OGH bejaht ersessene Skiabfahrts-Servitut

Der Kläger ist seit 1984 Eigentümer einer Liegenschaft, auf der ein Gasthof mit Skilift betrieben wird. Bereits ab dem Jahr 1955 befuhren Skifahrer angrenzende Grundstücke, die sich heute im Eigentum der Beklagten befinden.

Mag. Walter PerkhoferBauernbundjurist, Innsbruck ©Bauernzeitung
Mag. Walter PerkhoferBauernbundjurist, Innsbruck ©Bauernzeitung
An der Ostgrenze dieser Grundstücke stand ein Weidezaun, der im Winter zunächst von den Eltern des Klägers und ab dem Jahr 1984 von diesem selbst abgelegt wurde. Der Kläger fragte die damaligen Eigentümer dieser Grundstücke nie um Erlaubnis, weil er der Ansicht war, dass dies schon immer so gehandhabt worden sei und sein Vater mit den Nachbarn eine entsprechende Vereinbarung getroffen habe, deren Bestand allerdings nicht nachweisbar war. Als die Beklagten ihre Grundstücke Ende der 1990er-Jahre erwarben, wurden sie nicht über auöerbücherliche Lasten aufgeklärt, wobei dem Erstbeklagten bewusst war, dass die Grundstücke im Winter von Skifahrern befahren werden. Der Kläger begehrte also die Feststellung des Bestehens der ersessenen Dienstbarkeit, Zustimmung der Beklagten zur Einverleibung und die Unterlassung jeder Störung, was die Beklagten unter Behauptung eines lastenfreien Erwerbs bestritten. Das Erstgericht wies das Klagebegehren mangels Redlichkeit des Klägers ab. Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Der Rekurs der Beklagten, mittels welchem sie die Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichts anstrebten, ist laut OGH nicht zulässig, weil die rechtlich relevanten Grundsätze des gegenständlichen Falles bereits durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt sind. So wird die Redlichkeit im Zweifel vermutet und trifft die Beweislast für das Nichtvorliegen einer Vereinbarung die Beklagten. Weiters erlischt eine nicht verbücherte Dienstbarkeit zwar durch gutgläubigen Erwerb, wobei der redliche Erwerber nicht geschützt wird, wenn seine irrige Vorstellung über den Umfang eines fremden Rechts auf – auch nur leichter – Fahrlässigkeit beruht. Eine Servitut erlischt wegen Zwecklosigkeit nur, wenn sie ihren Sinn ganz verloren hat und ihre Ausübung dauerhaft unmöglich ist. Dabei genügt jeder auch nur einigermaöen ins Gewicht fallende Vorteil für die Aufrechterhaltung. Im gegenständlichen Fall kann von einer völligen Zwecklosigkeit schon deshalb keine Rede sein, weil die Grundstücke der Beklagten auch nach Einstellung des Skiliftbetriebes durch den Kläger weiterhin von Skifahrern befahren wurden. OGH 3 Ob 72/16h)

Mag. Walter Perkhofer, Bauernbundjurist, Innsbruck

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