Wie schon 2021 formierten sich wieder Protestzüge gegen Neu Delhi.

In Anspielung an die massiven Demonstrationen 2020/2021 haben zahlreiche indische Bauernverbände vergangene Woche zum „Marsch auf Delhi“ aufgerufen. Lokalen Medienberichten zufolge sollen sich in den Bundesstaaten Punjab, Haryana und Uttar Pradesh Traktorkonvois mit mehreren Hundert Bauern formiert und auf den Weg nach Neu-Delhi gemacht haben. Die Agrarverbände sprachen von 25.000 mobilisierten Bauern, die für Mindesterzeugerpreise, bessere Pensionen und Schuldenschnitte demonstrieren würden. Die indische Polizei begegnete den Protestkolonnen mit schwer befestigten Straßensperren. Mit Betonblöcken und Stacheldraht hinderten die Sicherheitskräfte die Landwirte am Vorankommen. An der Grenze zwischen den Bundesstaaten Punjab und Haryana, rund 200 Kilometer nördlich von Neu-Delhi, wurden Wasserwerfer und Tränengasgranaten eingesetzt, um Landwirte am Räumen der Barrikaden zu hindern. Regional sei auch das mobile Internet abgestellt worden, berichtet die französische Nachrichtenagentur AFP. In der Hauptstadt selbst wurden Zusammenkünfte von mehr als fünf Personen auf offener Straße untersagt.

Bauern fühlen sich “wie Feinde”

Polizeiangaben zufolge kam es bereits zu ersten Übergriffen, wie die APA schreibt. Bauern sollen Beamte mit Steinen beworfen haben. Bei Redaktionsschluss lagen noch keine gesicherten Informationen vor, ob den Demonstranten ein Durchbrechen der Barrikaden letztlich gelang. Vertreter der Bauernverbände riefen die Landwirte per Lautsprecher jedenfalls mehrfach zur Zurückhaltung auf. „Die Polizei behandelt uns, als kämen wir aus einem feindlichen Land“, zeigte sich ein Bauer gegenüber einem AFP-Korrespondenten entrüstet. Man wolle nur seine Rechte geltend machen, beteuerte er. Tatsächlich dürfte die Regierung rund um Premierminister Narendra Modi mit aller Kraft verhindern wollen, dass sich die Szenen vom Jänner 2021 in Neu-Delhi wiederholen. Damals wurden Straßensperren durchbrochen und monatelang gegen eine geplante Liberalisierung der Märkte für landwirtschaftliche Produkte demonstriert. 700 Menschen kamen bei Zusammenstößen mit der Polizei ums Leben. Letztlich musste Premier Modi die Agrarmarktreform vollends zurücknehmen.

460 Mio. Landwirte am Subkontinent

Der Agrarsektor hat am Subkontinent Indien nach wie vor einen großen Stellenwert. Zwei Drittel der 1,4 Mrd. Inder sind in der Landwirtschaft tätig. Fast ein Fünftel der indischen Wirtschaftsleistung wird von den Bauern erwirtschaftet. Dennoch soll Armut und hohe Verschuldung allgegenwärtig sein, was nicht zuletzt an der hohen Suizidrate der Bauern abzulesen sei.

- Bildquellen -

  • Protest Indien: PTI
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AUTORClemens Wieltsch
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