Beim Projekt „SauWohl“ wurde die Wirkung eines fermentierten Kräuterextraktes (FKE) untersucht, das neben Kräutern auch Laktobazillen und Hefen beinhaltet. Damit sollen Durchfall oder Atemwegsprobleme sowie Schwanzbeißen reduziert werden. Das kann die Haltung von Schweinen mit intakten Schwänzen fördern, was sowohl gesellschaftlich als auch gesetzlich gefordert ist. Letztlich soll sich auch die Tiergesundheit und damit die Qualität für die Konsumenten verbessern.
Drei Tierwohlbetriebe beim Versuch beteiligt
Die Studie wurde auf drei oberösterreichischen Schweinebetrieben durchgeführt. Die drei Betriebe beliefern den Schwanenstädter Fleischverarbeiter Hütthaler und nehmen am Tierwohlprogramm „hütthalers Hofkultur“ teil. Mitarbeiter des Fleischverarbeitungsbetriebes unterstützten auch die Sammlung von Kotproben und Daten. Am betriebseigenen gläsernen Schlachthof bewerteten Veterinärmediziner die Gesundheit der Schweine und dokumentierten sie in den Schlachtprotokollen.
Wissenschaftliche Begleitung
Das Institut für Nutztierwissenschaften an der Universität für Bodenkultur Wien (Boku) und die Abteilung Ernährungsphysiologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni) begleiteten das Projekt wissenschaftlich. Die Tiere wurden dazu auf jedem
Betrieb ab dem Absetzen in eine FKE-Gruppe und in eine Kontrollgruppe ohne FKE-Fütterung aufgeteilt und bis zum Schlachten begleitet. Die Wissenschafter erhoben klinische Daten wie Durchfall, Verletzungen und Schwanzlängen, beobachteten das Verhalten der Tiere, sammelten und analysierten die Kotproben. Um die Aussagekraft der Studie zu erhöhen bzw. eine Voreingenommenheit auszuschließen, wussten die Wissenschafter erst nach der Datenerhebung, zu welcher Gruppe die einzelnen Tiere gehörten.
Weniger Verletzungen, bessere Gesundheit
In der FKE-Gruppe waren am Ende der Mastperiode nur bei 5,13 Prozent der Tiere die Schwänze verkürzt, in der Kontrollgruppe bei 71,1 Prozent der Tiere. „Da am Ende der Mast deutlich mehr Tiere eine normale Schwanzlänge also keinen Hinweis auf Schwanzbeißen während der gesamten Periode aufwiesen, spricht dies für den Einsatz von Fermenten wie FKE in der Schweineproduktion“, sagt Natalia Nöllenburg von der Boku Wien. Außerdem husteten und niesten FKE-Tiere auch weniger.
Die fermentierten Kräuterextrakte wirken sich positiv auf den Darm aus und führen zu weniger Schwanzverletzungen. Natalia Nöllenburg
Nöllenburg schränkt allerdings ein: „Der Einsatz von FKE kann aber nicht die alleinige Lösung für tiergesundheitliche und Tierwohl-Probleme sein, lediglich ein Baustein bzw. Teil der Lösung, um das Schwanzbeißen zu verringern.“ Denn Risikofaktoren sowohl für das Schwanzbeißen als auch für die Tiergesundheit seien multifaktoriell: Neben den Haltungsbedingungen würden sich auch Stress durch den Menschen oder Unruhe in der Tiergruppe und nicht ausreichende Erkundungsmöglichkeiten oder passendes Beschäftigungsmaterial auf Verhalten und Gesundheit der Schweine auswirken. Fehle beispielsweise Beschäftigungsmaterial, fangen Schweine an, sich mit Körperteilen ihrer Artgenossen zu beschäftigen. Das könne zu Verletzungen am Schwanz oder an den Ohren führen.
Zusammenhang mit Darm-Mikrobiom
In der Praxis werden seit vielen Jahren verschiedene probiotische Präparate oder auch Phytobiotika eingesetzt, da bekannt ist, dass das Verhalten von Tieren mit dem Mikrobiom im Darm zusammenhängen kann. Die Boku und die Vetmeduni forschen schon seit Jahrzehnten zum Tierwohl und zur Verbesserung der Haltungssysteme von Schweinen in jeglicher Lebensphase. Das Projekt „SauWohl“ habe dazu beigetragen, physiologische Vorgänge im Zusammenhang mit anatomischen Indikatoren wie z. B. Schwanzverletzungen besser zu verstehen. So konnte zum ersten Mal in Praxisbetrieben ein Zusammenhang zwischen Schwanzlängen sowie verletzten Schwänzen und Veränderungen des Darm-Mikrobioms hergestellt werden. Die Ergebnisse zeigten auch, dass diese Zusammenhänge abhängig vom Alter der Schweine und vom Betrieb waren.
Positive Auswirkungen wissenschaftlich belegt
Die Partnerbetriebe, die für das Tierwohllabel „hütthalers Hofkultur“ arbeiten, hätten sich für das Projekt besonders geeignet. Denn die Schweine haben in der Mastperiode doppelt so viel Platz, eingestreute Liegeflächen sowie Zugang zu einem Außenklimabereich. Die Schwänze werden nicht kupiert. „Nur gesunde Tiere können die Basis für qualitativ hochwertige Lebensmittel tierischen Ursprungs darstellen“, so Dominik Eckl, Tierarzt und Hofkultur-Projektleiter. Er war von Beginn des Projekts an davon überzeugt, dass die Zufütterung von FKE positive Auswirkungen auf das Tier haben kann und die Tiergesundheit verbessert. „Dies hat sich nun durch das Projekt und der professionellen wissenschaftlichen Betrachtung in vielen Bereichen bestätigt. Einige gewonnene Aspekte bilden nicht nur einen Mehrwert für die Landwirtschaft, sondern laden auch dazu ein, genauer hinzuschauen und mögliche Folgeprojekte daraus zu generieren“, ergänzt Eckl. Die Hütthaler KG will nun die Verwendung von FKE in der Zufütterung weiter fördern.
Auch für den FKE-Hersteller Multikraft habe das Projekt wichtige Erkenntnisse geliefert: „Durch die wissenschaftliche Evaluierung der Effekte kann eine bessere Akzeptanz der Produkte bei Tierhaltern und Veterinärmedizinern erreicht werden. Die Daten dienen als Unterstützung bei der Beratung von Landwirten und einer leichteren Vermarktbarkeit“, so Multikraft-Geschäftsführer Lukas Hader.
Folgeprojekte sind wahrscheinlich
Die Projektpartner haben bereits über ein mögliches Folgeprojekt diskutiert. Inhalte könnten das Ausweiten auf weitere Betriebe, der Vergleich des Darm-Mikrobioms von Tieren in verschiedenen Haltungssystemen oder die Wirkung von FKE auf trächtige Schweine, ungeborene Ferkel und Ferkel in der Säugeperiode sein.
Heidrun Hochreiter, Managerin des Lebensmittel-Clusters, ist überzeugt: „Das Projekt hat einen wissenschaftlichen Beitrag zum Zusammenhang zwischen Schwanzbeißen und Darm-Mikrobiom geliefert. Da diese Zusammenhänge noch wenig wissenschaftlich erforscht sind, ist ein Folgeprojekt der Partner im Lebensmittel-Cluster sehr wahrscheinlich. Somit leisten wir auch weiterhin einen wichtigen Beitrag für die Tiergesundheit und Qualität der Lebensmittel für unsere Konsumenten.“
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