Der europäische und damit auch der heimische Zuckerrübenanbau stecken seit Jahren in einer schweren Krise. Die Rübenbauern erklären die Gründe dafür: Die Produktionsausweitung der großen Produktionsländer in Europa nach der Aufhebung der nationalen Produktionsquoten ließ die Zuckerpreise auf die Hälfte abstürzen. Das wirkte sich im gleichen Ausmaß auf die Rübenpreise aus, wodurch der Rübenanbau in Österreich schwer unter wirtschaftlichen Druck kam. Durch den verstärkten Umstieg vieler Ackerbaubetriebe auf biologische Wirtschaftsweise stellten viele dieser Betriebe den Rübenanbau aus verschiedenen Gründen dauerhaft ein. Zusätzlich vernichtete der Rübenderbrüsslers durch das massive Auftreten bis zu einem Viertel der gesamten österreichischen Rübenanbaufläche. Mancherorts wurde dadurch der Rübenanbau unmöglich gemacht, denn dieser Schädling ist nur sehr schwer mit den zur Verfügung stehenden Pflanzenschutzmitteln bekämpfbar.
Aus all diesen Entwicklungen war in den letzten drei Jahren ein starker Flächenrückgang bzw. Flächenausfall zu verzeichnen, sodass eine Schließung einer der beiden Zuckerfabriken der Agrana immer wieder im Raum stand. Zuletzt wurde über die Schließung der Zuckerfabrik Leopoldsdorf bereits in diesem Jahr spekuliert. Durch die überdurchschnittlich hohe Ertragserwartung konnte dies in letzter Sekunde gerade noch abgewendet werden.
Der Aufsichtsrat der Agrana beschloss am 25. August 2020 dennoch die Schließung der Zuckerfabrik Leopoldsdorf ab dem nächsten Jahr, sollte bis Mitte November keine Zusicherung einer Anbaufläche von zumindest 38.000 Hektar gegeben sein.
Rübenbauern-Präsident Ernst Karpfinger appelliert dazu: „Es muss nun dringend ein letzter Anlauf zur Rettung der Zuckerfabrik Leopoldsdorf gestartet werden. Die Tür ist noch nicht ganz geschlossen. Es müssten nun von den Rübenbauern ausreichend Rübenflächen für 2021 kontrahiert werden. Dazu benötigen wir aber unbedingt begleitende Maßnahmen von der Politik. Wir brauchen eine verbindliche Zusage für verlässliche Rahmenbedingungen beim Pflanzenschutz sowie finanzielle Unterstützung im Kampf gegen den Rüsselkäfer. Ähnliches wurde beispielsweise für Frankreichs Rübenbauern vor wenigen Wochen angekündigt, die ebenfalls mit Schädlingen massiv zu kämpfen haben. Dort wurde erkannt, dass die Eigenversorgung wichtig ist und keinesfalls leichtfertig aufgegeben werden darf.“
Insbesondere beim Pflanzenschutz stoßen die Rübenbauern immer häufiger an ihre Grenzen. Es gibt kaum mehr wirksame Mittel, die zur Bekämpfung des Rübenderbrüsslers und auch anderer Schädlinge verwendet werden dürfen. „Uns fehlt aber das notwendige Werkzeug zum Arbeiten. Bei uns alles zu verbieten und dann Importe aus Ländern außerhalb der EU zuzulassen, die Pflanzenschutzmittel verwenden, die bei uns längst verboten sind, ist der falsche Weg, vernichtet heimische Wertschöpfung und Arbeitsplätze und ist unfair“, beklagt Karpfinger.
Österreich kann sich derzeit bei Zucker aus heimischer Produktion noch selbst versorgen. Würde eine Zuckerfabrik geschlossen werden, wäre das laut Karpfinger nicht mehr der Fall. „Zucker wird traditionell seit Jahrzehnten aus Zuckerrüben vor Ort in Österreich produziert. Es muss nun alles unternommen werden, diese regionale, umweltgerechte Produktion eines wichtigen Grundnahrungsmittels sicherzustellen. Es freut mich, dass Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger und NÖ LH-Stv. Pernkopf bereits angekündigt haben, dies zu unterstützen“, so der Präsident der Rübenbauern.
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