Nach dem in letzter Minute zu Weihnachten ausverhandelten Handels- und Kooperationsabkommen zwischen EU und Großbritannien wird das abtrünnige Vereinigte Königreich seit Jahresbeginn 2021 zum Drittstaat. Das verändert die bisherigen Beziehungen in allen Bereichen erheblich.
Kern des Abkommens ist, dass auch künftig im Handel mit Großbritannien keine Zölle erhoben werden und keine Beschränkungen durch Quoten erfolgen Im Falle eines „no deal“ wäre mit noch erheblicheren beiderseitigen Exportverlusten auch im Agrarbereich speziell bei Getreide-, Fleisch- und Milchprodukten zu rechnen gewesen wäre, als dies künftig ohnehin der Fall sein wird
Für den Handel mit Großbritannien bedeutet auch das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen einen erheblichen Anstieg der administrativen Kosten. Für Inspektionen, Grenzabfertigung und Transaktionskosten werden Kosten in Höhe von rund 10 % des Warenwerts erwartet. Aufgrund der neuen Kontrollen Verzögerungen werden nun gerade in den ersten Wochen und Monaten nach dem endgültigen Auseinandergehen administrative Probleme an der Grenze erwartet.
Kompromisse auf beiden Seiten
Beide Verhandlungspartner hatten sich im Laufe der jahrelangen Brexit-Verhandlungen letztlich weit von ihren Ausgangspositionen entfernt. So wollten die Briten ursprünglich lediglich WTO-Standards akzeptieren. Am Ende wurden alle Bereiche, die aus Sicht der EU hierfür relevant sind, mit Transparenzanforderungen und Rückschrittsverboten versehen, die ein gemeinsames Schutzniveau sicherstellen und Wettbewerbsverzerrungen vermeiden sollen. Bei Verletzungen ist auch die Wiedereinführung von Zöllen)möglich.
Alle relevanten Bereiche des Abkommens unterliegen nun bilateralen Steuerungsgremien und einem verbindlichen Streitbeilegungsverfahren („Governance“). Auch das war von den Briten anfangs brüsk abgelehnt worden. Nicht Durchsetzen konnte sich die EU mit seiner Forderung nach einer Überwachung wesentlicher Brexit-Vereinbarungen durch den Europäischen Gerichtshof sowie bei der dynamischen Bindung Großbritanniens an künftig etwa erhöhte Standards der EU.
Lebensmittelimporte aus England und Schottland werden grundsätzlich denselben Kontrollen unterliegen wie Importe aus sonstigen Drittstaaten oder wesentliche Prinzipien wie Zertifizierung, Listung von Betrieben oder die Durchführung von Audits Importe von Pflanzenbestandteilen und Fleischprodukten aus Großbritannien als Drittland müssen seit 1. Jänner, soweit das EU Recht dies vorschreibt, von den entsprechenden Zertifikaten begleitet werden. Die ursprünglichen Forderungen der Briten nach einer weitgehenden grundsätzlichen gegenseitigen Anerkennung der gesundheitspolizeilichen Maßnahmen als äquivalent hatte die EU abgelehnt.
Ursprungsregeln und Herkunftsangaben
Ursprungsregeln sollen garantieren, dass (vor allem bei zusammengesetzten Produkten) nur Produkte mit Ursprung aus Großbritannen oder der EU zollfrei über die Grenze verbracht werden. Laut EU-Kommission konnte die EU hier ihre Position in den Verhandlungen durchsetzen und vergleichbare Ursprungsregeln wie mit anderen Handelspartnern vereinbaren. Ein Schutz (künftiger) Geografischer Herkunftsangaben wurde in dem Handelsabkommen dagegen nicht vereinbart. Die bestehenden Herkunftsbezeichnungen bleiben aber durch das Austrittsabkommen geschützt.
Weiters enthält das Abkommen Regelungen zu Bio-Produkten (gegenseitige Anerkennung der Zertifizierung) und dem Handel mit Wein mit gemeinsamen Prinzipien zur Kennzeichnung, die noch im Einzelnen geprüft werden müssen.
Im Bereich Fischerei wollte die EU am Zugangs zu den britischen Gewässern und der Quotenaufteilung festhalten, während London die Rechte der EU-Fischer jährlich neu verhandeln wollte. Nun bleiben die EU-Fangmöglichkeiten zu 75 % über vorerst fünfeinhalb Jahre erhalten bleiben, auch der gegenseitige Zugang zu den jeweils anderen Gewässern ist garantiert.
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