr viele Gehör, weil wir uns nicht nur als Versicherer sehen, sondern als Ermöglicher, als Partner der Bevölkerung mit großer, auch sozialer Verantwortung.
Bauernbund-Mitgliedern sind Sie seit vielen Jahren auch als Ballobmann bekannt. Wird es 2022 wieder einen Bauernbundball im VAC geben?
Ich habe in den vergangenen zehn Jahren mit einem tollen Komitee den NÖ. Bauernbundball organisieren dürfen. Der Bauernbundball zählt zu den größten Bällen in Wien, mit viel politischer Prominenz, als Brücke zwischen Stadt und Land bzw. Alt und Jung. Das hat mir stets riesigen Spaß gemacht. Heuer hat der Ball coronabedingt nicht stattfinden können, stattdessen gab es unser „Alles-Walzer“-Ballset. Ob der Ball im Jänner 2022 stattfinden kann, hängt von der weiteren Entwicklung der Pandemie ab.
Gibt es etwas, was Sie als gebürtiger Steirer in Niederösterreich vermissen?
Ich bin ja bereits seit 15 Jahren beruflich hier tätig und habe viele tolle Menschen kennengelernt. Ich vermisse nichts, ganz im Gegenteil: Niederösterreich ist ein schönes Land, und ich genieße die kulturelle und kulinarische Vielfalt. Und obwohl von einem steirischen Weinbaubetrieb abstammend, trinke ich gern auch mal ein Glas vom hervorragenden niederösterreichischen Wein.
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