Der Betrieb beider Zuckerfabriken in Österreich ist notwendig, um die zu erwartenden Rübenmengen bewältigen zu können.” So lautet das Ergebnis des “Ständigen Ausschusses von Agrana und Rübenbauern” (Star), der am Mittwoch, 12. August 2020, getagt hat, um die Rahmenbedingungen für die Kampagne 2020 zu vereinbaren. Laut Aussendung der Rübenbauern haben sich damit die seit einiger Zeit kursierenden Gerüchte über eine Schließung der Zuckerfabrik Leopoldsdorf als haltlos erwiesen.
Entstanden ist die Debatte vor allem aufgrund der auf einen historischen Tiefstand gesunkenen Anbaufläche. Zwar wurden im Frühjahr rund 34.000 ha Rübenfläche kontrahiert, aufgrund massiven Schädlingsbefalls fiel die Fläche auf nur noch knapp über 26.000 ha. Damit stand die Stilllegung einer Fabrik im Raum. Verunsicherung in der Branche entstand zudem durch die Dienstfreistellung zweier Geschäftsführer der Zuckersparte von Seiten Agranas.
Gute Erträge in Aussicht
Aufgrund der guten Niederschlagsversorgung und der damit einhergehenden guten Entwicklung der Rübenbestände in den vergangenen Wochen erwartete man nun Durchschnittserträge von etwa 84 t/ha. Die Bandbreite der Ertragserwartungen reicht von durchschnittlich 70 bis 82 t/ha im östlichen Anbaugebiet und von 82 bis 96 t/ha im westlichen Anbaugebiet. Aufgrund dieser erfreulichen Ertragserwartung ist nun eine Kampagne in beiden Zuckerfabriken sinnvoll. Die Kampagne wird voraussichtlich in den ersten Oktobertagen starten. Die Detailplanung erfolgt durch die Agrana-Rohstoffabteilung.
Karpfinger: „Es besteht nun Klarheit für die heurige Kampagne“
Rübenbauernpräsident Ernst Karpfinger, zeigt sich erleichtert über die getroffene Entscheidung: „Ich bin froh, dass es nun Klarheit für die heurige Rübenkampagne gibt. Die Spekulationen, ob eine Zuckerfabrik stillgelegt wird, sind beendet.“ Die erwartete Rübenmenge hätte mit nur einer Zuckerfabrik sicher große Probleme bereitet, ist Karpfinger überzeugt. Zudem sei es für die Bauern wichtig zu wissen, wann der Kampagnestart erfolgt. Nun können Ernteplanung und Kulturpflege sachgerecht erfolgen. Der Kampagnebeginn Anfang Oktober ermöglicht es, jetzt noch die letzte Cercosporabekämpfung durchzuführen, um die Rüben bis zur Ernte gesund zu halten. Karpfinger: „Zusätzlich zu den überdurchschnittlichen Rübenerträgen sind heuer auch gute Zuckergehalte sehr wichtig.“ Auch die Agrana-Rohstoffabteilung gibt zu den Pflanzenschutzmaßnahmen die entsprechenden Behandlungsempfehlungen.
Kontrahierungsvertrag gilt
Die Entscheidung für die Kampagne mit zwei Fabriken ist aus Sicht der Rübenbauern „ein wichtiger Schritt“ im Sinne der Kontinuität der Zuckerproduktion in Österreich. Die im Frühjahr vereinbarten Rahmenbedingungen zur Preisbildung sind damit aufrecht. Die Entscheidung für die Kampagne mit zwei Fabriken hält auch die Möglichkeit offen, im kommenden Jahr 2021 nocheinmal einen Anlauf zur Ausweitung der Rübenfläche zu nehmen. Die Aussichten, dass dies gelingen kann sind derzeit gegeben. Vor allem der Rübenrüsseler scheint durch die im Frühjahr getroffenen Maßnahmen und die bisher eher feuchte Witterung in der Vegetationsperiode in die Defensive zu geraten. Laut Käfermonitoring der Agrana sollen die Besatzzahlen derzeit relativ gering sein.
Notfallzulassung in Frankreich
Dass Probleme beim Pflanzenschutz den Rübensektor auch anderswo in Bedrängnis bringen, zeigt das Beispiel Frankreich. Dort hat heuer massiver Blattlausbefall samt damit einhergehender Infektionen mit Vergilbungsviren massive Ertragseinbußen zur Folge. Der Erzeugerverband der Rübenbauern bezifferte den zu erwartenden Gesamtverlust auf mindestens 100 Mio. Euro. Damit drohen drastische Maßnahmen wie Fabrikschließungen. Das Landwirtschaftsministerium im Paris hat in der Sache Anfang August bekanntgegeben, dass man im kommenden Jahr über eine Notfallzulassung den Einsatz von Neonicotinoiden im gebeizten Zuckerrübensaatgut ermöglichen will. Die erforderliche Gesetzesänderung soll im Herbst auf Initiative der Regierung erfolgen.
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- Zuckerfabrik Tulln Web Agrana: agrana