Geschätzt, gehasst, verboten und rehabilitiert. Kaum ein Thema hat 2019 die Gemüter der Landwirte und Konsumenten gleichermaßen erhitzt wie das Pflanzenschutzmittel Glyphosat. Nach einer kurzen Abkühlungsphase heizen nun NGOs wie Global 2000 die Diskussion erneut an. Von Laborbetrug und manipulierten Studienergebnissen ist die Rede. Ein gefundenes Fressen für die SPÖ. Bereits einen Tag nachdem Global 2000 Zweifel an den Herstellerstudien äußerte, forderte der rote EU-Parlamentarier Günther Sidl eine sofortige Überprüfung des Zulassungsverfahrens. „Bis es hier ein Ergebnis gibt, muss die Zulassung für Glyphosat entzogen werden“, so Sidl weiter.

Auch die anhaltenden Rechtsstreitigkeiten des Roundup-Herstellers und Bayer-Tochter „Monsanto“ zeichnen kein positives Bild für die Zukunft. Laufend gibt es neue Berichte über Klagen und millionenschwere Schadenersatzansprüche in Bezug auf Glyphosat und Dicamba. Eine ertragreiche, moderne und vor allem rentable Landwirtschaft ohne diese Pflanzenschutzmittel – bisher unvorstellbar. Beim oberösterreichischen Pflanzenschutztag vergangene Woche in Lambach suchte und besprach man daher mögliche Alternativen.

Chemische und mechanische Alternativen zu Glyphosat

„Ich glaube Glyphosat wäre weiterhin ein wichtiges Werkzeug, vor allem wenn man wasser- und erosionsschonend arbeiten will“, erklärte Hubert Köppl, Pflanzenschutzberater bei der Landwirtschaftskammer Oberösterreich. „Ich bin aber soweit Realist, dass der Wirkstoff aufgrund der negativen Stimmung auf politischer Ebene wenig Chancen haben wird.“

Als ein mögliches Ersatzprodukt wird das Pflanzenschutzmittel „Beloukha“ gehandelt. Sein Wirkstoff „Pelargonsäure“ ist zu hundert Prozent pflanzlichen Ursprungs und besitzt eine reine Kontaktwirkung. Krautige Pflanzen lassen sich bei gleichmäßiger Benetzung damit gut bekämpfen. Bereits zwei bis drei Stunden nach der Behandlung sterben die Pflanzenteile aufgrund der Dehydrierung ab. Mangels einer systemischen Wirkung fällt das Mittel aber bei der Bekämpfung von Wurzel­unkräutern wie Distel und Ampfer durch. Ein weiteres Manko: Für die Anwendungen sind Temperaturen über der 15-Grad-Marke erforderlich. Zudem ist „Beloukha“ für die Kulturvorbereitung noch nicht zugelassen.

Ebenfalls noch in den Kinderschuhen und äußerst kostspielig (circa 190.000 Euro pro Gerät) sind „Electric-Herb-Technologien“, die mittels Strom das Chlorophyll der Pflanzen zerstören und diese dadurch zum Welken bringen.

Ein Äquivalent zu Glyphosat, das  bodenschonend und gleichzeitig effektiv ist, gibt es bis dato also nicht. Damit geht die Suche nach einem neuen Totalherbizid – einer neuen Allzweckwaffe – weiter. Läuft indes die Zulassung von Roundup und Co aus, werden die Betriebe individuelle und umfassende (Bodenbearbeitungs-)Strategien entwickeln müssen.

Betriebsindividuelle Konzepte und Begrünungsanbau

„Die Schlüsselmaßnahme, wenn man einen unkrautfreien Bestand im Frühjahr haben will, ist der Begrünungsanbau“, ist Sebastian Friedl-Haubner von der Boden.Wasser.Schutz.Beratung (BWSB) überzeugt. Wie die Bodenbearbeitung und der Zwischenfruchtanbau von statten gehen, ist stark vom Betriebsführer, den vorhandenen Maschinen, der Witterung und natürlich den zu bewirtschaftenden Flächen abhängig. Eine richtige Lösung gibt es nicht. Zielführend kann sowohl eine mehrmalige Bodenbearbeitung als auch die Philosophie „einmal drüber alles vorüber“ sein. Gleiches gilt für den Zwischenfruchtanbau: Von exakter Ablagetiefe über Streuverfahren bis Mähdruschsaat, jede Technik kann von Erfolg gekrönt sein. Einige allgemeingültige Grundsätze für den Begrünungsanbau gibt es aber dennoch:

  • Grubber oder Scheibeneggen sind in Normaljahren ausreichend
  • Pflug plus kombinierter Anbau sind die Sicherheitsvariante. Mitunter resultiert daraus aber ein zu feines Saatbeet
  • in Trockenjahren Saatbeet rückverfestigen um den Aufgang sicherzustellen
  • lange und bodendeckende Zwischenfruchtmischungen wählen, die sicher und rasch abfrosten
  • den frühest möglich Anbautermin nutzen (höchste Leistung für Boden und Folgekultur)
  • der optimale Zeitpunkt für den Begrünungsanbau liegt um den 18. Tag nach der Getreideernte (Ausfallsgetreide bereits gekeimt)

Glyphosatfreier Anbau – Erfahrungen in der Praxis

Auch erste Ergebnisse glyphosatfreier Anbauversuche wurden beim Pflanzenschutztag präsentiert. Sie zeigten: „Es gibt Möglichkeiten, aber auch Grenzen. Bei gewissen Kulturen und auf manchen Betrieben wird es ohne den Wirkstoff aber nicht leicht“, so BWSB-Referent Friedl-Haubner. Schwierig stellt sich die Lage etwa bei der Zuckerrübe dar. Sie muss fast unkrautfrei aus dem Winter kommen. Denn eine Unkrautbekämpfung zwischen Begrünungsumbruch und Anbau ist bei ihr nicht immer möglich. Gute Erfolge im BWSB-Versuch und bei ausschließlich mechanischer Unkrautregulierung zeigte die Sojabohne. Auch Franz Kastenhubers Resümee für den Maisanbau (Mulchsaat) fällt positiv aus: „Maisanbau ist ohne Glyphosat machbar – wenn die Feldhygiene passt“, erklärte der Landwirt und Pflanzenbaulehrer.

Glyphosat…

… ist der am häufigsten eingesetzte herbizide Wirkstoff. Weltweit werden pro Jahr 800.000 Tonnen davon verwendet. Anders als in den USA oder den Mercosur-Staaten, wo Sikkation noch erlaubt ist, wird in Österreich Glyphosat nur sehr bescheiden eingesetzt (242 Tonnen). Seine Zulassung am europäischen Markt endet, ohne entsprechende Verlängerung, am 15. Dezember 2022.

- Bildquellen -

  • Senf Abwelken: agrarfoto.com
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AUTORElisabeth Hasl
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