Österreich wird laut Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger am 27. April im zuständigen EU-Expertenausschuss für ein Verbot von drei Neonicotinoiden stimmen: „Wir treffen diese Entscheidung auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und der Überzeugung, dass wir alles dafür tun müssen, um Bienen zu schützen.“
Nach Einschätzung der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa), aber auch der österreichischen Ages, sind die Neonicotionoide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam für Bienen schädlich und sollen EU-weit im Freiland verboten werden. Für das Verbot werden auch Deutschland und Frankreich stimmen. Damit sei, so Köstinger, eine qualifizierte Mehrheit gegeben. Nach der Abstimmung Ende April wird das Verbot drei Monaten später in Kraft treten. In einer Übergangsfrist dürfen noch Restbestände aufgebraucht werden. Für den vom Verbot hauptbetroffenen Rübenanbau wird dieses demnach für den Anbau 2019 wirksam.
Der Präsident der Österreichischen Rübenbauern, Ernst Karpfinger, bewertet das beabsichtigte Verbot als „schwere Bedrohung für den Anbau von Zuckerrüben“. Schon derzeit stehe der Anbau von Zuckerrüben in Österreich an der Rentabilitätsschwelle. Dies lasse sich ablesen am Rückgang der Anbaufläche von mehr als 50.000 Hektar in den Jahren 2013 und 2014 auf nur noch knapp über 40.000 Hektar im laufenden Jahr. Das beabsichtigte Verbot würde die Situation für die Bauern noch verschärfen.
Verbot kostet 300 Euro pro Hektar
Den Entfall der Beize am Samenkorn müssten die Bauern mit vier bis fünf zusätzlichen Überfahrten mit der Feldspritze kompensieren, um Schadinsekten zu regulieren. Die Mehrkosten dafür belaufen sich auf 300 bis 400 Euro pro Hektar bzw. umgelegt auf die Rübenfläche in Österreich auf 12 bis 16 Mio. Euro pro Jahr.
Zudem, so Karpfinger, habe das Neonic-Verbot in der Rübe auch zweifelhafte Folgen für den Umweltschutz. Die Ersatzmittel seien weniger wirksam und müssten flächenhaft in größerer Menge und in mehreren Überfahrten ausgebracht werden. Bienen kämen mit den Neonics aufgrund der Pillierung nicht in Berührung, und sie würden Rübenbestände aufgrund der fehlenden Bienennahrung auch nicht befliegen. Die Rübenbauern wären auch bereit, im Nachbau nach Rübe auf Blühkulturen zu verzichten. Der absehbar höhere Schädlingsdruck aufgrund eines Neonic-Verbots könnte auch Bioflächen stärker gefährden.
Karpfinger weist außerdem daraufhin, dass die Konsumenten ohne heimische Rübernbauern auf Importware angewiesen seien: „Damit geht die Tür für heimischen Zucker zu, während jene für Gentechnik-Produkte aus Übersee aber weiterhin offen bleibt.“
Aktionsgipfel für die Rübenbauern
Einen finanziellen Ausgleich für die Mehrkosten, wie von den Rübenbauern gefordert, erachtet Köstinger aufgrund des Budget-Sparkurses als nicht möglich. Um den heimischen Rübenbauern aber dennoch eine Überlebensperspektive bieten zu können, setzt die Ministerin auf einen Schulterschluss von Handel, Industrie und NGOs mit den Rübenbauern. Diese müssten durch die Verwendung von österreichischem Zucker mithelfen, die heimische Produktion abzusichern. Ein erstes diesbezügliches Gespräch mit allen Beteiligten soll kommenden Dienstag stattfinden. Dort soll ein Maßnahmenkatalog für den heimischen Zucker erarbeitet werden. Köstinger: „Auch die NGOs sind gefordert, unsere Rübenbauern zu unterstützen, damit wir gemeinsam nur noch heimischen bzw. Biozucker in den österreichischen Regalen finden.“
Der Anbau von Biorüben scheint allerdings eher eine Nische zu bleiben. Obwohl Agrana für Biorübe mit knapp über 100 Euro pro Tonne mehr als das Dreifache des konventionellen Preises bietet, bleibt die Fläche unter den Erwartungen. Für 2018 wollte Agrana 2500 Hektar kontrahieren, erreicht wurden aber lediglich rund 1700 Hektar.
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- Zuckerrueben Ernte 158 ID85194: Agrarfoto.com