Rosé-Kälber werden schwerer gemästet als jene in der Weißmast. In sieben Monaten gilt es bis zu 170 kg Schlachtgewicht zu erreichen.

Die Misere ist in der Landwirtschaft kein Geheimnis. 50.000 männliche Milchrassekälber gehen hierzulande jährlich mangels Nachfrage in den Export. Zugleich werden 70 Prozent des österreichischen Kalbfleischbedarfs aus Importen gedeckt, lange Transportwege inklusive. Bereits 2019 griffen Österreichs Rindfleischerzeuger unter dem Dach der ARGE Rind die Problematik auf und hoben das Kalb Rosé Austria als heimische Alternative für den Gastrogroßhandel aus der Taufe. Seit 2020 steigen die Produktionszahlen kontinuierlich, mit „Astro Kalb“ konnte ein findiger Vermarktungspartner an Land gezogen werden.

Fradler: „Wir könnten locker auch die doppelte Menge vermarkten.“

Heute produzieren Betriebe in Nieder- und Oberösterreich, Tirol, in der Steiermark und in Kärnten Rosé-Kälber. Allein die Bäuerliche Vermarktungsgenossenschaft Kärntner Fleisch (BVG) schlägt mittlerweile 2.000 Kälber pro Jahr um. 50 Kälber der Rassen Holstein, Pinzgauer und Braunvieh sind es im Schnitt pro Woche, weiß Josef Fradler, ARGE Rind- und BVG-Obmann in Personalunion. „Wir könnten locker auch die doppelte Menge vermarkten“, erklärt er stolz. Den produzierenden Bauern könne man durch das jährlich mit Astrokalb-Chef Thomas Maurovich ausverhandelte Fixpreismodell außerdem mehr Planbarkeit bieten. An Kälbern werde es Österreich auch in den nächsten Jahren nicht mangeln, meint Fradler, denn „während die Mutterkuhbestände schrumpfen, bleiben jene beim Milchvieh stabil“.

Fingerspitzengefühl statt engem Anforderungskorsett

Rosé-Kälber sollen binnen sechs bis maximal acht Monaten ein Lebendgewicht von 280 bis 320 Kilogramm erreichen. „Wir haben uns bewusst gegen eine ‚Babyschlachtung‘ entschieden“, erklärt der ARGE-Obmann. Auch dadurch will man sich von der klassischen Weißmast abheben.

Quelle: ARGE Rind
Die Fleischfärbung wird bei Kalbfleisch anhand einer sechsstufigen Farbskala klassifiziert.

Damit die Kälber nicht nur die zumindest angestrebten 130 Kilogramm Schlachtgewicht auf den Haken bringen, sondern auch die namensgebende zartrosa Fleischfarbe aufweisen, braucht es in der Fütterung einiges an Fingerspitzengefühl. Die ersten acht bis zehn Wochen erhalten die Kälber Kraftfutter, Heu oder Stroh sowie Milchaustauscher. Dieser soll zumindest 30, besser 50 Prozent Magermilchanteil aufweisen. Josef Fradler erklärt warum: „In den ersten Lebenswochen ist pflanzliches Eiweiß für die Kälber schlicht kaum bis schwer verdaulich.“ Der eingesetzte Milchaustauscher muss dabei GVO- und palmölfrei sein. „Ansonsten hat sich die ARGE Rind als Träger der Marke bewusst gegen weitere Vorgaben entschieden“, berichtet der Obmann. Ein Vollmilchaustauscher, wie ihn etwa die Berglandmilch ihren Zulieferern vorschreibt, ist demnach nicht vonnöten.

In der zweiten Mastphase werden wiederkäuergerechte, aber dennoch kraftfutterintensive Rationen vorgelegt. Die Basis bilden Silomais und möglichst staubarmes Futterstroh. Von Grassilage rät die ARGE Rind aufgrund des negativen Einflusses auf die Fleischfärbung eher ab, verboten ist der Einsatz jedoch nicht. Als Kraftfutter eignet sich sowohl hofeigenes Getreide als auch Fresserkorn, als Eiweißkomponenten haben sich Soja- oder Rapsextraktionsschrot bewährt. Um Selektion zu vermeiden, empfiehlt ARGE-Chef Fradler den Betrieben, das Futter als Totalmischration (TMR) vorzulegen. „Ob ein Betrieb mit Mischwagen oder einfach mit der Mischmaschine mischt, ist dabei aber egal.“

Besonderes Augenmerk müssen Rosé-Mäster auch auf die Tiergesundheit legen. Um Durchfälle und Atemwegserkrankungen in Schach zu halten, sind luftige Ställe ohne Zugluft und Belegung nach dem Rein-Raus-Verfahren Trumpf. Die Grippeschutzimpfung legt man bei der ARGE Rind trotzdem allen Mästern nahe. Dafür mache der frühe Schlachttermin ein Enthornen der Rinder obsolet.

Vollmilch und CCM am Tschadamer-Hof

15 Bauern haben in Kärnten mittlerweile den Schritt gewagt und sich der Rosé-Mast verschrieben. Einer davon ist Wolfgang Pirker mit seinem Tschadamer-Hof in Liebenfels. 200 Holstein-Friesian-Kühe stehen bei ihm im Stall. Deren Versorgung und die Bewirtschaftung der 125 Hektar Nutzfläche werden von der Familie mit vier Fremdarbeitskräften gestemmt. Neben Hofkäserei und gewerblichem Handel mit Viehsalz war Wolfgang Pirker die Verwertung der anfallenden männlichen Kälber immer schon ein Anliegen. Entsprechend hat am Hof die Ochsenmast langjährige Tradition. Als Teilnehmer an Kalb Rosé der ersten Stunde wurde die Diversifizierung nun komplettiert. Wiewohl beide Betriebszweige nebeneinander bestehen, lässt Pirker eine Tendenz in Richtung Rosé-Mast durchklingen: „Bei Rosé bekomme ich die dreifache Vieh- beziehungsweise Produktmenge heraus. Das Teuerste auf meinem Betrieb ist schließlich der Stallplatz, denn dieser ist begrenzt.“

Quelle: BZ/Wieltsch
Mit Vollmilch und Milchkuh-TMR erzielt Wolfgang Pirker zufriedenstellende Mastergebnisse.

Ochsen und Rosé-Kälber stehen am Tschadamer-Hof Seite an Seite in einem großzügigen Tieflaufstall, der auch das Jungvieh beherbergt. Bei der Rationsgestaltung seiner Kälbermast entschied sich Wolfgang Pirker für einen pragmatischen Weg. Die Rosé-Kälber erhalten dieselbe Totalmischration wie die laktierende Herde, ad libitum. Diese besteht jeweils zur Hälfte aus Mais- und Grassilage sowie 6 Kilogramm Corn Cob Mix (CCM) und Kraftfutter mit Rapsextraktionsschrot als Eiweißkomponente. „Bei den Mastkälbern streuen wir zusätzlich noch CCM über die Mischration.“ Außerdem erhalten die Tiere ergänzend Vollmilch bis über das dritte Lebensmonat hinaus. Dabei setzt man auf einfache Eimertränke. Milchaustauscher findet beim Tschadamer kaum Verwendung.

Mit diesem von den Rationsempfehlungen doch deutlich abweichenden Konzept erreichte Pirker im Vorjahr ein respektables Durchschnittsschlachtgewicht von 148 Kilogramm. „Auch die Fleischfarbe stellt hier am Betrieb kein Problem dar, trotz Grassilage“, teilen die Mitarbeiter der BVG mit.

Fresser und Rosé-Kälber aus einem Guss

Auch ARGE-Obmann Josef Fradler öffnete für das Ländliche Fortbildungsinstitut seine Stalltüren. Bei ihm am Hof in Möderndorf (unweit des Herzogstuhls) findet man sich auf einem klassischen Mittelkärntner Rindermastbetrieb wieder.

Quelle: BZ Wieltsch
Die regionale Veredelung der anfallenden Milchrassekälber ist Josef Fradler ein Anliegen.

Doch der Schein trügt. Anders als hierzulande üblich, hat sich Fradler schon vor Jahren auf die Stiermast ab Kalb spezialisiert. Rund 100 Stiere und 50 Kälber stehen im Schnitt im Stall. Heute wird die Stiermast nach AMA-Gütesiegel-Kriterien durch die Rosé-Mast ergänzt.

Beim Betriebsbesuch ist im eigens errichteten Kälberstall gerade eine Partie Fleckviehkälber für die Fresserproduktion aufgestallt. Der Kälberstall dient zugleich als Quarantänebox und steht etwas abseits zu den rund um das ursprüngliche Wirtschaftsgebäude errichteten Mastställen, allesamt im Tieflauf- oder Tretmistsystem konzipiert. Hinter dem Futtertisch befinden sich zwei großzügige Boxen, vollflächig mit Stroh eingestreut. Der hintere Bereich kann durch Absenkung von Paneelen auch als „Kälbernest“ zusätzlich isoliert werden. Im Sommer ermöglichen Curtains einen noch besseren Luftaustausch zum Futtertisch hin. Für die Stiermast kauft Fradler etwa vier Wochen alte und 80 bis 100 Kilogramm schwere Fleckviehkälber ein. „Die Milchrassepartien für die Rosé-Mast sind etwas leichter“, so der ARGE-Chef. Nachsatz: „Dafür aber auch günstiger.“ 120 bis 150 Euro kostet ihn ein Holstein-Kalb für die Rosé-Mast im Schnitt. Er hält sich – wie vom Verband empfohlen – im Kälberstall strikt an das Rein-Raus-Verfahren. „Ist eine Partie umgestallt, wird ausgemistet und desinfiziert“, die nächsten Kälber kommen nach einer einwöchigen Pause wieder in die Fradlersche Kinderstube.

Automat „kein Selbstläufer“

Statt der früher verwendeten Tränkeeimer setzt der Mäster mittlerweile auf einen Tränkeautomaten. Die auf das Einzeltier abgestimmte Menge des Milchaustauschers mit 30 Prozent Magermilchanteil teilt der Automat über die elektronische Ohrmarke zu. Die Umstellung auf Automatentränke hatte laut Fradler arbeitswirtschaftliche Gründe. Neueinsteigern gibt er dennoch mit: „Auch ein Automat bedarf täglicher Wartung.“ So müssen etwa der Nuckel oder auch die Mischungsverhältnisse regelmäßig geprüft werden. „Im Schnitt brauchen die Tiere drei bis zehn Tage, um sich an das Tränkesystem zu gewöhnen“, so der Praktiker, der die erste Mastphase als arbeitsintensivste beschreibt.

Quelle: BZ/Wieltsch
Den Kälberstall nutzt man in Möderndorf abwechselnd für Fresser und Rosé-Kälber.

Ab dem ersten Tag steht den Kälbern auch eine TMR zur freien Entnahme zur Verfügung. Diese besteht zu Beginn nur aus Kraftfutter und Stroh und wird in einem eigenen kleinen Futtermischer zubereitet. „Hier im Kälberstall sollen sich die Tiere an die wiederkäuergerechte Ration gewöhnen“, ist Fradler überzeugt. Umgestallt werden die Rosé-Kälber im Schnitt nach fünf Wochen Tränkezeit. „Abgespänt wird je nach Grundfutteraufnahme“, berichtet der BVG-Obmann. Die Abtränkkurve soll dabei möglichst flach abfallen. Bereits nach drei Wochen wird mit der sukzessiven Reduktion begonnen. Vor dem Stallwechsel wird die gesamte Gruppe außerdem gegen Rindergrippe geimpft, teilweise werden auch Partien entwurmt. Silomais ist erst in der zweiten Mastphase Teil der Ration. Diese findet zum Teil im ehemaligen Anbindestall – der in Eigenleistung zum Tieflaufstall umgebaut wurde – und zum Teil in einer umfunktionierten Maschinenhalle statt.

Rationsberechnungen einhalten

Quelle: BZ/Wieltsch
Der abseits stehende Kälberstall am Fradler-Hof.

Allen Kalb-Rosé-Interessenten legt Fradler übrigens eine Rationsberechnung durch den Futtermittelberater des Vertrauens nahe. „Die errechneten Rationspläne sollte man dann auch zwingend einhalten, um erfolgreich zu sein“, so der Mittelkärntner. Er selbst lässt alle geernteten Futtermittel jedes Jahr im Labor analysieren und passt die Ration entsprechend an. Und der Erfolg gibt ihm recht: Seine Kälber erreichen Tageszunahmen von 1.050 bis 1.200 Gramm und durchschnittliche Schlachtgewichte von 150 Kilogramm. Unterm Strich bleibe ihm ein Deckungsbeitrag von „150 bis 350 Euro pro Kalb“, womit man sich im Vergleich zur klassischen Rindermast wohl nicht verstecken müsse, schmunzelt er.

In der zweiten Mastphase sei der Arbeitsaufwand im Übrigen „überschaubar“. Zweimal täglich wird eingestreut, einmal täglich die Rosé-TMR vorgelegt. Insgesamt belaufe sich die tägliche Stallarbeit für das Ehepaar Fradler auf fünf Stunden, Stiermast inklusive. Der Strohbedarf werde neben den 20 Hektar eigener Ernte auch aus rund 15 Hektar Zukauf ab Feld gedeckt.

Quelle: BZ/Wieltsch
Eine ehemalige Maschinenhalle funktionierte Josef Fradler zum Maststall um.

Betriebe gesucht

Mit der Etablierung des Qualitätsprogramms Kalb Rosé Austria will die ARGE Rind nicht nur einen Markt bedienen, sondern auch eine neue, attraktive Einkommensmöglichkeit für Rinderhalter im Land schaffen. „Besonders für Betriebe mit geringer Flächenausstattung ist Kalb Rosé interessant“, gibt Josef Fradler noch mit.

Ansprechpartner für Interessenten:

Karl Markus Pippan, pippan@bvg.at

Alois Weiss, alois.weiss@bvg.at

 

- Bildquellen -

  • Kalb Rose-Rücken: ARGE Rind
  • Schlachtreife Rosé Kälber: BZ/Wieltsch
  • Josef Fradler: BZ Wieltsch
  • Kälberstall Fradler: BZ/Wieltsch
  • Außenansicht Kälberstall: BZ/Wieltsch
  • Maststall Fradler: BZ/Wieltsch
  • Futtertisch Pirker: BZ/Wieltsch
- Werbung -
AUTORClemens Wieltsch
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