Kommentar von Thomas Weber,
Herausgeber von Biorama und Buchautor.
Mit viel Daumenhoch und grinsenden Smileys kursierte auf WhatsApp vor Kurzem wieder eine altbekannte Forderung: „Jeder, der aufs Land zieht, müsste eine Landtauglichkeitsprüfung ablegen.“ Bevor einer die Stadt hinter sich lässt, solle er sich fragen: Kann er Hähnekrähen ertragen? Kuhglockenläuten? Traktoren- und Mähdrescherlärm? Kirchenglockenläuten? Pferdewiehern? Andernfalls solle man doch gefälligst „in der Stadt bleiben“, mit Straßenbahnen, Autobahn und mehr. Eh lustig. Das übliche „Haha, die blöden Städter…“ halt. In etwa so differenziert, wie wenn Snobs über „Bauern mit Brett vorm Kopf“ lästern, die nicht einmal des Hochdeutschen mächtig seien. Harmlose Klischees machen das Leben halt leichter. Der Entfremdung zwischen Landwirten und dem Rest der Bevölkerung wird das aber nicht entgegenarbeiten. Diese Forderung nach einer „Landtauglichkeitsprüfung“ ließ mich aber an eine durchdachtere Forderung denken: 2016 argumentierte der Schweizer Agrarjournalist Adrian Krebs in seinem Blog für einen verpflichtenden „Stadtdienst“ für Bauern (und kehrte damit den beliebten Autoaufkleber „Ohne Bauern stirbt die Stadt“ in sein Gegenteil um, in „Ohne Stadt sterben die Bauern“). Denn, so Krebs: „Wenn die Bauern längerfristig überleben wollen, müssen sie anfangen, sich für ihre Kundschaft zu interessieren. Und diese sitzt nun mal in den Zentren“. Dass viele Bauern Städte bewusst meiden, hält er für einen fatalen Fehler. Umso wichtiger wäre es, dass die Bauernschaft aus ihrer WhatsApp-Echokammer rauskommt. Um zu erfahren wie die Kundschaft tickt, aber auch um die Vielfalt da draußen kennen (und ertragen) zu lernen. Stadtdienst? Beide Daumen hoch dafür!
- Bildquellen -
- Weber Thomas: Michael Mickl