Die Republik Österreich ist ein Land der Bünde, Gewerkschaften, Kammern, Vereine und Freiwilligen wie auch ein Land der Titel, Orden und Auszeichnungen, die vom Bund, den Ländern, Gemeinden und vielen Organisationen vergeben werden. Als „kaiserliches Erbe“ sind die Titel Hofrat und Kommerzialrat besonders bekannt und geschätzt.
Bedeutende Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, wenn nicht überhaupt als „Baron“ oder „Edler“ in den niederen Adelsstand erhoben, wurden einst vom Kaiserhaus mit dem Amtstitel Kommerzialrat bedacht, Beamte am Kaiserhof als „Geheimer Rat“ oder eben Hofrat geehrt. Beide Titel sind bis heute auch in der Republik Österreich noch von Bedeutung. Bedienstete in den Landesregierungen, Leiterinnen und Leiter von Bezirkshauptmannschaften und nachgeordneten Einrichtungen der Ministerien, auch die Direktoren der Höheren Schulen oder Forschungsanstalten können wie die Amtsdirektoren der Landwirtschaftskammern zum Hofrat ernannt werden.
Ökonomieräte ab 1917
Für verdiente Persönlichkeiten in der Land-und Forstwirtschaft fehlte lange eine vergleichbare Ehrung. Erst mitten im Ersten Weltkrieg, im August 1917, wurde auf Anregung des k. k. Ackerbauministers unter dem letzten Kaiser Karl auch der Berufstitel Ökonomierat beschlossen, gedacht als Motivation für agrarische Führungskräfte zur Bewältigung der damals grassierenden Ernährungskrise. Diese Ehrung wurde in der Ersten Republik übernommen und ab 1945 in der Zweiten Republik erneut eingeführt. Die kaiserlichen Kriterien wurden im Wesentlichen beibehalten. 1971 und 1981 wurden die Vergaberichtlinien für diesen bäuerlichen Berufstitel präzisiert. Neu festgelegt wurde, dass dieser Titel auf Vorschlag des Landwirtschaftsministers, der Landwirtschaftskammern, auch anderer Organisationen im Einvernehmen mit dem Bundespräsidenten verliehen werden kann.
Diese Praxis hat sich bewährt. Nahezu ident wie für Kommerzialräte wurde festgelegt, dass zur Erlangung dieser beiden Auszeichnungen die betreffenden Personen das 50. Lebensjahr überschritten und einen untadeligen persönlichen wie beruflichen Lebensweg mit vorbildlicher Betriebsführung aufzuweisen haben, ebenso der Nachweis von mindestens 15 Jahren einer zu würdigenden überregionalen Tätigkeit, für Ökonomieräte im Interesse der Land-und Forstwirtschaft und des ländlichen Raumes (Präsidentenämter, Obmann/Obfrau von Bezirksbauernkammern oder agrarischer Organisationen, Genossenschaften, auch Ausübung von Mandaten in Landtagen, im Bundesrat, im Nationalrat). Ausgezeichnet werden zudem Persönlichkeiten mit vorbildlichen Verdiensten für die Land- und Forstwirtschaft, in der Wissenschaft und Verwaltung oder als Kunst- und Kulturschaffende mit Bezug zum Bauerntum (wie etwa der Mime Tobias Moretti, der mit seiner Frau in Tirol einen Bergbauernhof bewirtschaftet).
Nonne war 1983 erste Ökonomierätin
Bis Anfang der 1980er-Jahre wurde der Berufstitel Ökonomierat ausschließlich Männern zuerkannt. Erst 1983 wurde die Klosterschwester und Leiterin von Gut Schernberg in Salzburg, Adeline Huber, zur ersten Ökonomierätin ernannt. Für Aufhorchen sorgte 2004 die Ökonomierat-Titelverleihung an den damaligen SPÖ-Bürgermeister von Wien, Michael Häupl, für dessen Einsatz für die Landwirtschaft in der Millionenstadt. Immerhin war Häupl als Bürgermeister auch Chef eines der größten Agrarbetriebe Österreichs, nämlich jenem der Stadt Wien.
Aktuell sind mit der Präsidentschaftskanzlei jährlich 60 Titelverleihungen vereinbart, die auf Vorschlag des jeweiligen Landwirtschaftsministers vom Bundespräsidenten beurkundet werden. In der Regel werden die Ernennungsdekrete im Zuge eines Festaktes im Regierungsgebäude am Wiener Stubenring überreicht, wie vergangene Woche an insgesamt 17 verdiente Frauen und Männer durch Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig.
Die neuen Ökonomieräte
Heuer wurden 17 verdiente Frauen und Männer mit dem Berufstitel Ökonomierat geehrt: Irene Deutsch, Jennersdorf; Wolfgang Hautzinger, Tadten; DI Dorothea Jagschitz, Oslip; Georg Matthias Menitz, Leithaprodersdorf; Josef Stubits, Harmisch (alle Burgenland).
DI Franz Planegger, Launsdorf; Ing. Karin Schabus, Bad Kleinkirchheim; Rosemarie Schein, St. Paul im Lavanttal (alle Kärnten). DI Fritz Buchinger, Muckendorf-Wipfing; Karl Höfer, Leiben; Ing. Leopold Kerbl, Klosterneuburg; Martin Sedelmaier, Krems; Ing. Johann Tröber, Vösendorf; Manfred Zörnpfennig, Aderklaa (alle Niederösterreich). Georg Gastenauer, Aschach an der Steyr; Ludwig Mayrhofer, Nußbach (beide Oberösterreich). Rudolf Nagl, Axams (Tirol).
- Bildquellen -
- Verleihung Ökonomierat: BML/Hemerka