Von der automatischen Datenerfassung zum effektiven Betriebsmanagement

Die gezielte Sammlung von automatisiert aufgezeichneten Messwerten und deren Nutzung finden in der Landwirtschaft immer mehr Verbreitung. Dementsprechend wichtig wird effektives Datenmanagement für die Betriebsführung.

Mit Sensoren auf dem Feld gewonnene Daten können auf Online-Plattformen automatisch übertragen und am Smartphone unterwegs oder zu Hause am PC genau analysiert und ausgewertet werden. ©Agrarfoto.com
Mit Sensoren auf dem Feld gewonnene Daten können auf Online-Plattformen automatisch übertragen und am Smartphone unterwegs oder zu Hause am PC genau analysiert und ausgewertet werden. ©Agrarfoto.com
Ursprünglich wurden Sensoren und Elektronik auf Maschinen zu deren Überwachung und Steuerung bzw. Regelung eingesetzt. Im nächsten Schritt kamen durch entsprechende Auswertung der Messwerte Daten für die Betriebsführung hinzu. Beispielsweise wurden Zuckerrübenvollernter entwickelt, bei den aus der Fahrgeschwindigkeit, der Position der Rodeeinheit und der Schaltung des Entladebandes (Ein/Aus) die Rode-, Entlade-, Leerfahrt- und Anfahrtszeiten für die Ernte eines Schlages automatisiert ermittelt werden konnten. Ein anderes Beispiel ist die automatische Melkzeugabnahme in einem Melkstand. Hier lässt sich über den Milchflusssensor die Melkzeit für jede Kuh errechnen. Zu Beginn wurden solche Kennwerte nur auf einem Display angezeigt bzw. konnten intern gespeichert oder durch einen inte­grierten Drucker ausgedruckt werden. Später konnten die gespeicherten Daten mittels Datenträger auf den Büro-PC übertragen werden. Mit der Weiterentwicklung und den damit einhergehenden geringeren Produktionskosten für diverse Sensoren wurden in den letzten Jahren Systeme entwickelt, die beispielsweise auf Basis des reflektierten Lichtes Aussagen über den Stickstoffbedarf von Pflanzen liefern (N-Sensoren). In der Milchviehhaltung lässt sich aus den am Fuß oder Ohr der Kuh angebrachten Beschleunigungssensoren die Brunst erkennen.

Vernetzung schreitet rasch voran

Mit der zunehmenden Anzahl von Robotern (z. B. Melk- oder Fütterungsroboter) werden diese auch über Kabel (LAN) oder Funk (WLAN) vernetzt. Dadurch wird eine Datenübertragung zu PC und Tablet bzw. ins Internet ermöglicht. Über Mobilfunknetze sind auch große Erntemaschinen und Traktoren mittlerweile ständig mit dem Internet verbunden. Dadurch wird Fernwartung ermöglicht. Hersteller oder Dienstleister können – auch ohne vor Ort zu sein – Softwareupdates installieren und bei Problemen eine Fehleranalyse durchführen. Gleichzeitig ist es möglich, alle Sensordaten auf einen Server bzw. eine Datenplattform des Herstellers im Internet (Cloud) zu übertragen, zu speichern und zu analysieren. Die automatisch erfassten und aufbereiteten Daten können dem Landwirt als Information für die Überwachung und Entscheidungsfindung am PC oder Smartphone zur Verfügung gestellt werden. Damit ergeben sich völlig neue Anwendungen: Z. B. werden die Informationen im Herdenmanagementprogramm vom Melkroboter und Brunsterkennungssystem laufend automatisch aktualisiert. Diese Informationen können über eine App am Smartphone im Stall oder von unterwegs abgerufen werden und entsprechende Maßnahmen gesetzt werden. Gleichzeitig sind die Maßnahmen im Herdenmanagementprogramm auch dokumentierbar. Umgekehrt können z. B. bei Mähdreschern über ein Telemetriesystem Arbeitsfortschritt, Erntemenge, Wassergehalt, Flächenleistung, Treibstoffverbrauch, Maschineneinstellung, Wartezeiten usw. erfasst werden. Die Daten sind vom Büro oder Smartphone einsehbar und als Basis für unmittelbare Entscheidungen nutzbar. Mittelfristig können solche Daten auch für die kundenspezifische, leistungsbezogene Angebotserstellung verwendet werden. Im Management von Feldhäckslern ermöglichen Telemetriesysteme über die Cloud die Koordinierung der Abfuhrfahrzeuge, da jeder Fahrer über eine App seine eigene und die Position aller anderen Fahrzeuge in der Erntekette sehen kann. Er sieht auch den Erntefortschritt auf jeder Fläche und die Route zur nächsten zu erntenden Fläche. Der Häckslerfahrer kann auch Nachrichten an die Fahrer senden. Für den Bereich der Düngung und des Pflanzenschutzes werden für Lohnunternehmer Flottenmanagementsysteme angeboten, in denen der eingehende Auftrag (Schlaggrenzen im GIS, Wirkstoff bzw. Dünger, Ausbringmenge) zunächst erfasst wird. Die Aufträge werden über Internet auf die Maschine übertragen. Während der Auftragserledigung werden Ort, Zeitpunkt, Ausbringmenge, Wirkstoff bzw. Dünger und Arbeitszeit dokumentiert. Nach Abschluss des Auftrages stehen die Daten dem Auftraggeber auf der Plattform zur Erfüllung von Dokumentationspflichten zur Verfügung, und der Auftragnehmer erstellt automatisch die Abrechnung.

Datenplattformen/Clouds haben einige Vorteile

Zusammenfassend ergeben sich durch Plattformen folgende Vorteile für den Landwirt:

  • Aktuelle Infos sind gut verfügbar.
  • Da diese Datenplattformen von vielen Landwirten genutzt und zentral gewartet werden, sind sie im Vergleich zu einzelbetrieblichen Lösungen relativ kostengünstig.
  • Datensicherung wird professionell vom Plattformbetreiber übernommen.
  • Zahlreiche Datenplattformen werden von mehreren Herstellern gemeinsam betrieben. Damit wird sichergestellt, dass auch Maschinen von verschiedenen Herstellern mit ihnen kommunizieren können.
  • Datenplattformen enthalten auch Daten zu Betriebsmitteln (Saatgut, Dünger, Pflanzenschutzmittel, …), Wetter, Warndienste, Marktpreise etc.
  • Durch die große Zahl der Nutzer können durch Auswertung der Daten Benchmarks für die Leistungsfähigkeit der Maschinen, die Erträge einzelner Kulturen oder den Betriebsmitteleinsatz generiert werden.
  • Die automatische Bereitstellung von Berichten erfüllt Dokumentationspflichten.

Es gibt aber auch kritische Punkte

Trotz funktionsfähiger Lösungen von einzelnen Herstellern gibt es noch zahlreiche technische bzw. rechtliche Probleme. Zentrale Fragen, die vor dem Einstieg in ein System überlegt werden sollten, sind:

  • Wie ausgereift ist das System? Auch wenn ein System auf vielen Betrieben gut funktioniert, so kann es unter bestimmten Bedingungen auf anderen Betrieben Probleme geben.
  • Wie aufwendig ist die Einrichtung des Systems? Bis die Betriebsdaten erfasst sind und alle Mitarbeiter die Bedienung erlernt haben, kann es sein, dass der Mehraufwand die Einsparung überwiegt.
  • Wie hoch ist der Aufwand für das laufende Kalibrieren der Sensoren? Viele Sensoren erreichen eine akzeptable Genauigkeit nur, wenn sie regelmäßig kalibriert werden.
  • Zu welchen Maschinen (Herstellern), Behörden, Förderstellen, Betriebsmittelherstellern und anderen Datenplattformen/Programmen sind Schnittstellen vorhanden? Fehlen gut dokumentierte Schnittstellen oder die Funktionen zum Exportieren oder Importieren von standardisierten Datenformaten, so müssen beispielsweise von einer Maschine automatisch erfasste Daten in einem anderen Programm mühsam manuell übertragen oder gar händisch eingegeben werden. Zentrale Fragen sind: Kann ich mir durch eine Datenplattform das Eingeben derselben Daten an verschiedenen Stellen ersparen? Kann ich die Ergebnisse auch exportieren und selbst für andere Zwecke nutzen?
  • Können die Daten innerhalb der Plattform mit anderen Benutzern oder Landwirten geteilt werden? Für landwirtschaftliche Berater oder bei Betriebskooperationen kann die Freigabe für Dritte gewünscht sein.
  • Funktioniert das System auch offline? Um komfortabel arbeiten zu können, muss eine leistungsfähige (mobile) Internetverbindung zur Verfügung stehen. Fehlt sie kurzzeitig, muss ohne Unterbrechung weitergearbeitet werden können.
  • Wo stehen die Server? Die Entfernung bzw. die Verbindung zu Servern kann die Leistung beeinflussen.
  • Wie sicher sind die Daten und der Zugriff? Wird kein angemessen sicheres Verschlüsselungsverfahren verwendet, können die Daten eventuell während der Übertragung von Dritten mitgelesen werden, oder im Falle eines unbefugten Zugriffs auf die Datenbank ausgelesen werden. Dies ist auch besonders wichtig für Passwörter bzw. den Login-Vorgang.
  • Was steht in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)? Siehe hierzu auch Infokasten oben.
  • Beim überbetrieblichen Einsatz der Maschinen stellt sich die Frage, ob und wie der Auftraggeber bzw. zu welchem Preis er die von der Maschine automatisch erfassten Daten bekommt? Die Datenerfassung kostet Geld, das der Auftragnehmer durch den effizienteren Einsatz der Maschine bzw. durch den Verkauf der Daten verdienen muss. Weiters muss geklärt werden, welche Rechte der Auftragnehmer bzw. der Plattformbetreiber an den Daten hat.

Geschäftsbedingungen: Auf das Kleingedruckte achten

• Es gibt Anbieter, die sich unbeschränkte Nutzungsrechte einräumen. D. h., die Landwirte geben Urheber- und Nutzungsrechte ab, und die Betreiber dürfen die Daten für eigene Zwecke auswerten oder verkaufen.
• Wer hat Zugang zu den Daten? Im Sinne des Datenschutzes ist es von Relevanz, welches Personal beim Hersteller die Daten einsehen darf.
• Wie lange habe ich Zugang zu meinen Daten? Es gibt Lizenzen, die den Zugang z. B. nur für eine Woche gewähren.
• Was passiert mit den Daten beim Anbieterwechsel bzw. bei Insolvenz des Anbieters? Hier spielen die Rechte an den Daten bzw. Datenexportfunktionen eine entscheidende Rolle.
• Wo liegen die Daten? Der Standort von Servern hat auch rechtliche Konsequenzen in Bezug auf den Datenschutz.

Datenmanagement: Technologie mit Potenzial

Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass das Datenmanagement in der Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. Die neuen Systeme und Technologien bieten ein enormes Potenzial, um das betriebliche Management zu rationalisieren und zu verbessern. Auch wenn viele Lösungen schon marktreif sind oder zu sein scheinen, müssen eine Reihe von Faktoren berücksichtigt werden, um die langfristige Sinnhaftigkeit von derartigen Investitionen zu gewährleisten. Langfristig muss besonders den Funktionen zum Datenaustausch und der Interoperabilität (Zusammenarbeit) der Systeme sowie einigen rechtlichen Belangen besonderes Augenmerk geschenkt werden.

Dipl.-Ing. Franz Handler und Dipl.-Ing. Martin Wischenbart, HBLFA Francisco Josephinum

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