Egal ob Diesel, Ersatzteile, Reifen, Folien – die massive Teuerung hat auch die Betriebsmittel und landwirtschaftlichen Dienstleistungen sowie den überbetrieblichen Maschineneinsatz erfasst. Das erfordert eine Neukalkulation der Preisgestaltung aller Formen der bäuerlichen
Zusammenarbeit und Dienstleistungen – von der Nachbarschaftshilfe im
Maschinenring über Maschinenvermietungen und -gemeinschaften bis hin zu Lohnarbeiten von Profi-Dienstleistern.
Orientierungshilfe für den eigenen Betrieb
In all diesen Bereichen sind die anfallenden Mehrkosten zu ermitteln und in die Arbeitspreise einzurechnen. Wer darauf verzichtet oder nur einen Teil weitergibt, der steuert auf Verluste zu, die in Anbetracht des in den Maschinen gebundenen Kapitals auch in den wirtschaftlichen Ruin führen können. Um bei der Neukalkulation der Arbeitspreise praxisnah zu bleiben, sei dies nachfolgend anhand von Erfahrungswerten verschiedener Lohnunternehmer demonstriert.
Die Werte sollen als Orientierungshilfe dienen. Die Echtzahlen können in einzelnen Betrieben entsprechend abweichen. Anhand der angeführten Werte kann man sich ein gutes Bild verschaffen, wo das eigene Unternehmen oder einzelne Betriebszweige liegen.
Kostenstruktur als Ausgangsbasis
Ausgangsbasis der Kalkulation ist der bisher bezahlte Dienstleistungspreis (siehe Tabelle), der sich aus den einzelnen Kostenpositionen ergibt und in Summe 100 Prozent ausmacht. Anhand der angeführten Kostenstruktur lassen sich durch Vergleich mit eigenen Werten auch Verbesserungspotenziale für den eigenen Betrieb ableiten. Zu beachten ist, dass sich die Kostenstruktur mit der Größe der Maschinengespanne ändert. Um praxisnah zu bleiben, sei eine Unterteilung in drei Gruppen gewählt:
• niedrigere Leistungsgruppe mit 120 bis 180 PS Antriebsleistung,
• mittlere Leistungsgruppe mit 240 bis 300 PS und
• höhere Leistungsgruppe mit 350 bis 600 PS.
Die in der Tabelle angeführte Kostenstruktur bezieht sich auf Maschinen der mittleren Leistungsgruppe. So betrug der Treibstoffanteil im Jahr 2021 hier 22 Prozent. In der niedrigen Gruppe war er demgegenüber mit 18 Prozent zu veranschlagen, in der höheren Leistungsgruppe mit rund 28 Prozent
Der Anteil der Personalkosten für operative Arbeit liegt in der niedrigeren Leistungsgruppe deutlich höher, während er sich in der höheren Leistungsgruppe entsprechend reduziert.
Die Zinsbelastung, gemessen im Verhältnis zu Dienstleistungsumsatz, ist stark von den jährlichen Einsatzstunden des Maschinengespanns abhängig. Maschinen mit einem hohen Kapitalwert und geringen Umsätzen, etwa Mähdrescher, verursachen eine überdurchschnittlich hohe Zinsbelastung. Dies kann bei höheren Zinssätzen von entsprechender Bedeutung sein. Nicht enthalten in der Strukturauflistung der Tabelle sind extern benötigte Betriebsmittel und Verbrauchsstoffe wie Folien, Netze, Schnüre, Dünger, Saatgut, Pflanzenschutzmittel und Ähnliches. Diese sind gesondert zu kalkulieren. Und zur Kalkulation der Preisanpassung für das laufende Jahr 2022 sei nun jede Kostenposition gesondert betrachtet.
Teuerung betrifft alle Kostenpositionen
Bei der Position „Treibstoffe“ sind etwa die durchschnittlichen Dieselpreise um 46 Prozent gestiegen. Zugrunde liegt dieser Kalkulation ein Dieselpreis im März und April des heurigen Jahres von 1,51 Euro/l netto bzw. 1,81 Euro/l brutto, der dem Jahresdurchschnitt 2021 von 1,03 Euro/l netto bzw. 1,24 Euro/l brutto) gegenüberzustellen ist.
Andere Betriebsmittel, wie beispielsweise Ersatzteile, Reparaturen und Reifen, sind im Jahresvergleich in einer Bandbreite von 12 bis 40 Prozent gestiegen. Mehrmalige Preiserhöhungen bei Maschinen führen zu einem überdurchschnittlichen Anstieg bei der Position Abschreibungen oder Wertminderungen. Bei den Personal- und Allgemeinkosten sind Anpassungen in einer Höhe von 4 bis 6 Prozent vorzunehmen.
Die Summierung der einzelnen Kostenveränderungen ergibt einen durchschnittlichen Wert für die notwendige Preisanpassung von 2021 auf 2022. Für die mittlere Leistungsgruppe ergibt sich der in der Tabelle ersichtliche Anpassungswert von gut 17 Prozent.
In der niedrigeren Leistungsgruppe beträgt der Anpassungswert laut dieser Kalkulation etwas mehr als 15 Prozent und in der höheren Leistungsgruppe rund 19 Prozent.
Die Kostensteigerungen bei Verbrauchsmaterialien und Betriebsmitteln, wie Folien, Netze, Dünger, Saatgut, Pflanzenschutzmittel, sind hier nicht enthalten und deshalb gesondert in Rechnung zu stellen.
Auf Kostendeckung achten
Wer Maschinendienstleistungen im Umfang von mehr als etwa 200 Maschinenstunden im Jahr erbringt, sollte die Preiskalkulation von Teilkosten (siehe „ÖKL-Werte“) auf eine Vollkostenrechnung umstellen.
Bei sehr leistungsfähigen Maschinengespannen, etwa mit Antriebsleistungen von 350 bis 600 PS, dürfen die Maschinenkosten maximal 70 bis 74 Prozent des Arbeitspreises ausmachen. Die restlichen Prozentpunkte (mindestens 26 Prozent) müssen für die Kostenbereiche Personal, Geschäft und Unternehmen, Nebenzeiten und für die Deckung von Wagnissen zur Verfügung stehen.
Wer diese Faustzahlen nicht beachtet, kann in der Regel keine Vollkostendeckung erreichen. Er arbeitet somit unentgeltlich oder finanziert von außen dazu.
Straßenfahrt verbrennt bares Geld: Kosten aus Nebenzeiten klar ausweisen
Ein bedeutender Faktor für die Wirtschaftlichkeit von Maschineneinsätzen sind die Kosten für Nebenzeiten wie für Straßenfahrten, Probeeinsätze sowie Rüst- und Stehzeiten. Während die Arbeitsstunde meist genau kalkuliert wird, ist das bei der Straßenfahrt viel weniger der Fall. Zur Verdeutlichung: Alleine für den Reifenverschleiß eines 200 PS-Traktors sind in Abhängigkeit von der Reifenart- und Reifenbreite rund 4,50 bis 7,50 Euro je Straßenstunde zu kalkulieren. Dazu kommen Treibstoffkosten in Höhe von 20 bis 23 Euro je Betriebsstunde (im Durchschnitt 11 bis 13 Liter á 1,81 Euro) und dazu ein Reparaturkostenanteil von 10 bis 12 Euro je Stunde. Wer das nicht kalkuliert, „verbrennt“ auf der Straße bares Geld. Um ein Bewusstsein für diese Kosten zu schaffen, sollte man sie gesondert ausweisen. Noch besser ist es, Arbeiten im Lohneinsatz logistisch zu optimieren. Beispielsweise kann man sich mit Nachbarn auf einen gemeinsamen Termin einigen, damit der Dienstleister nicht ein zweites oder drittes Mal anfahren muss. Klar sollte sein, dass Dienstleister sowie auch Landwirte in der Nachbarschaftshilfe diese Kosten nur unter Verlusten auf ihre Kappe nehmen. können.
ÖKL-Werte sind keine Vollkosten: An der Arbeitsqualität arbeiten, nicht am billigsten Preis
In der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe gelten die ÖKL-Richtwerte als Berechnungsgrundlage für die Selbstkosten. Die Werte sind eine gute Ausgangsbasis für die Kalkulation. Sie beruhen auf fixen und variablen Maschinenkosten auf Basis einer durchschnittlichen Auslastung in bäuerlichen Familienbetrieben. Für eine Vollkostendeckung sind ergänzend auch die Kosten für Nebenzeiten (Wegezeiten, Stehzeiten), Personal, Wagnisse, Geschäfts- und Unternehmenskosten sowie der Arbeitsverdienst für den Unternehmer einzurechnen. Erfahrungswerte zeigen, dass bei Maschinengespannen von 120 bis 180 PS der Anteil der fixen und variablen Maschinenkosten am gesamten Dienstleistungspreis höchstens 62 bis 68 Prozent betragen soll, damit auch ein Arbeitsverdienst erzielt wird und Mitarbeiter bezahlt werden können.
In der Praxis kommt es vor, dass Landwirte und auch Lohnunternehmer nur 60 bis 90 Prozent der ÖKL-Werte abrechnen. Solche Dumpingangebote sind ruinös für den Markt und auch für den Billiganbieter selbst. Auch der Kunde wird bei Billigpreisen meist schlecht bedient. Besser ist es, auf die Arbeitsqualität zu achten und nicht den billigsten Preis zu forcieren.
Helmut Scherzer