Die schon drei Wochen andauernde Sperre des Tönnies-Betriebes in Rheda-Wiedenbrück (D) hat euopaweit fatale Folgen. Der Rückstau in den Mastställe der Bauern geht mittlerweile in die Hunderttausende an schlachtreifen Schweinen. Die Bauern geraten zunehmend in Panik. Dazu kommt, dass aufgrund der negativen Schlagzeilen vielen deutschen Verbrauchern der Appetit auf Schweinefleisch vergangen ist. Folgedessen können die aktiven Schlachtbetriebe die Ware nur mittels massiver Preiszugeständnisse absetzen. Verschärft wird die Misere noch durch das von China verhängte Exportverbot für von Corona betroffene Schlachtbetriebe. Weil unter diesen Rahmenbedingungen nun vom Schlachtschwein bis zum Verarbeitungsfleisch um jeden Preis verkauft wird, stürzen europaweit die Preise ab. Auch hier zeigt Deutschland was möglich ist. Laut offizieller Notierung binnen 14 Tagen minus 19 Cent. Im Handel soll auch noch billigere Ware unterwegs sein.
In Österreich ist die Verunsicherung quer durch die gesamte Wertschöpfungskette massiv spürbar. Nachdem zu Beginn der abgelaufenen Woche bei vier Fleischunternehmen in Oberösterreich nach einem 100 %-Mitarbeiterscreening 17 Personen positiv getestet wurden, gab es zusätzliche Bedenken. Erfreulich, dass die zuständigen Behörden inkl. Politik sachlich und besonnen analysieren und berichten und wegen der geringen Anzahl an positiven Fällen mit schlüssiger Rückverfolgbarkeit der Infektionskette nie Betriebsschließungen ins Auge gefasst wurden. Demzufolge sind die Schlachtaktivitäten annähernd auf Normalniveau geblieben.
Problematischer stellt sich der Fleischmarkt dar, der unmittelbar mit dem Dumpingangebot aus Deutschland und weiteren Ländern wie z. B. Spanien konfrontiert ist. Vor dem Hintergrund eines um zehn Prozent panikartig gestiegenen Angebots und einem mit Vorsicht geprägten Nachfrageverhalten musste an der Ö-Börse den Abnehmern die Forderung von minus 13 Cent zugestanden werden. Damit soll es gelingen, dass Überhänge an schlachtreifen Schweinen im überschaubaren Bereich bleiben.
Preise KW 28/29 (Marktbericht vom 9. Juli 2020):
Mastschweine-Notierungspreis: 1,50 Euro (–0,13)
Berechnungsbasis: 1,40 Euro
Zuchten-Notierungspreis: 1,23 Euro (–0,10)
Berechnungsbasis: 1,13 Euro
Dr. Johann Schlederer