Es muss gelingen, einen nationalen Umsetzungsplan zu gestalten, der den heimischen Bäuerinnen und Bauern auch in Zukunft ein Wirtschaften ermöglicht“, betonte LKÖ-Generalsekretär Ferdinand Lemacher. Deshalb habe man in Österreich auch bereits den Prozess für die Erarbeitung der Wiederherstellungspläne gestartet. Und das trotz ungeklärter Finanzierung der Vorhaben. „Es sind hohe Kosten zu erwarten, aber niemand weiß, wer diese tragen soll“, kritisierte Lembacher. Für ihn steht jedenfalls fest: „Bestehende Mittel, insbesondere jene aus der GAP, müssen für bereits vorhandene Maßnahmen reserviert bleiben.“
Status quo wird ausgeblendet
Die Land- und Forstwirtschaft erbringe bereits zahlreiche Leistungen für den Natur- und Umweltschutz. So nehmen hierzulande mehr als 80 Prozent der bäuerlichen Betriebe am Agrarumweltprogramm ÖPUL teil: „Der status quo wird von der EU aber komplett ausgeblendet“, so Lembacher, der in diesem Zusammenhang auch auf biodiversitätsrelevante Flächen im Ausmaß von 245.000 Hektar verwies. Das entspricht 10,7 Prozent der bundesweiten Acker- und Grünlandfläche.
Zudem kritisierte der LKÖ-Generalsekretär die unterschiedliche Methodik der Mitgliedstaaten bei Bewertung von Arten und Lebensräumen. Als Beispiel brachte er unter anderem die Bergmähwiesen: „In Österreich gilt eine eingenommene Fläche von 30 bis 50 Quadratkilometer als ungünstig. Bulgarien lässt einen Parameter zur Bewertung weg und erzielt dadurch einen „günstigen Erhaltungszustand.“
Besorgniserregend sei auch, dass die EU-Kommission durch delegierte Rechtsakte eingreifen könne. Und zwar dann, wenn die Maßnahmen in den Mitgliedstaaten nicht konsequent umgesetzt oder Ziele nicht erreicht werden. Dabei könnten Änderungen der Überwachungsmethodik, des Monitorings oder der Indikatoren vorgeschrieben werden. Man befürchtet, dass dadurch die Freiwilligkeit untergraben wird und die Land- und Forstwirtschaft von Zwangsmaßnahmen bedroht ist. „Diese Rechtsunsicherheiten sind für die Betroffenen nicht akzeptabel“, hielt Lembacher fest.
Bewirtschaftungseinschränkungen seien jedenfalls vorprogrammiert. Aber auch wenn land- und forstwirtschaftliche Flächen hauptbetroffen sind, handle es sich um ein gesamtgesellschaftliches Thema: „Es kann nicht sein, dass nur die Bäuerinnen und Bauern diese Herausforderung schultern müssen“, stellte der Generalsekretär der Landwirtschaftskammer unmissverständlich klar.
„Es kann nicht sein, dass nur die Bäuerinnen und Bauern diese gesamtgesellschaftliche Herausforderung schultern müssen.“ Ferdinand Lembacher
Eine frühzeitige Abstimmung auf Bundes- und Landesebene sei für Lembacher daher unerlässlich: „Die Umsetzung gehört in den Regionen vor Ort geregelt und nicht in Brüssel von oben herab.“
Die fünf roten Linien der LKÖ
Die Landwirtschaftskammer hat daher einen Forderungskatalog zur nationalen Umsetzung der Verordnung erarbeitet.
Einbindung der Grundeigentümer: Die Erfahrung zeige, dass erfolgreiche Naturschutzprojekte die Zusammenarbeit mit Grundeigentümern und den Bewirtschaftern benötigt. Freiwillige, anreizbasierte Maßnahmen sichern die notwendige Akzeptanz.
Rechtliche und fachliche Grundlage: Die Bundesländer sollen den nationalen Wiederherstellungsplan unter Berücksichtigung ihrer verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten und regionaler Besonderheiten entwickeln. Dabei sei eine enge Abstimmung mit dem Landwirtschaftministerium und der Landwirtschaftskammer notwendig.
Praxistaugliche Maßnahmen: Der Fokus sollte auf zielgerichteten, qualitativ hochwertigen Maßnahmen liegen, die praktisch umsetzbar und freiwillig sind. Priorität haben landwirtschaftlich nicht genutzte Flächen, wie Parkanlagen und Industriebrachen.
Zusätzliche Finanzierungstöpfe: Renaturierung darf nicht als zusätzliche Verpflichtung in bestehenden Förderinstrumenten wie dem ÖPUL verankert werden. Freiwillige Bewirtschaftungseinschränkungen brauchen eine angemessene finanzielle Abgeltung. Daher sollten Anreize im Vordergrund stehen und nicht Verbote und Pflichten.
Gesamtgesellschaftlicher Beitrag: Alle Teile der Gesellschaft müssen ihren angemessenen Beitrag für intakte Ökosysteme und den Erhalt der Kulturlandschaft leisten. Die Zielerreichung sowie die Kosten der Umsetzung dürfen nicht allein der Land- und Forstwirtschaft aufgebürdet werden. Sämtliche Flächen sollten genutzt werden.
Das besagt die Verordnung
Renaturierungsgesetz: Die Verordnung zielt darauf ab, geschädigte Ökosysteme wieder-herzustellen. Bis 2030 sollen unionsweit 20 Prozent der Land- und Meeresflächen durch effektive Maßnahmen renaturiert werden. Bis 2050 sollen alle bedürftigen Ökosysteme diesen Maßnahmen unterliegen. Das Gesetz fordert, dass bestimmte Lebensraumtypen in einen guten Zustand versetzt werden. Diese Lebensraumtypen sind genau definiert und die Maßnahmen sollen bis 2030 vorrangig in Natura 2000 Gebieten umgesetzt werden. Die Umsetzung der Ziele betrifft auch Flächen der Land- und Forstwirtschaft sowie Bereiche wie Stadtentwicklung, Wirtschaft und Tourismus.
- Bildquellen -
- Renatuierung: BZ/Mursch-Edlmayr